Fotograf des Isergebirges: Siegfried Weiss

Siegfried Weiss (Foto: Martina Schneibergová)

Er ist ein Multitalent: Siegfried Weiss ist Fotograf, Musiker, Dichter und vor allem ein großer Kenner des Isergebirges. Er ist Jahrgang 1933 und stammt aus Jablonec nad Nisou / Gablonz, wo er auch heute noch lebt. Seine Fotografien aus dem Isergebirge sind inzwischen in einigen Bildbänden erschienen.

Siegfried Weiss  (Foto: Martina Schneibergová)
Herr Weiss, wann haben Sie mit dem Fotografieren begonnen?

„Das Fotografieren kommt ein kleines bisschen von meinem Vater. Ich habe es zwar nicht direkt von ihm geerbt, aber durch ihn habe ich mich verschiedenen Kunstrichtungen zugewandt. Ich habe es ihm zu verdanken, dass ich auf der Fachschule eine Ausbildung als Graveur absolviert habe. Diesen Beruf habe ich mein ganzes Leben lang ausgeübt.“

Sie haben eben einen Vortrag über die vier Jahreszeiten im Isergebirge gehalten und sehr schöne Bilder gezeigt. Wie entstehen diese Bilder? Gibt es bestimmte Orte, zu denen Sie gehen, oder lassen Sie den Zufall über den richtigen Augenblick entscheiden?

„Ich mag verschiedene Orte. Zum Beispiel steige ich gerne auf die höchsten Berge im Isergebirge, auf den Siechhübel / Jizera oder die Tafelfichte / Smrk. Eines der schönsten Gebiete ist zudem das Naturschutzgebiet ‚ Große Iserwiese‘ / ‚Velká jizerská louka‘.“

Was ist das Besondere am Isergebirge verglichen mit anderen Gebirgen hierzulande?

„Das ganze Gebirge ist durch seine geologische Struktur, durch den Granit, geprägt. Durch die Erosion an den Nordhängen entstanden damals neue, freistehende Felsformationen aus der verwitterten Oberfläche.“

Das trägt also auch zu dem fast märchenhaften Eindruck des Isergebirges bei…

„Darüber hinaus gibt es eine große Sammlung von Volkssagen aus dem Friedländischen von Hermann Blumrich, in denen über das Isergebirge berichtet wird. Früher, als es noch kein Fernsehen gab, erzählten sich die Menschen eben Sagen.“

Isergebirge  (Foto: Barbora Kmentová)
Gibt es eine spezielle Mundart?

„Ja, das ‚Bauern‘ ist die Isergebirgische Mundart. Meine Großmutter hat zum Beispiel noch richtig ‚gebauert‘. In der Bevölkerung wurde eher ein Kauderwelsch gesprochen - und auf der anderen Seite des Isergebirges, im Friedländischen, gab es dann wieder eine andere Mundart.“

Wie hat sich das Isergebirge seit Ihrer Jugend verändert?

„Grundlegend hat es sich durch die Kalamitäten verändert, die das Isergebirge in den 70er und 80er Jahren heimsuchten. Bis zu dieser Zeit gab es auf den Bergwipfeln herrliche Wälder. Die Bergwipfel wurden allerdings als erste von den Emissionswinden heimgesucht. Diese schwefel- und stickstoffhaltigen Winde schwächten den Wald, und in Folge dessen wurde er von Borkenkäfer oder Tannenwickler befallen und brach schließlich ganz zusammen. Doch dank des Bestrebens des hiesigen Naturschutzes und internationaler Unterstützung wird das Isergebirge wieder aufgeforstet. Dabei wird versucht, einen naturnahen Mischwald und keine Monokultur hochzuziehen. Ob das gelingt, wird die Zukunft beantworten.“

Kristiánov - das Museum der Glasindustrie im Isergebirge  (Foto: Petr Nový,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Der Zustand der Wälder wurde auch durch die Glasproduktion im Isergebirge beeinflusst…

„Ja. Die Wälder wurden hauptsächlich gezielt mit Monokulturen aufgeforstet, weil die Glashütten im Isergebirge einen großen Holzbedarf hatten.“

Gibt es diese Glashütten heute noch?

