Tschechische Industrie gegen Kürzung von CO2-Emissionsrechten durch Brüssel

Am Montag kam die Nachricht aus Brüssel: Die tschechische Industrie darf in den Jahren 2008 bis 2012 nicht so viel Kohlendioxid in die Luft pusten, wie sie gerne würde. Um 15 Prozent hat die Europäische Kommission die Emissionsrechte für Tschechien gekürzt. Industrieminister Martin Riman will nun sogar der Regierung vorschlagen, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen und die Kommission zu verklagen. Umweltminister Martin Bursik sowie Umweltschützer halten die Entscheidung der Kommission hingegen für richtig.

Industrieminister Martin Riman
Die Positionen von Wirtschaft und Umwelt knallen wieder einmal hart aufeinander. Es geht darum, ob Tschechien jährlich 102 Millionen Tonnen des Klima-schädigenden Gases Kohlendioxid emittieren darf, wie Prag für den Zeitraum bis 2012 beantragt hat, oder nur 86,8 Millionen Tonnen, wie Brüssel nun genehmigt hat. Industrieminister Martin Riman hält die Beschränkungen durch die Kommission für ökonomisch falsch.

"Angesichts dessen, dass es sich um das Limit für die nächsten fünf Jahre handelt und die Industrie in den letzten Jahren um sieben bis neun Prozent jährlich zugelegt hat, kann das wirklich ein beschränkender Faktor für das Wirtschaftswachstum in Tschechien sein."

Umweltminister Martin Bursik sagt hingegen, dass sich die Entscheidung der Kommission an der realen Höhe der CO2-Emissionen orientiert. Und die lagen im Jahr 2005 bei nur rund 82 Millionen Tonnen. Brüssel gewähre also immer noch fünf Prozent mehr Emissionsrechte als benötigt. Bursik argumentiert zudem, dass ja die Emissionsrechte zugeteilt werden, um mit ihnen zu handeln. Das heißt, dass Firmen, die mehr Kohlendioxid durch ihre Schlote jagen als ihnen erlaubt wurde, die Rechte dazu hinzukaufen. Und jene Firmen, die weniger emittieren, weil sie beispielsweise in Umwelttechnik investiert haben, die Rechte verkaufen. Zudem wollte die Europäische Kommission nicht den Fehler aus dem Zeitraum von 2005 bis 2007 wiederholen, als sie sehr großzügig bei der Vergabe der Emissionsrechte war, erläutert Karolina Sulova, die Sprecherin des Umweltministeriums:

"Es hart sich gezeigt, dass es zu viele Emissionsrechte im zurückliegenden Bewilligungszeitraum gab, die Preise für sie fielen, und eine ganze Reihe Firmen sah dann keinen Anreiz dazu, wirklich die Emissionen zu senken."

Deswegen will die Kommission, so Sulova, nun die Zahl an Emissionsrechten gering halten:

"Die geringere Zahl der Rechte bedeutet, dass ihr Preis steigt und es für die Firmen wieder attraktiv wird, in moderne Technik zu investieren, die den Energieverbrauch senken und damit auch die Emissionen reduzieren", sagt die Sprecherin des Umweltministeriums.

Und das ist wiederum im Sinne der Umweltziele, die sich die EU-Staaten beim Gipfel im März gesetzt haben. Sie wollen in den kommenden 13 Jahren ihre Treibhausgasemissionen um 20 bis 30 Prozent senken. Laut Martin Riman sind hier aber viel eher die alten EU-Länder gefordert und nicht die neuen wie Tschechien. Letztere würden das Kyoto-Protokoll erfüllen, erstere noch nicht. Umweltpolitiker und Ökologen halten genau das Gegenteil für richtig. Sie verweisen darauf, dass kaum irgendwo in Europa so energieintensiv produziert wird wie in Tschechien. Die Zahlen geben dabei eher den Umweltschützern recht: Im Jahr 2002 brauchte Tschechien rund 70 Prozent mehr Energie je einer Kaufparität des Bruttoinlandsprodukts als die EU-25 im Schnitt.