Flüchtlingsquoten: Schlechte Aussichten für Prag

Foto: skeeze, Pixabay / CC0

Der EU-Gerichtshof prüft die ablehnende Haltung Tschechiens, Polens und Ungarns gegen die damaligen Flüchtlingsquoten. Nun hat die Generalanwältin der EU einen negativen Standpunkt für die drei Staaten veröffentlicht. In Prag will man aber weiterhin abwarten.

Foto: skeeze,  Pixabay / CC0
Tschechien sollte im Rahmen der EU-Flüchtlingsquoten aus dem Jahr 2016 insgesamt 1591 Schutzsuchende aus Auffanglagern in Italien und Griechenland aufnehmen. Gekommen waren zwölf, jedoch nicht auf Grundlage der Quoten, wie man in Prag stets betonte. Dem vereinbarten Umverteilungsschlüssel widersetzte sich Tschechien nämlich, genauso wie die Visegrád-Partner in Polen und Ungarn. Wegen dieser Haltung müssen sich die drei Staaten seit Januar vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verantworten, denn die EU-Kommission hatte damals geklagt. Am Donnerstag hat schließlich die EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston ihre Sicht auf die Dinge veröffentlicht. „Die Tschechische Republik ist ihren Verpflichtungen laut Artikel fünf nicht nachgekommen“, so die britische Juristin mit Bezug auf den Vertrag von Lissabon.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Michaela Říhová)
Damit geht es also grundsätzlich um die Frage, wie sich die einzelnen Mitgliedsstaaten zu Mehrheitsentscheidungen stellen dürfen. Denn gerade auf so einer Abstimmung beruhten die Quoten im Zuge der Flüchtlingskrise, wonach insgesamt 120.000 Asylbewerber innerhalb der EU umverteilt werden sollten.

In Tschechien reagierte man erwartungsgemäß verschnupft auf den Standpunkt der Generalanwältin. Denn Prag will seine Haltung zu den Quoten auch weiterhin nicht ändern. Premier Andrej Babiš erklärte gegenüber dem Tschechischen Fernsehen:

„Das ist nicht der Standpunkt des Gerichtshofs, sondern der irgendeiner Anwältin. Ich sehe das so, dass die Europäische Kommission vollkommen unfähig war, die Migrationsfrage zu lösen.“

Eleanor Sharpston  (2. von links). Foto: Centre for European Reform
Der Ano-Politiker beharrt darauf, dass niemand Tschechien vorschreiben könne, wer hier leben und arbeiten dürfe. In einer Stellungnahme zur Diskussion schrieb der Regierungschef aus Prag schließlich:

„Einer solchen Auslegung der Verträge werde ich nie zustimmen. Die Asylpolitik ist Sache jedes einzelnen Mitgliedsstaates. Die Verteilung von Flüchtlingen, die illegal in die EU eingereist sind, fällt nicht unter unsere Verpflichtungen.“

Noch ist nicht klar, wie sich der Gerichtshof letztlich entscheiden wird in der Frage. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass sich die Richter in ihrem Urteil dennoch stark an der Meinung der Generalanwältin orientieren dürften. Das Außenministerium in Prag ist dennoch davon überzeugt, dass man nichts so heiß isst, wie man es kocht. Martin Smolek ist Staatssekretär im Ressort und vertritt Tschechien in dem Verfahren:

Martin Smolek  (Foto: Archiv des tschechischen Außenministeriums)
„Wie man es dreht und wendet, die Zahlen sind insgesamt verwirrend. Generell heißt es, dass der Gerichtshof in 60 Prozent der Fälle dem Standpunkt der jeweiligen Anwälte folgt.“

Die Europäische Kommission gibt zu, dass ein Urteil des Gerichtshofs keine große Wirkung haben dürfte, da die Flüchtlingsquoten seit 2017 so oder so Geschichte seien. Dabei sei nicht entscheidend, wie das Urteil letztlich ausfällt. Beispielsweise Polen beruft sich darauf, dass sowieso kaum ein Staat der EU die Quoten erfüllt hat. Deshalb sei es insgesamt fraglich, warum gerade gegen Tschechien, Polen und Ungarn eine Klage im Raum stehen würde, ließ die Regierung in Warschau über einen Sprecher mitteilen.