„Generation Internet“ auch in Tschechien vertreten

In Tschechien nennt man sie Grünschnabel-Businessgeneration. IT-Freaks, die schon mit 15 oder 16 Jahren am Start ihrer Berufskarriere stehen, gelten hierzulande als kein atemberaubendes Phänomen mehr. Noch vor zehn Jahren wäre es undenkbar gewesen, in diesem Alter erfolgreich Business zu machen. Mit einem jungen erfolgreichen Unternehmer hat sich Jitka Mládková unterhalten.

Lukáš Stibor
Der 20jährige Unternehmer Lukáš Stibor, der vor zwei Jahren aus dem nordböhmischen Gablonz nach Prag kam, gehört zu der Generation, die das Potential des Internets zu nutzen weiß. Man brauche nur einen PC, einen Internetzugang und viel Enthusiasmus, sagt Lukáš, der schon mit 14 unternehmerisch tätig war. Zur Einleitung unseres Gesprächs bat ich ihn, sich selbst als Menschentypus zu charakterisieren:

„Ich bin hyperaktiv und muss ständig etwas tun. Das macht Spaß. Ich habe immer ein Headset am Ohr und telefoniere, schicke eine SMS oder surfe im Internet. Beim Autofahren in den Prager Staus habe ich mein Notebook auf dem Schoß. Jeden Moment kann man etwas erledigen, und der Tag ist dann effektiv genutzt.“

Ihr Werdegang zum IT-Unternehmer ist offenbar von Ihrer Kindheit an vorprogrammiert. Mit neun Jahren kam der erste Game Boy, und mit 13 haben Sie sich 14 Stunden am Tag nicht vom Computer losreißen können. Oft auch in der Nacht und ohne Wissen der Eltern. Man kann also sagen, die Spielsucht war die Initialzündung für Ihre heutige IT-Karriere. Als kleiner Computerfreak haben Sie selbst ein PC-Spiel kreiert und Fanseiten auf einem Internetportal erstellt. Worum ging es dabei eigentlich?

„Viele Leute haben dort ihr Profil und ihre Fotos hochgeladen. Das war aber für mich noch kein Geschäftsmodell, sondern eher eine einfache Form des späteren Facebook. Trotzdem haben es nach kurzer Zeit bis zu 1500 User pro Tag besucht.“

Es folgten, soviel ich weiß, anspruchsvollere Projekte. Unter Ihrer Führung entstanden unter anderem zwei Reklamesysteme mit Werbebannern und -texten im Angebot, die zu den ersten im tschechischen Internet gehörten. Als einer der ersten hierzulande haben Sie begonnen, mit Internetreklame Geld zu verdienen. Wie reagierten Ihre Eltern auf diese Aktivitäten?

„Zu Hause gab es ein bisschen Probleme. Mein Vater ist Zimmermann und hat eine Firma. Er verdient gut, muss aber hart schuften. Daher konnte er es nicht so ganz verdauen, dass ich den ganzen Tag am PC herumsaß und in meinem Alter genauso viel oder sogar mehr Geld verdient habe als er.“

Das Abitur haben Sie an einem Privatgymnasium in Prag gemacht, etwa zur selben Zeit wurden Sie im Landkreis Liberec/Reichenberg bereits zum „Unternehmer des Jahres“ gekürt. Heute sind Sie gemeinsam mit einem Gesellschafter Inhaber einer Internetfirma mit 14 Mitarbeitern, die ständig neue Segmente zu erschließen versucht. Bedeuten für Sie Ihre neuesten Projekte, die auf Google-Technologien wie etwa Google Maps, Google Search oder Portalimplementierung von YouTube –Videos bauen, schon das „Big bussiness?

„Ich denke, es ist noch nicht das große Business. Wir sind immer noch am Anfang eines Weges. Momentan hat auch uns die Wirtschaftskrise erwischt. Ausgerechnet in der Reklame haben wir Einbußen verzeichnet. Wir müssen uns ständig den Kopf über Neuigkeiten zerbrechen. Wenn wir das nicht tun, wird uns die Konkurrenz in kurzer Zeit überrollen. Oder die Projekte werden uninteressant.“

Wie Sie mir gesagt haben, suchen Sie mit Ihrem Team die Inspirationen im ausländischen Internet, vor allem dem US-amerikanischen. Oder bei Konferenzen wie etwa beim Google-Europe-Day-Treffen mit 800 IT-Experten aus ganz Tschechien. Eine große Herausforderung ist für Sie auch Kritik oder der Erfolg von jemand anderem. Ihr Job ist für Sie die Priorität Nummer eins. Hat ein Unternehmer wie Sie überhaupt noch Zeit, sich etwas anderem als der Arbeit zu widmen?

„Es kommt darauf an, welche Prioritäten man hat. Für mich steht meine Arbeit an erster Stelle. Ich will aber auch das Leben genießen. Ich spiele zum Beispiel Poker mit einer Gruppe von Kollegen aus der Branche. Jeden Donnerstag spielen wir Fußball. Gerne gehe ich schwimmen oder ins Kino. Mein Credo ist, keine langweiligen Dinge zu tun.“

Man kann also aller Wahrscheinlichkeit nach darauf schließen, dass es für Sie sehr viel bedeutet, dass Sie in die – wie man sagt – „Internet-Generation“ hineingeboren wurden.

„Ich bin 200-prozentig zufrieden, dass ich in der heutigen Welt leben kann. Die Freiheit zu haben, die Möglichkeit zu reisen, ein Unternehmen zu betreiben, das alles ist tausendmal besser als das, was man hier vor der Wende hatte. Sollte das irgendwann wieder da sein, würde ich so schnell wie möglich von hier flüchten.“

So oder ähnlich wie Sie denkt heute bestimmt der Großteil der bloggenden, skypenden oder twitternden „Digital natives“ – der „Generation Internet“ in Tschechien. Ich danke Ihnen für das Gespräch.