EU, Nato oder beides? Europäer schmieden in Prag gemeinsame Verteidigungspolitik
Defense and Secority Conference Prague, kurz Descop – unter diesem Titel wird am Freitag in Prag über Sicherheit und Verteidigung diskutiert. Eingeladen haben zu der internationalen Konferenz die EU-Kommission und die tschechische Regierung.
„Rund um Europa hat sich die Lage verschlechtert. Libyen ist auseinandergefallen, der Krieg in Syrien dauert an, und der Flüchtlingsstrom besteht weiter. Direkt in Europa kommt es zu Terroranschlägen und Cyber-Angriffen. Europa muss darauf reagieren. Ich bin froh, dass die Menschen in Tschechien und weiteren europäischen Staaten den Weg verstärkter Kooperation bei der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik unterstützen.“
Die EU habe lange den Frieden gewahrt, sie müsse ihn aber auch verteidigen können, so Sobotka weiter. Der tschechische Premier fordert deshalb, dass die Europäer mehr auf ihre eigenen Beine stehen. So sollen die europäischen Staaten bei der Abwehr von Bedrohungen flexibler und schneller werden. Gerade der Brexit könnte da sogar ein Vorteil sein, denkt der tschechische Regierungschef:
„In einer ganzen Reihe Fragen lässt sich dazu in Europa eine gemeinsame Sprache finden. Falls nicht alle übereinstimmen sollten, machen die EU-Verträge auch Übereinkünfte einzelner Staaten im Bereich Verteidigung und Sicherheit möglich. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass gerade Großbritannien lange Jahre diesen Gedanken nicht unterstützt hat. Der Brexit könnte also dazu führen, dass die restlichen Staaten nun leichter eine gemeinsame Sprache finden.“Konkret soll es vermehrt gemeinsame Rüstungskäufe, Übungen, aber auch Einsätze geben. Mit der Nato soll diese vertiefte Zusammenarbeit aber nicht konkurrieren:
„Die Nato sollte auch weiterhin die territoriale Verteidigung ihrer Mitgliedsstaaten sichern, und das auch in Europa. Die Verteidigung ist ja auch das Grundprinzip, auf dem die kollektive Sicherheit innerhalb der Nato aufbaut. Ich bin überzeugt, dass sich die militärische Zusammenarbeit der europäischen Staaten vor allem auf Auslandseinsätze konzentrieren sollte. Und das vor allem, um Staaten zu stabilisieren, die zum unmittelbaren Umfeld der EU gehören.“
Das gefällt auch der stellvertretenden Nato-Generalsekretärin Rose Gottemoeller. Die US-Amerikanerin befürchtet durch verstärkte Zusammenarbeit der europäischen Staaten untereinander keinen Riss zwischen EU und Nato. Vielmehr werde man sich sicher gut ergänzen, denn man sei ja eine Familie, so Gottemoeller.Genauso scheint EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker froh, dass die Staaten der EU langsam zusammenrücken in einigen Bereichen. Wenn auch ab und an etwas zaghaft. Juncker weist zudem auf die Vorarbeit der Kommission hin, was eine gemeinsame Verteidigungspolitik betrifft:
„Die Kommission hat erst kürzlich ihre Verteidigungs-Agenda veröffentlicht. Dort geht es auch um einen gemeinsamen Verteidigungsfonds. Dieser soll allgemein die Ausgaben in der Rüstung bündeln und effektiver machen. Denn gerade da besteht ein Defizit, das uns sehr quält. Ich bin froh, dass Tschechien aktiv Teil dieser Politik werden will.“
Im Vorfeld der Konferenz sparte Juncker jedoch nicht mit Kritik an Tschechien, vor allem da eines der Hauptthemen die Migrationskrise war. Die EU habe Tschechien viel geholfen, weshalb Prag in der Flüchtlingskrise mehr Solidarität zeigen sollte, so Juncker. Er finde es traurig, dass Tschechien bisher nur zwölf Asylbewerber im Rahmen der EU-Flüchtlingsquoten aufgenommen habe.