Gartenparty im Waldsteingarten – PEN-Weltkongress 1938 in Prag

Pen-Weltkongress 1938 (Foto: ČTK)

Literatur kennt keine Grenzen. Dies ist einer der Wahlsprüche, den sich die Schriftstellervereinigung PEN auf ihre Fahnen geschrieben hat. PEN steht für die englischen Begriffe poets, playwrights, essayists und novelists – also Dichter, Dramatiker, Essayisten und Romanciers. Heute ist diese Vereinigung in 102 Ländern vertreten – der tschechische PEN-Club wurde bereits 1925 gegründet. Einer der ersten Höhepunkte seiner Tätigkeit war der PEN-Weltkongress, der im Juni 1938 in Prag stattfand. Der Tschechoslowakische Rundfunk hat von der Eröffnungsveranstaltung des Kongresses berichtet.

Pen-Weltkongress 1938  (Foto: ČTK)
„Meine Damen und Herrn, wir sind auf einer Gartenparty, die der Minister für Unterricht und Volkskultur, Dr. Franke, im Waldsteingarten gibt und zwar zu Ehren des Kongresses des PEN-Clubs. Wir sind also, meine Herrschaften, vom Waldsteinplatz durch die herrliche Barockausstellung gegangen. Wir haben im raschen Vorübergehen die wundervollen Skulpturen Matthias Brauns gesehen - und jetzt sind wir im Garten, wo sich schon eine ganze Anzahl an Besuchern versammelt hat.“

Ein buntes Treiben, in das sich da unser Reporter des Tschechoslowakischen Rundfunks im Waldsteingarten in Prag gestürzt hat. Denn zur Eröffnung des PEN-Weltkongresses waren Schriftsteller aus den verschiedensten Nationen und Kontinenten nach Prag angereist. Um da nicht ganz den Überblick zu verlieren, hatten sich die Organisatoren ein ganz besonderes System überlegt:

„Ganz originell sind übrigens auch die Abzeichen, die die Mitglieder des PEN-Clubs tragen. Jeder Delegierte erhält ein kleines Seidenband, auf dem mit Gold-Buchstaben der Name seines Landes aufgedruckt ist. Andre Bändchen kennzeichnen die Sprachen, die der Delegierte beherrscht.“

Die Vielfalt der Sprachen muss dabei bemerkenswert gewesen sein. Der Reporter spricht gar von einem „Sprachen-Babel im Waldsteingarten“: Neben Tschechisch, Deutsch, Französisch und Englisch waren serbische, kroatische, rumänische, spanische, dänische, schwedische und viele anderen Stimmen zu hören. Ein Gast erregte allerdings besonderes Interesse:

„Auch China hat einen seiner bedeutendsten Schriftsteller gesandt. Der muntere kleine Herr mit dem langen Talar, der fast wie eine Dame aussieht, ist besonders beliebt wegen seines lebendigen Wesens und Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit.“

Neben den Begegnungen mit den Kollegen stand auch eine lange Liste an Vorträgen und Diskussionen auf dem Kongress-Programm, wie der Reporter seinen Hörern erzählt:

„Nach dem ersten Referat des Generalsekretärs der Vereinigung beginnen am Dienstag die ersten Arbeitssitzungen, die sich mit drei Fragen beschäftigen sollen: Der erste Tag ist der hohen und populären Literatur gewidmet, der zweite Arbeitstag gilt der Kinderliteratur, der dritte soll sich mit den Fragen der Literatur und den Mitteln ihrer modernen Verbreitung – dem Radio, dem Film, Fernsehen und so weiter.“

Noch während seinen Erläuterungen zum Programm tut sich etwas im Waldsteingarten: Fanfarentöne erklingen. Leicht aus dem Konzept gebracht berichtet unser Reporter von seinen Eindrücken.

„Meine Herrschaften, meine Damen und Herrn, ich sehe... äh... dass Bewegung in den Waldsteingarten kommt. Es ist außerordentlich schön. Es... äh... beginnt die Dunkelheit – in kurzer Zeit werden die Lichter aufflammen. Es ist wirklich ein bezaubernder Anblick, nicht nur am Abend, sondern auch am späten Nachmittag.“