„In Kristiánov / Christiansau befindet sich eine Zweigstelle des Gablonzer Museums. Es ist ein kleines Museum, das in seinen Räumlichkeiten eine der Isergebirgs-Glashütten nachstellt. Die Hütte in Kristiánov brannte 1887 ab, und danach siedelten die Glashütten in die Täler um. Es gibt noch eine Mauer mit einer Gedenktafel als Überrest und in Klein Iser / Jizerka stehen noch Ruinen einer alten Glashütte.“

Isergebirge  (Foto: Archiv Radio Prag)
Was würden Sie einem Besucher empfehlen, der sich nicht so gut im Isergerbirge auskennt? Wo soll man mit dem Wandern beginnen?

„Das ist Geschmackssache, jeder hat seine eigenen Prioritäten. Normales Wandern zu Fuß, wie es früher gepflegt wurde, ist im Moment nicht mehr angesagt. Meistens wird Rad gefahren und im Winter Ski gelaufen. Wandern ist heutzutage schwierig, da es fast nur Asphaltstrecken gibt. Man könnte sagen, dass diese Bewegungsart fast ausgestorben ist, frei nach ‚Müllers Lust‘ kann man nicht mehr wandern gehen. Ich meide meistens die Wege im Gebirge. Viele Aussichtstürme kann man mit dem Auto erreichen und von dort aus eine Rundwanderung unternehmen.“

Wallfahrtskirche in Hejnice  (Foto: Kristýna Maková)
Das Isergebirge hat auch einige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Zum Beispiel die Wallfahrtskirche in Hejnice / Haindorf, wo Sie auch fotografiert haben…

„Das Isergebirge ist eigentlich an historischen Baudenkmälern sehr arm. Es gibt nur die Wallfahrtskirche in Haindorf und einige weitere Kirchen. Erwähnenswert ist das Friedländer Schloss, das durch Albrecht von Wallenstein berühmt wurde.“

Warum gibt es so viele Aussichtstürme im Isergebirge, war das damals in Mode?

Aussichtsturm Královka  (Foto: Huhulenik,  CC BY 3.0 Unported)
„In der Zeit der Jahrhundertwende war das Wandern groß im Kommen. Es gründeten sich Wander- und Bergsteigervereine, und es gab das große Bedürfnis, auf den Bergen Aussichtstürme zu bauen – oft verbunden mit einem Restaurant. Heute ist diese Begeisterung abgeklungen, es wird aber versucht, die Aussichtstürme wiederzubeleben und vielleicht eine Renaissance des Wanderns einzuleiten.“

Haben Sie einen Lieblingsort?

„Das ist eine Herzensangelegenheit, die ich eigentlich nicht an die große Glocke hängen möchte. Mein Freund Miroslav Nevrlý hat in Tschechisch ein wunderbares Buch geschrieben: ´Kniha o Jizerských horách ´ (Buch über das Isergebirge). Darin hat er die Marterl und andere kleine Sakraldenkmäler des Isergebirges aufgeführt. Das wiederrum löste einen Boom aus, und die Leute zogen in Schwärmen zu diesen Orten. Im Nachhinein sagte er dann, dass er das Buch besser nie hätte schreiben sollen. Auf der anderen Seite war aber eine Folge davon, dass ein Verein ins Leben gerufen wurde, der nun diese alten Sakraldenkmäler und Gedenkstätten erhält. Der Verein heißt Patriot.“

Isergebirge  (Foto: Štěpánka Budková)
Sie haben schon für einige Bildbände Fotos gemacht. Haben Sie einen Traum oder Wunsch, worüber Sie noch einen weiteren Bildband machen möchten?

„Eigentlich sollte dieses Jahr ein neuer Bildband herauskommen. Er ist sozusagen eine Erinnerung an die Landschaften, zu denen ich in Nordböhmen eine Beziehung hatte.“

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