Haftanstalten Tschechiens sind überfüllt
Wegen der Überfüllung der Haftanstalten könnte es in nächster Zeit in Tschechien zu weiteren Versuchen von Gefängnisaufständen kommen. Dies befürchtet der Leiter der zentralen tschechischen Gefängnisverwaltung, Jiří Tregler. Laut aktueller Zahlen sind die 36 tschechischen Gefängnisse im Schnitt zu 113 Prozent gefüllt.
In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass in fünf tschechischen Gefängnissen ein Aufstand vereitelt werden konnte. Justizminister Pospíšil hatte die schlechten Bedingungen in der tschechischen Gefängnissen verantwortlich gemacht. Laut Zahlen vom Oktober sind die 36 tschechischen Gefängnisse im Schnitt zu 113 Prozent gefüllt, bei zwei Haftanstalten erreicht die Überfüllung sogar 130 Prozent. Insgesamt sind dort 23.000 Gefangene inhaftiert. Der Leiter der zentralen tschechischen Gefängnisverwaltung, Jiří Tregler:
„Es gibt Dokumente aus der Zeit vor zwei oder drei Jahren, die die Zahl von 22.750 Inhaftierten als eine absolute Obergrenze anführen. Wir haben diese Grenze bereits überschritten, und das System funktioniert und muss auch weiter funktionieren. Ich möchte aber noch eine Zahl nennen: Es gibt noch etwa 5500 weitere Menschen, die verurteilt wurden, aber aus verschiedenen Gründen den Strafvollzug noch nicht angetreten haben. Sollten sie, rein theoretisch, die Strafe antreten, würde die Zahl der Inhaftierten auf über 30.000 steigen. Das ließe sich dann nicht mehr bewältigen.“Wegen der Überfüllung der Haftanstalten und den schlechten Bedingungen dort haben Häftlinge sogar bereits Strafanzeigen gestellt. Ein ehemaliger Häftling verlangt zum Beispiel vom Justizministerium eine halbe Million Kronen Entschädigung dafür, dass ihm nicht genug Quadratmeter Lebensraum in der Zelle zur Verfügung gestanden haben. Dem Gesetz zufolge fallen einem Inhaftierten vier Quadratmeter in der Zelle zu. Im Notfall sind dennoch Ausnahmen zugelassen. Der Sprecher der zentralen Gefängnisverwaltung, Petr Káčer:
„Wir mussten bisher nicht unter dreieinhalb Quadratmeter pro Person gehen. Dennoch, statt die Fläche zu erweitern, wie es in den westlichen Ländern üblich ist, geht bei uns der Trend in die umgekehrte Richtung.“
Denn die Häftlingszahlen sind hoch, aber vor allem die Finanzmittel der zentralen Gefängnisverwaltung sind gesunken. Die Gefängnisverwaltung stehe jedoch am Ende aller Institutionen, die die Lage ändern müssten, betont ihr Leiter Jiří Tregler:„Es ist die Frage der Strafrechtspolitik, der Finanzierung des ganzen Justizressorts beziehungsweise der Gefängnisse. Im Vergleich zum Jahr 2005 arbeitet in der Gefängnisverwaltung die gleiche Zahl an Menschen, das Budget ist praktisch auch gleich hoch, aber die Zahl der Inhaftierten liegt um 4000 höher. Das Problem wächst, und sollte es nicht zu einer deutlichen Stärkung der Finanzen und des Personals kommen, fürchte ich eine Eskalation dieses Problems.“
Wie der Leiter der zentralen tschechischen Gefängnisverwaltung in einer Talkshow des Tschechischen Fernsehens am Sonntag sagte, seien 10 bis 20 Milliarden Kronen (400 Millionen bis 800 Millionen Euro) nötig, um in die Gefängnisse zu investieren und veraltete Gefängnisanlagen zu modernisieren:
„Ich würde eine systematische Lösung bevorzugen, die eine kontinuierliche Finanzierung der Gefängnisse sichert, so dass mindestens eine Milliarde beziehungsweise anderthalb Milliarden pro Jahr an Investitionen zur Verfügung stehen.“
Am Mittwoch wird sich das tschechische Abgeordnetenhaus mit dem vereitelten Aufstand in den Gefängnissen sowie mit der Finanzierung der Haftanstalten befassen.