Gerollte Lektüre - Ausstellung von Schriftrollen im Prager Jüdischen Museum

Foto: Jüdische Museum Prag

Eine Torarolle, die 34 Meter lang ist, kann man unter anderem in der Ausstellung bewundern, die in diesen Tagen in der Robert Guttmann-Galerie in Prag zu sehen ist. Die Verwendung der altertümlichen Buchform einer Schriftrolle ist in Europa heute nur noch für die jüdische Kultur typisch. Diese Kultur bringt das Prager Jüdische Museum der Öffentlichkeit das ganze Jahr hindurch näher, und zwar im Rahmen des "Jahres mit jüdischer Kultur", eines Projektes, das vom Museum anlässlich seines 100. Jubiläums initiiert wurde. In der Ausstellung mit dem einfachen Titel "O svitku / Über die Rolle" wird etwa ein Zehntel der Rollensammlung des Museums präsentiert, die fast 600 Stück umfasst. In die Ausstellung lädt Sie Martina Schneibergova ein.

Die Form einer Schriftrolle behält in der jüdischen Kultur vor allem die Torarolle, die der zentrale Zeremoniegegenstand des Judaismus ist. Aus einer Pergamentrolle werden auch das biblische Buch Esther und einige weitere Texte in der Synagoge vorgelesen. In der Ausstellung sind Zeremonierollen verschiedener Art vertreten, deren Schönheit vor allem in der Kaligrafie der hebräischen Schrift besteht. Die Tora ist ein umfangreiches Buch, wie lang sind die Torarollen, wenn man sie auseinanderrollt? Olga Sixtova, die Kuratorin der Ausstellung, sagte:

"Von denen, die hier ausgestellt sind, ist die größere Torarolle 34 und die kleinere 24 Meter lang. Es handelt sich um zusammengenähte Pergamentstreifen. Heute wird das Pergament meistens aus Rindleder hergestellt. Der Text wird auf freie Blätter geschrieben, die erst danach mit einer Sehne zusammengenäht werden, die von einem koscheren Tier stammt. Zum Schluss wird die Rolle auf zwei Stäbe gewickelt, die Lebensbäume genannt werden."

Die verzierten Ester-Rollen, die das Jüdische Museum besitzt, stammen aus dem 17. - 20. Jahrhundert und sie sind nicht nur in Böhmen, sondern auch in Deutschland, in Italien und in den Niederlanden entstanden. Da diese Ester-Bücher kleiner sind, werden sie nur auf eine Spule gewickelt. Das Buch Ester ist während der Zeit zur Vorlage für ein literarisches Genre von Lokal- oder Familienrollen geworden, in denen die Rettung eines Menschen oder der ganzen Gemeinde geschildert wird.

"Wir haben in den Sammlungen etwa zehn solche Familienrollen. Die älteste davon stammt aus dem Jahr 1622 und die jüngste von 1866. Meistens geht es um Geschichten, wo der Hauptheld von äußeren Feinden bedroht wurde, beispielsweise durch die Behörden. Am rührendsten ist die Geschichte darüber, wie 1817 in Golcuv Jenikov ein Haus eingestürzt ist und zwei Kinder dabei verschüttet wurden. Als die Trümmer geräumt wurden, hat man dort die Kinder unversehrt gefunden. Diese Wundergeschichte hat der Vater der Kinder niedergeschrieben."

Die Ausstellung "O svitku" ist in der Robert Guttmann-Galerie in Prag bis zum 21. Juli zu sehen.