Für eine Region, die schön ist wie gemalt
„Malovaný kraj“ ist eine Zeitschrift, die sich seit Jahrzehnten insbesondere den sorgsam gepflegten Volksbräuchen der Region Slovácko widmet. Der südlichste Zipfel Mährens grenzt an die Slowakei und Niederösterreich und heißt auf Deutsch „Mährische Slowakei“.
Um die Entstehung des Blattes hat sich vor 72 Jahren Fanoš Mikulecký verdient gemacht. Der gelernte Kulissen- und Bühnenmaler liebte die Bräuche seiner Heimat, der Mährischen Slowakei. Aber eigentlich ist Mikulecký vor allem als Liedermacher bekannt. Von seinen mehr als 200 Titeln gehört mittlerweile ein Großteil zum musikalischen Volksgut der Region Slovácko. Und einige wie zum Beispiel das Lied, das den Wein besingt, sind landesweit bekannt. Ebenso wie die Weinberge und Weingüter, die seit Jahrhunderten das Landschaftsbild Südmährens prägen.
Die Redaktion der Zeitschrift „Malovaný kraj“, gegründet von Mikulecký und einigen ebenso eingefleischten Fans der südmährischen Volkskunde, hat ihren Sitz seit 1946 in Břeclav/Lundenburg. Die Stadt an der Thaya gilt gemeinsam mit Hodonín /Göding und Uherské Hradiště/Ungarisch Hradisch als eines der drei Zentren der Mährischen Slowakei. Zu Zeiten der Industrialisierung begann auch dort das Bewusstsein der Menschen für die Vielfalt kultureller Traditionen zu schwinden. Dennoch werden viele Bräuche immer noch gepflegt. Dazu hat bestimmt auch die regionale Zeitschrift „Malovaný kraj“ beigetragen.
In ihrer ersten Ausgabe vom August 1946 formulierte Fanoš Mikulecký als Chefredakteur das Vorhaben seines Redaktionsteams folgendermaßen, Zitat:„Als eine populärwissenschaftliche Zeitschrift will ‚Malovaný kraj‘ unter anderem auch auf das Empfindungsvermögen des Volkes einwirken. All die ‚gemalte‘ Schönheit, mit der sich unsere Region rühmt, soll nicht als etwas Gekünsteltes und Inhaltsloses empfunden werden. Genährt vom gesunden Geist unserer Bevölkerung muss die Schönheit davon überzeugen, dass ihr ein hoher Wert sowie die Authentizität und Vitalität innewohnen.“
Mangelwirtschaft und Rettung durch Kooperation
Obwohl das kommunistische Regime in der Tschechoslowakei auch die Folklore für seine Zwecke nutzte, war es aus ideologischen Gründen um das Bestehen von „Malovaný kraj“ nicht bestens bestellt. Schon wenige Jahre nach seiner Entstehung bekam das Blatt Probleme. Eva Kováříková war ab 1984 Mitglied der Redaktion. Zehn Jahre später wurde sie Chefredakteurin der Zeitschrift:
„Die Herausgabe wurde 1950 eingestellt, offiziell wegen Papiermangels. Eine Rolle muss dabei bestimmt auch gespielt haben, dass sich die veröffentlichten Beiträge oft mit Kulturtraditionen befassten, die christliche Wurzeln hatten. Die Menschen in dieser Gegend sind bis heute religiöser als die in anderen Regionen Tschechiens. Erst 1969 gelang es dank Fanoš Mikulecký, die Zeitschrift wieder ins Leben zu rufen. Seitdem erscheint sie ohne Unterbrechung bis heute. Wegen Problemen mit der Finanzierung wurde in den 1970er Jahren der Fokus um die benachbarte slowakische Region Záhorí erweitert. Damit galt die Zeitschrift als ‚tschechoslowakisch‘, und dafür stellte der Staat dann Geld zur Verfügung.“Die Zeitschrift „Malovaný kraj“ erscheint alle zwei Monate im Hochglanzformat und mit einer breit gefächerten Themenpalette. Die Auflage liegt bei 1600 Stück pro Ausgabe.
