Holesovice - das einstige Industrieviertel wandelt sich in einen attraktiven Stadtteil
Der Prager Stadtteil Holesovice, der im siebten Stadtbezirk liegt, wird von vielen Pragern immer noch für ein Industrie- und Arbeiterviertel gehalten, das Holesovice auch Jahrzehnte lang gewesen war. Dass diese Vorstellung über Holesovice aber nicht mehr gilt, kann man mancherorts in diesem Stadtteil schon heute sehen. Mehr dazu erfahren Sie im folgenden "Spaziergang durch Prag" von und mit Martina Schneibergova.
Das Stadtviertel Holesovice ist Bestandteil des siebten Prager Stadtbezirks, dessen Territorium aus der Vogelperspektive an eine Halbinsel erinnert. Seit den ältesten Zeiten wurde das Gebiet von Prag 7 besiedelt: Zuerst von Fischern, später von Landwirten, aber vorwiegend von Hirten. Es war eine Region, die zwar nicht weit entfernt lag von den historischen Prager Kernstädten - der Altstadt und der Neustadt, die in der Wirklichkeit aber nur schwer zugänglich war. Ähnlich wie im Falle der anderen einstigen Prager Vorstädte, wie Nusle, Vinohrady oder Smíchov, ist auch hier die erste Zeitetappe der modernen Geschichte mit dem Namen des Prager Unternehmers Baron Jakob Wimmer verbunden. Dank seiner Baumateriallieferungen für die k.u.k. Armee ist er reich geworden. Er kaufte die damaligen Prager Vorstädte allmählich auf und begann sie zu beleben. Baron Wimmer, dem viele Prager Stadtteile ein Stück ihrer Vergangenheit verdanken, ist auf dem Friedhof des Hl. Clemens in Holesovice bestattet.
Die Geschichte von Prag 7 als Stadt begann 1884, als die inzwischen zusammengewachsenen Stadtteile Holesovice und Bubny der Stadt Prag als ihr siebter Stadtbezirk angeschlossen wurden. 1891, als über die Durchführung der großen Industrieausstellung entschieden wurde, begann der große Bauboom. Damals wurde der Bau eines Ausstellungsgeländes beendet, das zu der Zeit zu den größten Einrichtungen dieser Art in Europa gehörte. Seitdem wird Prag 7 bzw. Holesovice stets mit Messen und Ausstellungen in Verbindung gebracht. Von den späteren ambitiösen Projekten zur geplanten Errichtung von mehreren Ausstellungsgebäuden wurde nur ein einziges erbaut - der sogenannte Messepalast, in dem heute die Sammlungen der modernen Kunst der Nationalgalerie untergebracht sind.Wenn man einen Prager danach fragen würde, was ihm einfalle, wenn man "Holesovice" sagt, würde er bestimmt folgendes nennen: Neben dem bereits erwähnten Ausstellungsgelände die große Markthalle und vor allem jene Industrieunternehmen, die traditionell zu diesem Stadtteil gehörten - die Bierbrauerei, die Mühlen von Holesovice oder die Glühbirnenfabrik Tesla Holesovice. Dieses Bild eines Industriestadtteils entspricht aber bei weitem nicht mehr der Realität, denn Holesovice wird allmählich in einen attraktiven Stadtteil verwandelt, wo nahe der Moldau sowohl neue Handels- und Büro-, als auch Wohngebäude entstehen. Nach den Veränderungen, die sich in Holesovice abspielen, fragte ich die Bürgermeisterin von Prag 7, Dr. Ivana Kucerová:
"Der untere Teil des Stadtbezirks, also Holesovice, wo sich früher vor allem Weiden erstreckten und Fischerbuden standen, wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts in eine Industriezone verwandelt. Hier wurden die ersten kleinen Fabriken erbaut, die es heutzutage aber nicht mehr gibt. Einige davon wurden in Bürogebäude, andere z. B. in Garagen umgebaut. Im oberen Teil des Stadtbezirks, in Letná, wohnten die Bürger, die in diese Unternehmen investierten. Dort wurden Schulen errichtet und dort entstand auch das erste Realgymnasium in Prag. Die Architektur von Letná war anspruchsvoller und schöner als die in Holesovice. Denn hier gab es verschiedene Betriebe - Mühlen, Bäckereien, Bierbrauereien... Von den großen Betrieben, die noch in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts für Holesovice typisch