Gewerkschafterin zum Warnstreik: „Sozialpartner sollen Regierungsreformen mitgestalten können“

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Für eine Stunde standen am Dienstag in vielen tschechischen Betrieben die Maschinen still, in vielen Städten des Landes war der öffentliche Nahverkehr lahm gelegt. Die Gewerkschaften hatten aus Protest gegen die Haushalts- und Sozialreformen der Regierung zu einem Warnstreik aufgerufen. Wie viele Menschen sich an dem Streik beteiligt haben, war zu Redaktionsschluss dieser Sendung noch nicht bekannt. Was die Gewerkschaften erreichen wollen, das haben sie aber im Vorfeld bereits mehrfach genannt. Till Janzer hat sich vor der Sendung mit Jaroslava Bauerová unterhalten, die beim größten tschechischen Gewerkschaftsdachverband – ČMKOS – Beraterin für europäische und internationale Beziehungen ist.

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Frau Bauerová, der Warnstreik richtete sich gegen die Regierungsreformen. Was genau kritisiert der Böhmisch-mährische Gewerkschaftsverband ČMKOS an den Reformen?

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„Seit Januar dieses Jahres ist die Steuerreform in Kraft und es hat sich gezeigt, dass von ihr nur die Besserverdienenden profitieren. Für die normalen Leute, die Arbeitnehmer und die Rentenempfänger, hat sie hingegen nichts gebracht, weil sich die Preise für Dienstleistungen und Nahrungsmittel stark erhöht haben. Die Folge ist eine Senkung der Reallöhne in vielen Wirtschaftssektoren wie dem Gesundheitswesen, Schulwesen und im gesamten öffentlichen Dienst. Das können wir Gewerkschafter natürlich nicht akzeptieren.“

Was wollen die Gewerkschaften mit dem Streik konkret erreichen. Soll die Regierung die Reformen zurücknehmen oder wollen Sie Verhandlungen?

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„Der Streik ist als Warnung an die Regierung gedacht. Wir wollen ihr ein Signal geben, dass wir die Reformschritte so, wie sie derzeit ausgearbeitet sind, nicht akzeptieren. Wir stellen uns aber nicht grundsätzlich gegen Reformen, sie müssen nur sozial verträglich gestaltet sein. Die geplante Privatisierung im Gesundheitswesen beinhaltet wiederum Schritte, die später nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Deshalb wollen wir die Regierung dazu bringen, uns als Sozialpartner an der Gestaltung der Reformen teilnehmen zu lassen. Im Rahmen des sozialen Dialogs muss die Regierung alle für die Zukunft wichtigen Schritte mit den Gewerkschaften beraten. Die Reformen dürfen keine weitere Verschlechterung der Lage von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, von Familien mit Kindern oder von Rentenempfängern bedeuten.“