Firmen aus Tschechien werben um deutsche Uni-Absolventen
Die Industrie klagt in Tschechien immer stärker, dass ihr die Fachkräfte fehlen. Der Markt ist leergeräumt, zugleich sind Tausende Stellen in den Firmen nicht besetzt. Der Verband für Business Services (ABSL), CzechInvest und die tschechische Botschaft in Berlin haben nun ein gemeinsames Projekt gestartet. Sie wollen deutsche Fachkräfte ins Nachbarland locken.
„Wir haben hier zum Beispiel den Brauereikonzern Anheuser Busch Inbev oder Siemens, SAP und Infosys, aber auch das tschechische Unternehmen Kiwi.com aus Brünn. Für alle Firmen gilt, dass sie im Jahr um 15 bis 20 Prozent wachsen. Jedes Jahr schaffen sie zehntausend neue Arbeitsplätze, für die Leute gebraucht werden. Viele finden diese Unternehmen auf dem tschechischen Markt oder an den tschechischen Universitäten. Aber das reicht nicht.“
Und Martin Bartl von der staatlichen Investitionsagentur CzechInvest bestätigt:
„Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt in Tschechien ist groß. Unser Ziel ist, dass die Firmen sich nicht gegenseitig die Kandidaten oder Universitätsabsolventen hierzulande abwerben, sondern die neuen Arbeitsplätze aus dem Ausland besetzt werden.“Die Grundvoraussetzung für die angebotenen Jobs sind englische Sprachkenntnisse. Warum wollen die Unternehmen aber auch Neuzugänge, die Deutsch sprechen? Joe Appleton:
„Weil sie direkte Dienste für Kunden dort leisten. Sie müssen Anfragen machen, Probleme vor Ort lösen, Dokumentationen lesen. Wir suchen nach Englisch plus eine weitere europäische Sprache. Und Deutsch ist am meisten gefragt, deswegen haben wir in Berlin begonnen.“
Zur Veranstaltung in der Bundeshauptstadt haben sich zahlreiche Tschechen gemeldet, die über eine Rückkehr in ihre Heimat nachdenken. Aber auch deutsche Uni-Abgänger. Bei der Höhe der Löhne kann Tschechien natürlich nicht unbedingt konkurrieren. Obwohl gerade gute Sprachkenntnisse im Durchschnitt 15 Prozent mehr Einkommen sichern. Die Firmen hierzulande bieten jedoch schnellere Aufstiegsmöglichkeiten für Berufseinsteiger, als das auf dem deutschen Markt normalerweise der Fall ist. Dazu kommt ein weiterer Vorzug, mit dem Joe Appleton wirbt.
„Von vielen Umfragen her wissen wir, dass Expats in Prag oder Brünn den hohen Lebensstandard loben. Wir bieten also nicht nur großartige Jobs, sondern auch tolle Städte zum Leben.“Wie attraktiv dies sei, ließe sich an seinem eigenen Beispiel zeigen, sagt Appleton. Er sei nach der Wende in die damalige Tschechoslowakei gekommen und eben immer noch hier.
„Czech Your Talent“ wird weiterziehen. Das Treffen in Berlin war nur der Auftakt zu einer Art Europa-Tournee. Als Nächstes liegt die englische Industriemetropole Manchester im Blick.