waren, ist praktisch nichts mehr geblieben. Allmählich werden im Zuge der Veränderungen in diesem Stadtteil hier nicht nur Büro- und Wohngebäude, sondern auch eine Art Erholungsgebiet für die Prager entstehen." Das so genannte "Lighthouse", das sich aus einem relativ niedrigen vierstöckigen Bürogebäude und einem aus zwei Türmen bestehenden höheren Objekt zusammen setzt, ist ein Projekt der Gesellschaft Lighthouse Vltava Waterfront Tower, eines von vielen inzwischen hier tätigen Unternehmen. Nach dem Verlauf der Verwandlung von Holesovice fragte ich Tamir Winterstein, den Generalmanager der Gesellschaft:"Diese Verwandlung hat meiner Meinung nach bereits begonnen. Große Gesellschaften - wie auch wir - begannen hier vor ungefähr drei Jahren zu investieren. Während der kommenden fünf Jahre werden wir unser Projekt im Hafen von Holesovice beenden. Was die Beweggründe anbelangt, so ist eindeutig, dass dieser Ort mit seiner Lage einzigartig ist. Wir wurden am Anfang danach gefragt, was für architektonische Elemente wir hier nutzen wollen. Ich antwortete damals, diese wurden bereits von der Natur selbst geschaffen - von der Moldau. Der untere Teil von Holesovice liegt nämlich auf einer Halbinsel, und dies ist sehr attraktiv."
Nach den Worten des Managers sei das Unternehmen bemüht, die hiesigen Einwohner darüber zu informieren, was hier geschieht. Er hält es für wichtig, dass die großen Unternehmen Verbindung zu den Stadtteilbewohnern halten. Die Öffentlichkeit zu informieren, dies gehört auch zu den Aufgaben des Rathauses. Bürgermeisterin Kucerova sagte dazu:
"Ich stelle mir vor, dass sich die Kommunikation mit der Öffentlichkeit noch verbessern wird. Wir konzentrieren uns darauf, dass wir uns als Stadtvertreter mit den einzelnen Projekten gut bekannt machen. In den Räumlichkeiten der alten Bierbrauerei wurde z. B. vor kurzem ein Treffen der Einwohner mit den Vertretern der Gesellschaft ING, die hier unternehmerisch tätig ist, organisiert. Es kamen Hunderte von Menschen. Es ist gut, wenn die Unternehmen die Meinungen der hiesigen Bürger hören. In einem Stadtviertel wie hier wird das Neue immer nur mit Misstrauen oder mit Vorbehalten akzeptiert. Aber wenn die Kommunikation gut vonstatten geht, werden sich die Menschen auch auf das Neue freuen, meine ich."
Ein trauriges Kapitel in der Geschichte des Stadtteils wurde 2002 geschrieben - denn Holesovice gehörte zu Stadtvierteln, die von der Hochwasserkatastrophe im August jenes Jahres am stärksten betroffen waren. Die Hochwasserfolgen sind bis auf den Park Stromovka (Baumgarten) jedoch nicht mehr zu sehen. Bürgermeisterin Kucerová meint:
"Der siebte Stadtbezirk wies die größte überschwemmte Prager Fläche auf, weil der Park Stromovka komplett überflutet war. Davon hat er sich bis heute noch nicht erholt. In Zusammenarbeit mit dem Prager Magistrat bemühen wir uns darum, den Park wieder zu beleben. Was die Schulen anbelangt, die vom Hochwasser betroffen waren, die sind alle seit September vergangenen Jahres wieder in Betrieb. Was die betroffenen Wohnungen anbelangt, diese werden allmählich rekonstruiert. Wir nutzten alle verfügbaren Mittel, um unseren Bürgern zu helfen, wobei wir nicht nur Objekte, die der Gemeinde gehören, finanziell unterstützten, sondern auch den Privatbesitzern der Häuser bei den Renovierungen halfen."
Damit sind wir fast am Ende des heutigen Spaziergangs durch Prag 7 angelangt, es bleibt uns nur noch die übliche Quizfrage zu stellen, für deren richtige Beantwortung Sie ein Souvenir aus Prag gewinnen können. Im Herbst dieses Jahres wird Holesovice ein Jubiläum feiern und falls Sie sich gemerkt haben, seit wie vielen Jahren Holesovice zu Prag gehört - denn damit hängt auch das erwähnte Jubiläum zusammen, dann können Sie es uns schreiben. Ihre Antworten richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2.