Experten: Tschechien befindet sich im Informationskrieg mit Russland

Die Tschechische Republik befindet sich in einem Informationskrieg gegen Russland. Dies erklärten Vertreter der Sicherheitskräfte und Nachrichtendienste auf einer Expertenkonferenz im Parlament am Dienstag. Sie fordern ein Gesetz gegen Desinformationen.

Michal Koudelka | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Die Tschechische Republik sei ständigen Informationsangriffen aus Russland ausgesetzt. So lautete die übereinstimmende Einschätzung der Vertreter der staatlichen Sicherheitskräfte bei einem Expertengespräch im Abgeordnetenhaus am Montag. Neben der Informationsbeschaffung durch Diplomaten nutze Russland demzufolge in großem Umfang auch Desinformations-Portale im Internet. Nach Ansicht von Michael Koudelka, Direktor des zivilen Nachrichtendienstes BIS, befindet sich Tschechien in einem Informationskrieg mit Russland:

„Die russischen Spitzen sagen, sie führten einen Krieg gegen die Nato. Das bedeutet also gegen uns. Russland hat die Nato als einen Feind bezeichnet. Und Russland will seinen Feind, das heißt die Nato und die westliche Gemeinschaft, zerstören. Dazu wird es alle zugänglichen Mittel und Möglichkeiten nutzen. Eine der wirksamsten Methoden sind Desinformationen.“

Jan Beroun | Foto: ČT24

Die tschechischen Nachrichtendienste warnen seit vielen Jahren vor der wachsenden Bedrohung durch Russland, das sensible Informationen über den Energiesektor oder das tschechische Militär gesammelt habe und dies weiter tue. Laut dem Leiter des militärischen Nachrichtendienstes, Jan Beroun, öffnete die Tschechische Republik in den 1990er Jahren den Russen ihre Türen, indem sie beispielsweise Lieferungen von russischen Hubschraubern ermöglicht habe. Dies habe dazu beigetragen, eine unglaubliche, völlig undurchsichtige Infrastruktur zu bilden, so Beroun.

Nach dem Angriff auf die Krim im Jahr 2014 habe Russland begonnen, eine Desinformationsszene in Tschechien aufzubauen, sagt Otakar Foltýn. Der Chef der tschechischen Militärpolizei erläuterte, dass Falschinformationen den Menschen Angst machten und die gesellschaftlichen Werte zersetzt würden, indem Russland alles Gute angreife:

Otakar Foltýn | Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

„Die angestrebte Untergrabung der Gesellschaft hat eine widerkehrende Linie: Man sucht sich ein beliebiges positives und vereinigendes Element in der Gesellschaft aus und greift dieses an.“

Für die Verteidigung eines Landes in offenen Konflikten, wie derzeit in dem Ukraine-Krieg, sei nicht nur eine kampffähige Armee von Bedeutung, mahnt zudem der Generalstabschef der tschechischen Armee, Karel Řehka. Dazu sei auch die Entschlossenheit der Bürger nötig, das Land zu verteidigen. Und das könne nur eine geeinte Gemeinschaft leisten, so Řehka:

Karel Řehka | Foto: Tschechische Armee

„Es klingt wie ein Klischee, ist aber eine Grundvoraussetzung: Man kann darüber nicht sprechen, wenn die Menschen daran nicht glauben und darauf nicht stolz sind. Die Menschen müssen für Werte stehen, die sie zu verteidigen bereit sind.“

Die tschechischen Nachrichtendienste setzen sich derzeit für die Verabschiedung eines Gesetzes zur Kontrolle der Desinformationsszene ein. Laut Jan Beroun geht es es dabei nicht um die Einschränkung der Pressefreiheit, sondern um die Verteidigung des Landes:

„Wir sind alle für die Meinungsfreiheit. Andererseits darf nicht jeder alles äußern, was das Land schwächt und Vorposten für den Feind schafft.“

An dem Gesetz, das die Aktivitäten von Desinformations-Portalen einschränken soll, wird derzeit im Innenministerium gearbeitet.

Foto: Gerd Altmann,  Pixabay/Radio Prague Int.,  CC0 1.0 DEED
Autoren: Markéta Kachlíková , Iveta Vávrová
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