Hochwasser in der Wasserfestung von Roztoky bei Prag

Schloss in Roztoky nach dem Hochwasser

Und in unserem Programm folgt nun die Sendereihe "Touristensprechstunde". Markéta Maurová wird Sie nach Roztoky u Prahy, Roztoky bei Prag, begleiten. Es handelt sich dabei um ein beliebtes Ausflugziel der Metropolenbewohner, da es sehr nahe bei Prag liegt und auch etwas zu bieten hat: das Mittelböhmische Museum, das neben seinen Ausstellungen das ganze Jahr über auch ein reiches Begleitprogramm vorbereitet. Sie werden diesmal mit uns aber keine Ausstellung besuchen können, sondern von den schweren Schlägen hören, die das vernichtende Hochwasser dem Museum in Roztoky versetzt hat.

Hochwasser in Roztoky
Schon der Name Roztoky - die Übersetzung würde etwa "Flussscheide" heißen, also ein Ort, wo sich mehrere Flüsse begegnen, bzw. trennen - deutet an, dass der Ort viel mit Wasser zu tun hat. Roztoky liegt am Zusammenfluss der Moldau und des Unetice-Bachs. Im 14. Jahrhundert wurde dort eine Wasserfestung gebaut, die später in ein Schloss verwandelt wurde. Das Wasser sollte es ursprünglich vor Attacken schützen. Nun hat das Wasser es vernichtet. Der Pegel stand dort Mitte August bei 4 bis 7 Metern, und die Flut riss alles, was ihr im Wege stand, mit sich. Glücklicherweise gelang es wenigstens, viele Dinge, die im Gebäude aufbewahrt wurden, in höhere Etagen zu tragen und zu retten. In Roztoky befindet sich heute das Mittelböhmische Museum, dessen wichtigste Ausstellung der Archäologie gewidmet ist. Herr Pavel Senkot arbeitet seit 1977 in der Archäologie-Abteilung. Nun unterbrach er die Aufräumarbeiten, um über das Museum zu erzählen.

"Unsere Tätigkeit ist sehr reich, weil es in Mittelböhmen eine Vielzahl von Bauprojekten gibt. Und wir müssen laut Gesetz natürlich alles archäologisch dokumentierten, was verschwinden soll. Aber wissen Sie, heute ist es ziemlich surrealistisch darüber zu sprechen. Denn das Museum liegt am Fluss Vltava, am Zusammenfluss mit dem Unetice-Bach, der bereits im 19. Jahrhundert der Uneticer Kultur ihren Namen gab, d.h. der Kultur der beginnenden Bronzezeit in ganz Europa. Diese topographische Lage ist für uns jetzt ein großes Handicap. Die große Flutwelle, die während einer Nacht zu uns gekommen ist, reichte 4 bis 7 Meter hoch. Es wurden dadurch unser Hauptgebäude, d.h. das Schloss bis zum ersten Stockwerk, und andere Gebäude, wo wir Depots, Büros und weitere Arbeitsstellen haben, bis zum zweiten Stockwerk überschwemmt."

Schloss in Roztoky nach dem Hochwasser
Die erwähnte verhängnisvolle Nacht, als das Wasser kam, war die zum Mittwoch, den 14. August. Seit Montag wurden Ausstellungsgegenstände in obere Stockwerke hochgetragen. Am Dienstag sind Museumsmitarbeiter trotz des Verbots über einen Eisenbahndamm in die gefährdete Zone gelangt, um möglichst Vieles zu retten. Was auf sie dann wartete, war erschütternd.

"Dann sind wir am Mittwochmorgen zum Museum gekommen und es war eine Ebene, die ganze Region war ein Wasserspiegel. Über dem Wasser blieb nur das zweite Stockwerk, in dem wir die archäologische Dokumentation gerettet haben, und das Dach."

Zerstört wurde die ständige Ausstellung im Erdgeschoss des Schlosses:

Schloss in Roztoky nach dem Hochwasser
"Wir haben die archäologische Exposition, also die ständige Ausstellung im Jahre 1998 errichtet, anlässlich des Gründungsjubiläums der Republik. Wir versuchten, eine moderne Ausstellung zu installieren, und es wurde darüber auch in Deutschland in der Fachzeitschrift "Archäologie" und weiteren Fachzeitschriften in anderen Ländern geschrieben. Sie war meiner Meinung nach auch attraktiv. Leider befand sich diese Ausstellung im Erdgeschoss, und es ist alles kaputt. Wir haben das einen Tag vor dem Hochwasser gerettet, das heißt die ausgestellten Exponate usw.. Aber das wichtigste war die Konstruktion, Science-Fiction, ein künstlicher Raum, in dem sich die Besucher befanden. Wir haben diesen aus allen möglichen Materialien gebaut, um für die Leute eine emotionale, eine interessante Ausstellung vorzubereiten. Dies alles mussten wir physisch liquidieren, alles wegschmeißen, es existiert nicht mehr."

Roztoky vor dem Hochwasser, Roztoky während des Hochwassers, Roztoky nach dem Hochwasser. Darüber sprach ich auch mit der Leiterin der Programmabteilung des Museums, Tana Pekarkova. Sie hat mir auch die zerstörte Ausstellung beschrieben.

