Festnahme des Politikers Pilip: Beleg für Konfrontation Tschechien - Kuba

Die Kubanischen Behörden halten seit vergangenen Freitag den Abgeordneten der liberalen Freiheitsunion (US) im tschechischen Parlament Ivan Pilip und dessen Freund Jan Bubenik in Havanna fest. Als offizieller Grund für die Festnahme wurde von kubanischer Seite "die Verletzung der Aufenthaltsbedingungen" angegeben. Unbestätigten Angaben zufolge soll Pilip versucht haben, Kontakt mit der kubanischen Opposition aufzunehmen. Doch offensichtlich hat diese Maßnahme tiefergreifende Hintergründe. Lothar Martin hat sie unter die Lupe genommen.

Die mit der "Verletzung der Aufenthaltsbedingungen" begründete Festsetzung des früheren tschechischen Finanzministers Ivan Pilip und dessen Freundes Jan Bubenik auf Kuba ist bei weitem nicht der einzige Zwischenfall, bei denen tschechische Bürger mit den kubanischen Behörden aneinander geraten sind. Im Januar 1990 wurden der Berichterstatter des Tschechoslowakischen Rundfunks Michal Cermak und der Kameramann des Tschechoslowakischen Fernsehens Ludek Jedlicka von der sogenannten "Freiheitsinsel" ausgewiesen. Im Mai 1992 traf es den Berichterstatter der tschechoslowakischen Nachrichtenagentur CSTK in Havanna Ondrej Kasin und im November 1996 mussten vier tschechische Touristen wegen "Verletzung der Vorschriften zum Umweltschutz" den Inselstaat verlassen. Wurde den Touristen laut "offizieller Version" das verbotene Sammeln von Pflanzen und Fangen von Lebewesen zur Last gelegt, so war die - laut kubanischer Sprachregelung - "völlig verzerrte und nahezu provokative Berichterstattung über die Verhältnisse auf Kuba" als Begründung für die Abschiebung der Medienvertreter angegeben worden. Die Hintergründe für diese Darlegung angeblicher Verfehlungen tschechischer Bürger auf Kuba sind jedoch tieferer Natur.

Für die Beziehungen zwischen der Tschechischen Republik und Kuba, den einstig untrennbar miteinander verbundenen Bruderländern, ist nach dem Zerfall des kommunistischen Staatenbundes in Europa eher die Konfrontation denn die Zusammenarbeit charakteristisch. Hauptstreitpunkt ist dabei insbesondere die Frage der Einhaltung der Menschenrechte auf der Karibikinsel.

Eine scharfe Reaktion des Regimes von Präsident Fidel Castro wurde der Tschechischen Republik im April des Vorjahres zuteil, nachdem die UN-Kommission für Menschenrechte den tschechisch-polnischen Vorschlag zu einer die Verletzung der Menschenrechte auf Kuba verurteilenden Resolution verabschiedet hatte. In der kubanischen Hauptstadt demonstrierten darufhin Zehntausende Kubaner vor der tschechischen Botschaft gegen die Haltung Prags. Die ehemalige Tschechoslowakei hatte eine ähnliche Resolution gemeinsam mit Bulgarien, Ungarn und Polen bereits im März 1990 unterstützt. Fidel Castro hatte die Haltung dieser Staaten seinerzeit als "widerlich und schändlich" bezeichnet.

Aus all diesen Gründen sollten sich tschechische Bürger, insbesondere wenn es sich um Personen des öffentlichen Lebens handelt, einen möglichen Aufenthalt auf der Zuckerrohrinsel mehr als einmal überlegen. Denn sie müssen jederzeit - wie der jüngste Zwischenfall bestätigt - mit dem willkürlichen Einschreiten der kubanischen Behörden rechnen. Das tschechische Außenministerium hat im Falle von Ex-Finanzminister Ivan Pilip und seines Begleiters Jan Bubenik am Montag eine diplomatische Protestnote sowie einen Fragenkatalog über Grund und Hergang der Festnahme an die kubanische Botschaft in Prag übergeben. Eine Reaktion von kubanischer Seite auf diese Note stand bis zum Dienstag Mittag noch aus.