Gedenkstein für Heydrich-Attentäter – englische Familie erinnert sich an Kubiš und Gabčík
Der Ort Ightfield liegt mitten in England. Dort, zwischen Liverpool und Birmingham, ist am Sonntag ein Gedenkstein für einen Tschechen und einen Slowaken aufgestellt worden: für Jan Kubiš und Jozef Gabčík, die vor 75 Jahren das Attentat auf Reinhard Heydrich verübt haben. Die beiden Fallschirmspringer sind in Ightfield für die sogenannte Operation Anthropoid trainiert worden – und sie fanden eine Art zweites Zuhause bei der Familie Ellison. Ihre Mitglieder erinnern sich bis heute an die beiden tschechoslowakischen Soldaten.
„Er begann ein Gespräch mit ihnen. Als der Bus für die Heimfahrt kam, sprach er ab, dass man sich am folgenden Samstag erneut vor Ort treffen würde. Meine Großmutter war aber ein bisschen in Sorge und fuhr mit. So begann es. Sie haben Jan dann zu uns nach Hause eingeladen. Bei meinem Großvater und meiner Großmutter waren eigentlich immer alle willkommen.“
Jan Kubiš brachte eines Tages auch Jozef Gabčík mit. Man ging gemeinsam Fahrradfahren, angeln oder einfach spazieren. Mit der Zeit wurden die beiden Soldaten ein Teil der Familie, sie erhielten sogar ihr eigenes Schlafzimmer. Doch warum Kubiš und Gabčík überhaupt in der Gegend waren, das blieb irgendwie geheim.„Mir wurde gesagt, dass die beiden Soldaten nicht viel sagen durften. Sie waren immer auf der Hut und legten bei den Besuchen ihre Waffen neben den Tisch. Als die Operation Anthropoid kurz bevorstand und Jozef als Erster bereits weg war, ist Jan den Berichten meiner Großmutter nach immer im Garten herumgegangen. Weil er so still war, wusste sie, dass etwas im Busch war. Jan sagte dann, er sei für eine Mission ausgewählt worden. Er könne und werde aber nicht sagen, für welche“, so Neil Ruscoe.
Es war das Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich und damit auf einen der höchststehenden Nationalsozialisten. Der Anschlag Ende Mai 1942 gelang zwar, retten konnten sich Jan Kubiš und Jozef Gabčík jedoch nicht. Am 18. Juni begingen sie Selbstmord, nachdem die deutschen Sicherheitskräfte kurz davor waren, sie zu stellen. Das aber erfuhren seine Großeltern und die Familie erst einmal nur indirekt, wie Neil Ruscoe schildert:„Sie hörten nichts, bis eines Tages ein Soldat am Haus meiner Großeltern auftauchte. Er hatte seine militärische Ausbildung zusammen mit Jan und Jozef absolviert. Er sagte: ‚Haben Sie gehört, was beiden passiert ist?‘ Meine Großeltern verneinten wohl, denn er sagte, Jan und Jozef seien getötet worden. Dann bekamen meine Großeltern einen Brief von der britischen Armee, dass man kommen werde und die ganzen Hinterlassenschaften der beiden holen werde.“
Währenddessen hatte Großmutter Ellison bereits herausgefunden, was passiert war. Die Geschichte der beiden Attentäter verbreitete sich von da ab. In Großbritannien sind seitdem sogar Fangruppen entstanden. Sie kommen auch immer wieder beim Haus der Ellisons vorbei. Einer dieser Enthusiasten ist John Martin. Er hat ein Buch über die Operation Anthropoid geschrieben – und initiiert, dass am Sonntag ein Gedenkstein für Jan Kubiš und Jozef Gabčík in Ightfield enthüllt wurde. John Martin:„Bevor die beiden Soldaten zur Operation Anthropoid ausgeflogen wurden, haben sie in ihren Testamenten die Familie Ellison erwähnt. Über die Jahre hinweg habe ich bemerkt, dass diese Beziehung übersehen worden ist. Es gab nichts Bleibendes, das an diese historische Freundschaft erinnert hat.“
Nun steht der Gedenkstein am Grab der Ellisons. Neil Ruscoe hält das für eine wunderbare Geschichte. Und er sagt:„Ich habe die letzte Nachricht aufgehoben, die Jan Kubiš an meine Mutter geschrieben hat. Sie lautet: Halte bitte deine tschechischen Freunde in Erinnerung, die die schöne Zeit mit euch niemals vergessen werden. Herzliche Grüße, Jan.“