Hochwasser in Roztoky
Sie hieß "Die Reise durch die Urzeit zum tschechischen Staat". Es waren keine Vitrinen, sondern ein wirklicher Weg, den die Besucher gingen. Seit zwei Jahren lief hier auch ein interaktives Spiel "Die Suche nach der Vergangenheit", indem die Besucher selbst Archäologen spielten. Jetzt können sie es ein bisschen anders spielen und manche tun es auch. Wie Sie sehen konnten, werden im Park archäologische Scherben rekonstruiert, die von Archäologen bereits verarbeitet wurden und beschrieben waren. Das Wasser hat aber diese Ordnung und Evidenz beschädigt und Freiwillige helfen uns daher nun auch damit. Das Hochwasser brachte uns also ein neues Projekt".

Das Museum in Roztoky hat sich nicht nur dank seiner Ausstellungen und Begleitprogramme für die Öffentlichkeit, sondern auch dank seiner Werkstätten und Labors einen guten Ruf verdient. In den Labors wurden die archäologischen Funde und andere Gegenstände restauriert und konserviert. Auch diese Anlagen sind heute kaputt.

Roztoky
"Das war sozusagen eine Spezialisierung dieses Museums: Wir haben neben unseren normalen Arbeitsaufgaben auch eine systematische Konservierung entwickelt. Z.B. das Labor für Holz war, ich erlaube es mir zu sagen, eines der modernsten in Europa. Wir haben dort mit Gamma-Strahlen große Menge von Holzartefakten, d.h. Möbel, Bibliotheken usw. behandelt. Das ist alles weg. Und außerdem haben wir Anfang der 90er Jahre von der Schweizer Regierung eine phantastische Ausstattung eines Labors für die Behandlung von Eisengegenständen als Geschenk bekommen. Das war etwas, was uns sehr geholfen hat und fast 5 Millionen Kronen wert war von. Wir haben versucht, das alles zu retten, natürlich, aber es war nicht in menschlichen Kräften, das zu retten."

Das Mittelböhmische Museum in Roztoky hat an die 60 Mitarbeiter. Sie alle haben Mitte August ihre fachmännische Arbeit aufgegeben. Seitdem pumpen sie Wasser, räumen auf, trocknen die Zimmer, tragen Schlamm und alles Mögliche aus den Gebäuden heraus, schmeißen zerstörte Möbel und Böden weg, waschen, reinigen, ordnen und beschreiben aufs Neue die Ausstellungsgegenstände.

"Wir müssen alle Räume leer und sauber machen. Es wurde alles vom Wasser aus allen Teilen des Landes, aber auch aus der Chemie-Fabrik, die nicht weit von uns steht, und aus der Kläranlage überschwemmt. Das alles mit toten Fischen usw. ist vermischt mit unseren Gegenständen, also das muss alles weg aus den Räumen. Die Räume müssen sauber gemacht werden. Also alle arbeiten hier wie Ameisen, um Epidemien usw. zu vermeiden"

Doch die Katastrophe und harte Arbeit haben, wie überall im Lande, glücklicherweise auch ihre positiven Seiten:

"Nach all der Katastrophe war das erste Wochenende am schönsten. Wir waren überrascht wie viele Leute aus Roztoky und Umgebung kamen, um uns bei den ersten Rettungsarbeiten zu helfen.

Roztoky
Die zur Hilfe bereiten Leute kommen bis heute. Im Augenblick müssen sich die Museumsmitarbeiter aber vor allem selbst helfen. Obwohl es sich immer noch um Aufräumarbeiten handelt, müssen Fachkräfte entscheiden, was wie gerettet werden soll. Mit Hilfsangeboten melden sich daher auch andere Museen aus Tschechien und aus dem Ausland, die fachmännische Arbeit oder aber etwa Aufbewahrungsräume anbieten können. Und wie können die normalen Leute, darunter wohl auch unsere Rundfunkhörer helfen?

Was die weitere Hilfe angeht, würden uns im Moment selbstverständlich in erster Linie Finanzspenden helfen, die wir für die Rettung der historischen Gebäude verwenden würden. Wir brauchen die Finanzen sehr schnell, weil das Wetter nun noch sehr schön ist und man vieles machen kann. Zeit und Geld sind für uns im Moment also das wichtigste."

Für diejenigen guten Seelen, die das Museum in Rotzoky unterstützen möchten, wurde ein Sonderkonto gegründet.

Die Kontonummer ist: 2335-111/0100.

Man sollte auch die Adresse der Bank angeben, und zwar: Komercni banka Praha, Filiale Letna, Praha 7, Tschechische Republik, und auch die Adresse des Museums, also Stredoceske muzeum in Roztoky u Prahy , Zámek 1, PLZ: 252 63 Roztoky u Prahy.

Der Zahlungszweck heißt sbirka na zachranu historickych budov a pamatek Stredoceskeho muzea, auf Deutsch: Sammlung zur Rettung der historischen Gebäude und Denkmäler des Mittelböhmischen Museums.

Alle diese wichtigen Angaben finden die Interessierten auch auf unserer Webseite, gemeinsam mit Photos, die die Vernichtung in Roztoky dokumentieren. Und damit wir nicht so pessimistisch enden, geben wir das Wort abschließend noch einmal an Pavel Senkot. Er verspricht, im Frühling das Museum wieder für die Besucher zu öffnen:

"Wir werden alles machen, um unsere Arbeit und Tätigkeit in der nächsten Saison wieder aufzunehmen. Es ist unser Ziel, es ist unsere Aufgabe, es ist unser Traum."

Und das war´s für heute. Aus dem Prager Studio verabschiedet sich von Ihnen Markéta Maurová.

Fotogalerie von Roztoky: klicken Sie hier.