Festival „Smetanas Litomyšl“: internationale Musikstars und 100 Jahre Tschechischer Rundfunk
„Smetanas Litomyšl“ ist das zweitälteste Musikfestival in Tschechien. Die Festspiele werden am 15. Juni im Geburtsort des Komponisten Bedřich Smetana eröffnet. Das Programm des Festivals wurde vor einigen Tagen veröffentlicht.
Bei der 65. Auflage von „Smetanas Litomyšl“ stehen 35 Hauptveranstaltungen auf dem Programm. Diese werden durch Begleitaktivitäten ergänzt, die sich in den Festivalgärten abspielen. Bei der Veranstaltung erklingt vor allem klassische Musik: Opern, Symphonien und Kammermusik. Aber auch Musik weiterer Genres wird dargeboten. Zudem kommen die Liebhaber bildender Kunst auf ihre Kosten kommen. Denn das Programm in der Unesco-Stadt umfasst auch zahlreiche Ausstellungen. In Litomyšl / Leitomischl, das rund 10.000 Bewohner hat, kommt je eine Galerie auf 600 Einwohner.
Das Thema des Festivals laute diesmal „Belle Époque“, merkt Vojtěch Stříteský an. Er ist Dramaturg von „Smetanas Litomyšl“.
„Die ,Belle Époque‘ ist historisch ungefähr die Epoche zwischen 1875 und 1914. Es handelte sich um eine Blütezeit der Kultur und der Wissenschaften. Als die Epoche der Romantik zu Ende ging, begannen sich unterschiedliche Kunstströmungen durchzusetzen. Wir haben uns bemüht, unser Festivalprogramm aus der Musik der ,Belle Époque‘ zusammenzustellen. An mindestens 20 Konzertabenden erklingen Werke aus dieser Zeit.“
Im Fokus des Festivals stand in der Vergangenheit immer Opernmusik. Die Vorstellungen und Gala-Konzerte fanden in der Regel im Hof des Renaissanceschlosses in Litomyšl statt. Das musste kurzfristig geändert werden, bekennt Dramaturg Stříteský:
„Wir wollten insgesamt 16 Musikveranstaltungen auf der Hauptbühne im zweiten Schlosshof aufführen. Es handelte sich um 14 Konzerte und zwei Opernvorstellungen. Da soeben darüber entschieden wurde, das Schloss zu restaurieren, werden die großen Konzerte und Vorstellungen in einer Festivalhalle stattfinden. Gespielt wird dabei die vielleicht bekannteste tschechische Oper überhaupt: ‚Die verkaufte Braut‘ von Bedřich Smetana. Die Inszenierung des Mährisch-Schlesischen Nationaltheaters in Ostrau hatte vor kurzem Premiere. Zudem führen wir Giuseppe Verdis Oper ,Otello‘ auf. Einstudiert wurde sie vom Opernensemble des Nationaltheaters in Brünn. Die Regie hat Martin Glaser.“
Opernvorstellungen gibt es zudem im nahegelegenen Schloss Nové Hrady / Neuschloss. Dort stehen die Oper „La serva padrona“ von Giovanni Pergolesi und das Singspiel „Opera bohemica de camino“ von Karel Jan Loos auf dem Programm. Die beiden Werke werden vom Ensemble Musica Florea aufgeführt.
Maria Agresta, Pavel Černoch und Kirill Gerstein
Die Veranstalter laden jedes Jahr mehrere international anerkannte Musiker und Sänger nach Litomyšl ein. Es freue ihn sehr, dass auch Künstler zum Festival kommen, die nie zuvor in Tschechien aufgetreten seien, merkt der Dramaturg an.
„Ich meine beispielsweise die italienische Sopranistin Maria Agresta. Sie wird bei einem Konzert gemeinsam mit dem renommierten tschechischen Tenor Pavel Černoch auftreten. Der aus Neapel stammende Tenor Raffaele Abete singt zudem beim Abschlusskonzert mit dem Titel ,Ciao, Italia!‘. Roberta Mameli wird wiederum Arien von Händel und Vivaldi vortragen, begleitet wird sie vom Ensemble Collegium Marianum. Es gibt aber noch eine ganze Reihe weiterer namhafter Musiker, die nach Litomyšl kommen.“
Zu ihnen gehören unter anderem der US-amerikanische Pianist Kirill Gerstein und die russische Klaviervirtuosin Elisabeth Leonskaja.
