Häftlinge als wichtigste Zeugen: Polizeikalender mit ungelösten Kriminalfällen erschienen
Ein vermisster Mann im Januar, eine ertrunkene Frau im Februar und ein Mord im März. Was wie der Inhalt einer düsteren Kriminalstatistik klingt, sind in Wirklichkeit die Seiten eines neuen Kalenders mit ungelösten Fällen. Herausgegeben wurde er von der tschechischen Polizei. Die große Hoffnung: Der außergewöhnliche Wandkalender könnte bei der Aufklärung einiger Verbrechen helfen.
Bereits zum dritten Mal gibt die tschechische Polizei den Wandkalender mit ungelösten Kriminalfällen heraus. Hängen soll er vor allem in Gefängnissen. Die Idee dahinter ist, dass sich Zeugen mit Hinweisen melden könnten. In der Vergangenheit sei dieser Plan bereits aufgegangen, sagt Adam Kavalský. Er ist der Leiter der obersten Mordkommission hierzulande:
„Der Kalender funktioniert. Wir haben bereits Dutzende Hinweise aus der Öffentlichkeit und auch von Häftlingen erhalten.“
Schwerpunkt des Kalenders für 2024 sind vor allem Mordfälle. So erhoffen sich die Ermittler etwa Tipps im Fall einer Frau, die ertrunken ist und deren Identität unbekannt ist. Die meisten der dargestellten Straftaten liegen bereits länger zurück. Teils handelt es sich um Verbrechen, bei denen die Polizisten seit Jahrzehnten im Dunkeln tappen – so etwa der Fall eines jungen Mädchens, das 1997 mit dem Fahrrad von einem Dorf in ein anderes fuhr und dabei spurlos verschwand. Es gibt aber auch Fälle in dem Kalender, die jünger sind. So etwa ein Mord, bei dem im Jahr 2020 ein Mann in einem Keller getötet wurde.
Insgesamt umfasst der Kalender 24 Ereignisse. Hinweise könne die Öffentlichkeit per Anruf, E-Mail oder Brief geben, sagt Kavalský:
„Wir wissen aus der Praxis, das auch jeder noch so kleine Hinweis einen wichtigen Impuls geben kann, dass in einem Fall noch einmal ermittelt wird.“
Selbst wenn die Zeugen eine Information geben würden, die die Kriminalisten schon kennen, sei das für die Ermittlungen zielführend, so Kavalský. Denn dies lasse laut dem Polizisten den Schluss zu, dass der Beweis eher als gesichert gelten kann.
Aufgehängt werden die Kalender in allen 35 tschechischen Gefängnissen. Zu sehen sind die Publikationen dort in den Speisesälen oder Gemeinschaftsräumen – und dabei auch in solchen Räumlichkeiten, die von Besuchern betreten werden dürfen, wie Ondřej Moravčík, Sprecher des Polizeipräsidiums, betont:
„Von den insgesamt 2000 Kalendern werden 700 in die Gefängnisse geliefert. 160 gehen an Einrichtungen der Bewährungshilfe. Die übrigen Kalender werden in den Räumlichkeiten der Polizei aufgehängt sowie bei unseren Partnern.“
Die Idee für den außergewöhnlichen Kalender haben die tschechischen Ermittler übrigens aus den Niederlanden bekommen. Unter den 24 ungelösten Kriminalfällen der aktuellen Publikation finden sich auch drei aus dem Ausland.