Gericht verschiebt Streik: Erzürnte Gewerkschafter planen schärferen Protest
Eigentlich hätte am Montag für dreizehn Stunden der öffentliche Nahverkehr in Prag und in anderen tschechischen Städten sowie landesweit der Bahnverkehr still stehen sollen. Doch Finanzminister Kalousek nutzte eine Unachtsamkeit der Gewerkschaften und ließ deren Streik von einem Prager Gericht kurzerhand verbieten. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben: Die Verkehrsgewerkschaften haben nun den Ausstand auf Donnerstag verlegt und planen noch schärfere Maßnahmen.
„Bisher sind Brünn, Prag, Zlín, Ústí nad Labem und Opava angekündigt. Wir glauben aber, dass sich noch weitere Städte anschließen werden“, so am Sonntag der Chef der Lokführergewerkschaft, Jindřich Hlas.
Des Weiteren haben die Gewerkschaften auch Straßenblockaden angekündigt, und zwar jeweils am Zebrastreifen. Deutlich härter als ursprünglich geplant wird also der Protest ausfallen, denn die Gewerkschaften sind erzürnt. Am Samstag hatte das Prager Stadtgericht einstweilig verfügt, dass ein Streik am Montag gegen die tschechischen Gesetze verstoßen würde. Er war nämlich nicht mit dem erforderlichen Vorlauf von drei Arbeitstagen angekündigt worden:
„Der Streik ist am Freitag um 11 Uhr für den folgenden Arbeitstag angekündigt worden. Während der arbeitsfreien Zeit am Wochenende ist es aber praktisch unmöglich, eine Minimalisierung der Schäden zu erwirken“, erläuterte die Gerichtssprecherin Martina Lhotáková.Die Klage eingereicht hat Finanzminister Miroslav Kalousek. Dass er damit die Gewerkschaften zu noch schärferen Protesten gereizt und eher einen Pyrrhussieg errungen habe, wies er zurück:
„Ich war überzeugt, dass dies ein illegales und unfaires Verhalten ist. Das Prager Stadtgericht hat mir darin Recht gegeben. Ich glaube, wenn jemand gegen die guten Sitten verstößt, darf man nicht aus taktischen Gründen schweigen.“
Das Gerichtsurteil sehen die Gewerkschaften als einen „beispiellosen Angriff“ auf die von der Verfassung garantierten demokratischen Rechte und vor allem das Streikrecht. Drei Tage Ankündigungsfrist würden für einen Streik im Arbeitskampf gelten, aber nicht für den jetzt geplanten Protest, hieß es. Die Gewerkschaften wollen gegen das Urteil noch in Berufung gehen und erwägen auch eine Beschwerde bei internationalen Organisationen.Die Verlegung des Streiks hat die Stimmung jedenfalls aufgeheizt. Am Montag mischte sich auch Staatspräsident Klaus in die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Gewerkschaften ein und schlug sich auf die Seite des Kabinetts von Premier Nečas. Die Regierung müsse „viel resoluter“ vorgehen, sagte Klaus der Presseagentur ČTK.
Das entspricht allerdings nicht der Meinung der Bürger. Mehr als zwei Drittel der Tschechen stimmt mehr oder minder mit der Ausrufung des Streiks überein, hat die Meinungsforschungsagentur SC&C ermittelt. In Auftrag gegeben wurde die Umfrage vom Tschechischen Fernsehen. Fernsehkommentator Petr Fischer kam daher zu einem klaren Urteil:„Es scheint, dass die Öffentlichkeit tatsächlich den Protest gegen die Regierung unterstützt und dies nicht nur ein Gewerkschaftsanliegen ist, wie das zum Beispiel Petr Nečas ausgedrückt hat.“
Die tschechische Regierung findet aber, dass ein Streik aus politischen Gründen nicht die geplanten Ausmaße annehmen dürfe. Sie arbeitet daher bereits an einer Änderung des Streikrechts.