In diesem Jahr feiert der öffentlich-rechtliche Tschechische Rundfunk seinen 100. Geburtstag. Aus diesem Anlass gibt das Prager Rundfunkorchester in Litomyšl zwei Konzerte.
„Beim ersten, dem großen Jubiläumskonzert, wird Arnold Schönbergs Kantate ,Gurrelieder‘ erklingen. Dabei spielt das Norwegische Rundfunkorchester, geleitet von Petr Popelka, zusammen mit den Rundfunksymphonikern. Aber nicht nur zwei Orchester, sondern auch zwei Chöre beteiligen sich an dem Jubiläumskonzert. Die Prager Rundfunksymphoniker werden zudem in einem Konzert den französisch-russischen Geiger Fedor Rudin begleiten. An dem Abend spielen sie des Weiteren Antonín Dvořáks Symphonie Nr. 8.“
Einer der meist gefragten Baritone der Welt, Adam Plachetka, ist zudem seit einigen Jahren Residenzkünstler von „Smetanas Litomyšl“. Der Festivaldramaturg:
„Plachetka tritt in diesem Jahr dreimal beim Festival auf. Zuerst singt er im Rahmen von zwei Wunschkonzerten, die wir seit 25 Jahren veranstalten. Dabei hat er zusammen mit Ondřej Havelka und seinen Melody Makers, die sich auf Swing spezialisieren, ein spezielles Programm zusammengestellt. Dieses reflektiert die Geschichte des Theaters ,Osvobozené divadlo‘ (Befreites Theater, Anm. d. Red.), das vor 100 Jahren entstanden ist. Und dann singt Adam Plachetka noch beim ,Konzert voller Überraschungen‘, mit dem ich 40 Jahre meiner Arbeit bei ,Smetanas Litomyšl‘ feiern werde.“
Konzerthalle anstatt Schlosshof
In diesem Jahr können die Vorstellungen und Konzerte – wie gehört - nicht wie früher immer im Renaissanceschloss stattfinden. Denn in der Residenz haben die Restaurierungsarbeiten begonnen. Festivaldirektor Jan Pikna dazu:
„Zum Glück ist Litomyšl nicht nur eine Stadt, die voll von historischen Baudenkmälern ist, sondern es gibt dort auch viele herrliche Beispiele der Gegenwartsarchitektur. Dazu gehört auch eine moderne Sporthalle, die von den Architekten Aleš Burian und Gustav Křivinka entworfen wurde. Im Winter wird sie für verschiedene Eissportdisziplinen genutzt. Als Multifunktionshalle dient sie aber auch als Konzertsaal. Das werden wir nun zum ersten Mal nutzen. Ein großer Vorteil besteht in der sehr guten Akustik. Zudem ist die Halle so groß, dass wir dort eine Bühne und eine solche Zuschauertribüne aufbauen können, wie sie die Festivalbesucher vom Schlosshof kennen.“
In der Vergangenheit haben auch viele ausländische Musikliebhaber das Festival besucht. Diese Tradition sei durch die Corona-Zeit unterbrochen worden, gesteht Pikna. Im vergangenen Jahr kamen immerhin schon einzelne Besucher aus dem Ausland wieder nach Litomyšl. Es habe jedoch fast keine Reisegruppen gegeben, so der Direktor.
„Im vergangenen Jahr wurde eine Reise von der Organisation ,Opera Europe‘ nach Litomyšl organisiert. Unter den Besuchern waren Intendanten von renommierten Opernhäusern. Dies kann dazu beitragen, dass das Festival bekannter wird und sich für mehr Besucher aus dem Ausland öffnet.“
Das Festival ,Smetanas Litomyšl‘ findet vom 15. Juni bis 2. Juli statt. Mehr erfahren Sie unter https://smetanovalitomysl.cz/en.
