Freiwillige renovieren jüdischen Friedhof bei Tisnov

Im folgenden Regionaljournal lädt Sie ihre Begleiterin durch die tschechischen Regionen, Dagmar Keberlova, nach Mähren ein, wo sich in der Nähe der kleinen Stadt Tisnov Menschen aus aller Welt getroffen haben, um dort gemeinsam freiwillig zu arbeiten. Woran, das erfahren Sie gleich.

Belebung und Friedhof - vielleicht scheinen diese zwei Wörter für Sie in einem gewissen Gegensatz zu stehen. Doch bereits seit einigen Jahren beweisen engagierte Leute aus der ganzen Welt, dass diese zwei Begriffe einander gar nicht ausschließen müssen. Mehrere Friedhöfe in Böhmen und Mähren wurden in den letzten Jahren durch Freiwilligenarbeit wieder in Stand gesetzt und haben dabei ihre verlorene Ehre und ihre Geschichte auch in der Gegenwart, die sie oft nicht würdevoll genug behandelt, wiedererlangt. Einer von diesen Friedhöfen, dem das Leben wieder eingeflößt wurde, ist der in Lomnice bei Tisnov. Die jüdische Gemeinde entstand in Lomnice am Anfang des 18. Jahrhunderts, erzählt uns einleitend unser Führer durch die Gemeinde, Frantisek Pozdena. Es gibt hier einen jüdischen Platz, eine Synagoge, eine Schule, ein rituelles Bad, dies alles zeigt er uns. Das jüdische Viertel sei ziemlich gut erhalten, fügt er hinzu. Schon gehen wir bergab und etwas entlegen finden wir den jüdischen Friedhof. Frantisek Pozdena erzählt uns nicht nur über den Beginn, sondern auch über das Ende der Existenz der jüdischen Gemeinde hier:

"Im Jahr 1944 wurde hier symbolisch der letzte Jude aus Auschwitz begraben. Nach dem Krieg kamen inoffiziell 6 Leute zurück, obwohl offiziell niemand gemeldet war. Sie hatten keine Häuser mehr, weil in die ihren bereits andere Menschen eingezogen waren. Einige lebten dann in den USA, und Herr Eitinger in Norwegen. Und einer lebt noch in Nordböhmen, in Trutnov."

Herr Eitinger war ein bekannter Wissenschaftler und ist im vergangenen Jahr in Oslo gestorben, fügt Herr Pozdena hinzu:

"Herr Eitinger war ein bekannter Physiker und war sogar Mitglied der norwegischen königlichen Akademie. Und dann gibt es einen gewissen Herrn Donnenbaum, der möglicherweise auch anders hieß und nach dem wir jetzt forschen. Wir wissen nur, dass er entweder Direktor oder Dirigent der Dresdner Oper, oder aber auch Schauspieler in einem Theater Berlin war. Das sind drei Varianten, die wir jetzt prüfen."

Ich fragte Herr Pozdena, wie es eigentlich kam, dass dieser Friedhof renoviert wurde:

"Ich muss sagen, dass es meine Idee war. Ich bin oft hierher gekommen, der Friedhof hat mir sehr gut gefallen. Er war in schlechtem Zustand und das kam mir im Hinblick auf unsere Vorfahren würdelos vor. Ich begann dann selber mit den ersten Arbeiten, ich habe Bäume gefällt. Dann wollte ich eine Freiwilligenarbeit organisieren, habe es dreimal versucht, aber die Beteiligung war sehr niedrig. Doch einiges haben wir gemacht, einige Grabsteine aus dem Boden herausgeholt, was wir halt nur mit unseren Händen machen konnten. Dann kommen auch Studienkollegen von der Tochter unseres Bürgermeisters, die in Brno an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät studieren, diese kommen im Frühjahr und im Herbst uns leisten auch einiges an Arbeit. Dieses Jahr haben wir die Agentur INEX kontaktiert, die die Schirmherrschaft über Freiwilligenarbeit in Tschechien hat. So arbeiten hier jetzt 7 Freiwillige. Aber nicht nur Arbeit haben wir für Sie in den zwei Wochen ihres Aufenthalts vorbereitet. Von diesen zwei Wochen arbeiten sie 10 Tage, 2 sind Reisen gewidmet und an 3 Tagen werden sie in den umliegenden Städten Theater spielen."

Herr Pozdena zeigt uns stolz die Zeremonienhalle, die im Frühjahr renoviert wurde. Seinen Worten zufolge hätten wir hier vor einem Jahr nur eine Ruine gefunden, heute sieht das kleine Gebäude wie neu aus. Am vergangenen Sonntag wurde die Zeremonienhalle feierlich eröffnet. Derzeit gibt es dort eine Ausstellung, die aus zwei Teilen besteht. Einer ist der Geschichte der Juden hier in Lomnice gewidmet, der andere dem Begräbnisrituell bei den Juden.