„Unseren Fokus richten wir konsequent nur auf das Gebiet der Mährischen Slowakei. Hinzu kommt aber auch die kleinere Region Luhačovické Zálesí. Trotz ihrer historischen Zugehörigkeit zur Mährischen Slowakei wurde sie leider im Rahmen der Staatsverwaltungsreform von 2001 in den ostmährischen Landkreis einbezogen. Auch wenn unser Augenmerk auf einen eher kleine(re)n Teil Südmährens gerichtet ist, finden die Leser in jeder neuen Nummer der Zeitschrift ein großes Themenangebot. Es erfasst Bereiche wie regionale Geschichte, Volkskunde und Volkskunst im breitesten Sinne, aber auch bildende Kunst, Natur, Archäologie oder Architektur. Die Zeitschrift dient unseren Lesern zudem als Informationsquelle über die Volkskunstensembles und ihre Aktivitäten, von denen es eine Menge gibt. Und wenn jemand fragt, ob man für ‚Malovaný kraj‘ auch nach Jahrzehnten des Bestehen noch immer neue Themen finden kann, dann sage ich eindeutig ja. Wir schlagen immer wieder auch in alten Chroniken und Archiven nach.“Multimediale Revolution
Kürzlich hat die Redaktion begonnen, spezifische Hörproben auf ihrer Webseite zu präsentieren:„Wir versuchen einiges davon, was im Lauf der Zeit zunehmend verlorengeht, zu dokumentieren. Darunter auch Audio-Archivaufnahmen. Dazu gehören zum Beispiel die Mundarten unserer Region, die zu den am stärksten bedrohten Phänomenen der hiesigen Volkskultur zählen. Früher ließen sich die Dorfbewohner aufgrund der lokalen Sprechweisen problemlos voneinander unterscheiden. Heutzutage gilt das nicht mehr.“
Im Süden grenzt die Mährische Slowakei an das niederösterreichische Weinviertel. Aber nicht nur die Grenze, sondern auch historisch sowie ethnografisch hat man vieles gemeinsam. Bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit fällt die Bilanz von „Malovaný kraj“ aber nicht gerade positiv aus. Dennoch ist ein Projekt in Sicht. Eva Kováříková:
„Im kommenden Jahr werden wir uns am tschechisch-österreichischen Projekt ‚Steingut von Themenau‘ beteiligen. Mit ihm soll an die Geschichte der traditionsreichen Produktionsstätte mit dem Sitz in Poštorná erinnert werden. Die einst selbstständige Gemeinde ist heute ein Stadtviertel von Břeclav. Die frühere Liechtensteinische Ziegelfabrik entstand 1867. Ihre Ziegel, Dachziegel, Fliesen und weiteres Baumaterial wurden seinerzeit in ganz Europa, aber auch in Südamerika verkauft. Berühmt wurde die Fabrik zum Beispiel durch die Lieferung von Dachziegeln für den Stephansdom in Wien in den Jahren 1948 bis 1950. Auf beiden Seiten der Grenze werden kommendes Jahr Ausstellungen an die über anderthalb Jahrhunderte lange Geschichte des Unternehmens erinnert. Vorgesehen ist auch, Künstler aus beiden Ländern zu präsentieren, die ihre Keramiken in der Ziegelfabrik von Poštorná gebrannt haben.“Das geschah zum Beispiel 2006, als erstmals die Biennale „Vinspiration Břeclav 2006“ veranstaltet wurde.
In die Zukunft mit einem alternativem Geschäftsmodell?
Beim Blättern in den Heften von „Malovaný kraj“ fällt kaum auf, dass die Zeitschrift fortlaufend mit finanziellen Problemen kämpfen musste. Nach der politischen Wende hierzulande ging sie in Privathand der neu gegründeten Druckerei Moravia Press, der Tochtergesellschaft der österreichischen Druckereigruppe Goldmann Druck AG. Damals wurde eine Zusammenarbeit mit den „Kulturnachrichten aus dem Weinviertel“ angeknüpft. Beide Redaktionen veröffentlichten gelegentlich Artikel mit Themen aus dem jeweiligen Nachbarland. Das Projekt wurde auch von der niederösterreichischen Regierung finanziell unterstützt. Nach dem Ausstieg des österreichischen Kapitalgebers einige Jahre später war das Erscheinen von „Malovaný kraj“ ernsthaft bedroht. Man entschied sich letztlich für seine Transformation in ein nicht-kommerzielles (Non-Comercial) Periodikum. Die Herausgeber konstituierten sich rechtlich als Verein. Das hat die Art der Finanzierung verändert, aber diese nicht leichter gemacht. Chefredakteurin Kováříková:„Ohne finanzielle Unterstützung geht es nicht. Die Einnahmen aus den Leser-Abonnements decken bei Weitem nicht die Kosten für die Herausgabe der Zeitschrift. Wir sind auf Subventionen der öffentlichen Hand angewiesen. Wir bekommen sie schließlich vom Kulturministerium, von den Kreisen Südmähren und Zlín, aber ebenso von der Stadt Břeclav und weiteren Kommunen. Wir besitzen auch einen kleinen Verlag. Die möglichen Gewinne von erhaltenen Aufträgen verwenden wir dann für die Finanzierung unserer Zeitschrift.“
Anträge für Finanzhilfen müssen jedes Jahr von Neuem eingereicht werden. Und dann wartet man, ob es klappt. Dass Fortbestehen von „Malovaný kraj“ wäre kaum möglich ohne den hohen Einsatz und Enthusiasmus aller Beteiligten.