Fairtrade-Kaffee im Rathaus: Tschechische Städte wollen gerechten Handel fördern

Photo: archive of Radio Prague

Vor zehn Jahren wurde in Großbritannien eine Kampagne ins Leben gerufen, bei der Gemeinden und Städte den Fairtrade-Handel unterstützen. Sie heißt Fair Trade Towns, wird mittlerweile von der Europäischen Union unterstützt und stößt weltweit auf Widerhall. In Österreich habe sich beispielsweise 43 Kommunen angeschlossen und in Deutschland 33, darunter auch Großstädte wie Dortmund und Hannover. In diesem Jahr wird die Kampagne erstmals nach Tschechien getragen. Zwei Nichtregierungsorganisationen und eine kirchliche Organisation stehen dahinter, aber auch offizielle Stellen auf Regierungsebene helfen.

Foto: Assoziation für Fairtrade
Der tschechische Markt für Fairtrade-Produkte ist jung. Der erste Kaffee aus fairem Handel mit der Dritten Welt tauchte 1994 in tschechischen Geschäften auf. Aber in den vergangenen Jahren hat sich die Entwicklung beschleunigt. Mittlerweile lassen sich nicht mehr nur Lebensmittel, sondern zum Beispiel auch Fußbälle kaufen, die nicht unter Ausbeutung von Kindern entstanden sind. 2009 wurde der tschechische Verband für Fair Trade gegründet. Vorsitzender ist Jiří Hejkrlík:

„Seit dem Jahr 1994 sind große Fortschritte zu verzeichnen. Jedes Jahr wächst der Markt um mehrere Dutzend Prozent. Im Jahr 2009 lag der Umsatz mit Fairtrade-Produkten bei 50 Millionen Kronen. Ich glaube, man kann sagen, dass Fairtrade-Produkte in den meisten Handelsketten mittlerweile zu haben sind. Zudem haben vor allem in Prag, Brünn und Olmütz Spezialläden aufgemacht, in Prag sind es meines Wissens nach vier.“

Jiří Hejkrlík
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung lanciert der Verband für Fair Trade auch die Kampagne Fair Trade Towns. Bisher ist noch keine tschechische Stadt in diese weltweite Kampagne eingebunden. Doch fünf Städte vom mährischen Brno / Brünn bis zum nordböhmischen Litoměřice / Leitmeritz haben Interesse daran. Allerdings müssen sie insgesamt fünf Kriterien erfüllen.

„Das wichtigste und schwierigste Kriterium ist, den Ansprüchen an den Umfang des Verkaufs von Fairtrade-Produkten gerecht zu werden. Wenn dies erfüllt ist, muss sich die Stadt zudem öffentlich sich zur Unterstützung des Fairtrade-Handels bekennen oder beispielsweise im Rathaus auf Fairtrade-Kaffee umstellen“, so Jiří Hejkrlík.

Des Weiteren muss eine Gruppe zur Koordination gegründet werden, die Medien müssen mitspielen und es müssen Nichtregierungsorganisationen beteiligt sein.

Litoměřice - Innenstadt  (Foto: H2k4,  CC BY-SA 3.0 Unported)
Erste tschechische Stadt könnte Litoměřice werden. Die Stadt mit rund 25.000 Einwohnern, am Zusammenfluss von Elbe und Eger gelegen, hat nicht nur einen historischen Kern, sondern gilt auch als das Zentrum des so genannten böhmischen Obstgartens. Und es ist eine offene Stadt, wenn man den Worten von Stadtrat Petr Hermann vertrauen darf. Im vergangenen Jahr hat Litoměřice sich informiert, wie die Stadt den Fairtrade-Handel unterstützen könnte. Ein erster Anfang ist gemacht, sagt Petr Hermann:

Petr Hermann
„Wir machen dafür bereits auf unseren Webseiten Werbung. Wir haben den Anbietern von Fairtrade-Produkten den Verkauf bei einigen öffentlichen Veranstaltungen ermöglicht. Zudem ist in unserer Stadt eine große Zahl von Nichtregierungsorganisationen tätig, und das auch im Bereich Fairtrade. In den kommenden zwei Jahren wollen wir an einem vorbereitenden internationalen Projekt teilhaben, um in dieser Zeit den Status Fair Trade Town zu erlangen.“



Während der Präsentation der Kampagne Fair Trade Town am Montag in Prag hat Petr Hermann zudem Kontakt geknüpft mit Hannover, das sich seit Mai vergangenen Jahres bereits mit dem Titel schmückt. Silvia Hesse ist Leiterin des Agenda-21-Büros von Hannover und gehörte zu den Initiatoren der Fair-Trade-Town-Kampagne in der niedersächsischen Landeshauptstadt:

„Auch bei uns in Deutschland oder bei uns in Hannover ist es nicht ganz einfach. Darum haben wir gesagt, dass wir noch voneinander lernen könnten. Die Idee bezog sich auf Städte aus dem europäischen Osten, denn ich denke, die haben es noch schwerer, Menschen für den fairen Handel zu gewinnen.“