Ich fragte weiter eine tschechische Teilnehmerin am Freiwilligenlager, Martina Sladkova, was man sich bei dieser Aktion noch zum Ziel setzt:

"Im Rahmen dieser Veranstaltung wollen wir hier in Lomnice für die jüdische Kultur ein wenig Werbung machen. Eine weitere Aktivität ist das Theaterstück, das wir in den umliegenden Schulen spielen werden. Das Thema des Theaterstücks ist die multikulturelle Zusammenarbeit, wo sich alle Nationalitäten, die hier am Workcamp vertreten sind, zusammentun werden, um gemeinsam ein Problem zu lösen. Es ist für Kinder bestimmt, und es ist lustig." Und warum sie sich gerade für diesen Ort entschieden hat?

"Ich habe mich für diesen Ort entscheiden, weil ich hier in Tisnov Freunde habe, die auch für INEX gearbeitet haben. Ich arbeite in Prag im Jüdischen Zentrum als Lektorin und interessiere mich für die Thematik, daher entschied ich mich für die Renovierung des jüdischen Friedhofes. Auch gefällt mir, dass wir auch das Theaterstück spielen, dies ermöglicht den ausländischen Gästen, die hiesige Bevölkerung besser kennen zu lernen."

Auch so arbeiten die jungen Leute, doch die Arbeit fällt ihnen nicht schwer. Sie würden an die 7 Stunden täglich arbeiten, erzählt Martina Sladkova. Ihrer Kollegin, Jana Vobecka, gefällt vor allem die Idee, neue Regionen der Tschechischen Republik kennen zu lernen und dabei auch ihre Bewohner, und gleichzeitig ein bisschen helfen zu können. Wie kommt es aber, dass man als Student, der meistens Geld braucht, anstatt dieses in den Sommerferien zu verdienen, noch Freiwilligenarbeit leisten kann? Darauf gibt mir Jana Vobecka eine kurze und präzise Antwort:

"Ich glaube, dass das eine Frage von Präferenzen und Interesse ist, sonst nichts." Und wie funktioniert die Verständigung mit den Kollegen aus dem Ausland?

"Es kommt auf die sprachlichen Möglichkeiten der Leute an. Bedingung für die Aufnahme am Workcamp ist die englische Sprache, weil es die Verständigungssprache ist. Wir kommunizieren auch in Französisch, was von Vorteil ist, wenn Schwierigkeiten entstehen."

Das Theaterstück ist mehrsprachig, es gibt einen tschechischen Erzähler und die einzelnen Nationalitäten werden sich in kurzen Abschnitten präsentieren. Dabei werden sie in ihrer Sprache und auch Tschechisch, was sie schon ein bisschen können, sprechen. Dann verbinden sich alle am Ende in einem tschechischen Lied, dass eine Teilnehmerin aus Kroatien, Ivana, für uns als kurze Probe singt: Ivana aus Kroatien ist zum zweiten Mal in Tschechien und spricht sogar ein bisschen Tschechisch:

"Ich war vor zwei Jahren in Holesov, dort haben wir an der Renovierung des Friedhofes und der Synagoge gearbeitet. Das war wunderschön. Ich bin Jüdin und interessiere mich sehr für jüdische Kultur und Geschichte. Die Workcamps in Tschechien sind sehr gut, und ihr habt davon viele mit jüdischer Thematik. In Kroatien haben wir nicht so viele Denkmäler und auch die Gemeinde dort ist kleiner. Sie zählt nur an die 2000 Mitglieder."

Max aus Italien ist ebenfalls Student, der zu Hause noch mit Behinderten arbeitet:

"Das ist mein zweites Freiwilligenlager. Ich wollte hierher kommen, weil ich vorher über die jüdische Kultur nichts gewusst habe, und ich denke, dass es die beste Möglichkeit ist, wie ich etwas erfahren kann, weil wir hier nicht nur arbeiten, sondern uns auch etwas über die jüdische Kultur erzählt wird. Was mir auch sehr gut gefällt, ist, dass wir zwei verschiedene Arbeiten machen - am jüdischen Friedhof, und dann das Theaterstück, womit wir den Kindern eine wichtige Botschaft geben können. Diese sind für mich die Zukunft dieser Welt."

Für Max war Tschechien, das er noch nie besucht hat, nicht so wichtig, aber jetzt gefällt es ihm sehr. Er ist zufrieden, dass er tschechische Leute und tschechische Kultur kennen lernen kann, und ist überzeugt, dass er in diesen zwei Wochen bestimmt mehr gelernt hat, als wenn er als Tourist nach Prag fahren würde.

Hiermit sind wir am Ende des Regionaljournals angelangt, danke dass sie auch heute mit uns in den tschechischen Regionen dabei waren. Wir freuen uns auf ein Wiederhören in zwei Wochen.