Größter Rathauskomplex in Tschechien: Neues Rathaus in Ostrau jetzt nationales Kulturdenkmal

Neues Rathaus in Ostrava

Auch die Industriestadt Ostrava / Ostrau in Mährisch-Schlesien bietet attraktive Besucherziele. Eines ist das Neue Rathaus, das seit Juli auf der Liste der nationalen Kulturdenkmäler steht. Von seinem Turm hat man einen tollen Blick über die Stadt.

Ein mächtiges Gebäude, im funktionalistischen und modernisierten neoklassizistischen Stil – das ist das Neue Rathaus von Ostrau. Mit seinen zwei Flügeln handelt es sich um den größten Rathauskomplex in Tschechien. Wegen seiner äußeren Gestalt, aber auch wegen seiner Innenausstattung aus Marmor und Mahagoni ist es seit Neuestem als nationales Kulturdenkmal geschützt.

Foto: Anton Kajmakov,  Radio Prague International

Zudem fährt in dem Gebäudekomplex ein historischer Paternoster aus Holz, begleitet von seinem typischen Knacken. Er wurde gerade restauriert. Martin Strakoš ist Kunsthistoriker beim nationalen Denkmalschutzamt und erläutert:

„Auch die Innenausstattung des Rathauses ist wertvoll. Andererseits handelt es sich um ein Bürogebäude, deswegen wurde Wert gelegt auf den Zuschnitt der Räume. Und der Paternoster gehört dazu.“

Mit den Arbeiten an dem Bau wurde 1925 begonnen. Denn das bisherige Rathaus am Masaryk-Platz war zu klein geworden für die insgesamt 60 Stadtverordneten. Im Jahr zuvor war nämlich die Kreisstadt Moravská Ostrava / Mährisch Ostrau zum sogenannten Velká Ostrava, also Groß-Ostrau, geworden. Dafür waren sechs umliegende Orte eingemeindet worden.

„Schon 1918 waren die Verhandlungen mit den Gemeinden aufgenommen worden, obwohl Groß-Ostrau erst sechs Jahre später entstand. Die Folge war ein Anstieg der Bevölkerung und mehr Verantwortungsbereiche für das Rathaus. Deswegen musste man sich Gedanken über ein neues, größeres Gebäude machen“, sagt Romana Rosová, ebenfalls Kunsthistorikerin beim Denkmalschutzamt.

Ostrava | Foto:  Lenka Žižková,  Radio Prague International

Ursprünglich sollte das Neue Rathaus rein neoklassizistisch sein. Allerdings tauchte ein Problem auf: Der Untergrund war instabil. Und daher habe der 86 Meter hohe Rathausturm ein ganz anderes Aussehen erhalten und sei leichter geworden als geplant, weiß Strakoš:

„Typisch für den modernisierten Neoklassizismus sind streng symmetrische Fassaden. Gerade die jüngere Generation an Architekten empfand diesen Baustil jedoch als überholt. Deshalb wurde entschieden, das Bauprojekt abzuändern. Das geschah allerdings, als der untere Teil des Turms schon fertiggestellt war. Darauf setzten sie dann eine genietete Stahlkonstruktion, die mit Blech und Glas verkleidet ist.“

Bei den Architekten handelte es sich um Vladimír Fišer aus Brno / Brünn sowie seine örtlichen Kollegen František Kolář und Jan Rubý. 1930 war das Rathaus fertig und wurde am Nationalfeiertag am 28. Oktober feierlich eröffnet. Die Innenausstattung steuerte Karel Kotas bei.

Auf den Turm kann man im Übrigen zur Besichtigung hinaufsteigen. Jetzt, nachdem das Gebäude als nationales Kulturdenkmal noch an Renommee hinzugewonnen hat, könnte laut Martin Strakoš auch über mehr Komfort und Spektakel nachgedacht werden:

„Der Turm des Neuen Rathauses ist schön. Wenn man aber durch das Treppenhaus hochgeht, sind überall Spinnweben: Warum ist dort nicht zum Beispiel ein verglaster Aufzug, der einen nach oben bringt und ermöglicht, die wunderbare Konstruktion zu bestaunen? Das könnte aus dem Rathaus einen weltweit bedeutenden Ort machen.“

Bisher geht man als Besucher gar nicht durch das ganze Treppenhaus hoch, sondern nimmt einen Aufzug, der aber verkleidet ist. Die Aussichtsterrasse befindet sich auf 73 Metern Höhe. Am Abend ist der Turm angestrahlt.

Autoren: Till Janzer , Natálie Flajžíková
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