Huldigung an den Böhmerwald – Festival Šumava Litera
Am Sonntag ging in der Böhmerwald-Stadt Vimperk / Winterberg das Festival „Šumava Litera“ zu Ende.
Mit einer Fanfare wurden die Träger der Johann-Steinbrenner-Preise auf dem Podium begrüßt. Der Saal im Kulturzentrum der Stadt Vimperk platzte aus allen Nähten. Denn die Preisverleihung war der Höhepunkt des Festivals „Šumava Litera“, das vergangene Woche in der Böhmerwald-Stadt stattfand. 99 Bücher bewarben sich in den einzelnen Kategorien um die Festivalpreise. Das Ziel von „Šumava Litera“ ist es, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu unterstützen und der Öffentlichkeit Bücher zu Themen rund um Böhmerwald und Bayerischer Wald vorzustellen.
Auf das Podium wurden immer die Autoren der drei besten Bücher eingeladen. Und der Moderator des Festabends gab schließlich den Sieger bekannt – so auch im Fall der deutschsprachigen Bücher:
„In dieser Kategorie hat das Buch ,Die Mühle‘ von Rena Dumont gesiegt.“
War die Autorin, die auch Schauspielerin ist, überrascht davon, den Preis zu erhalten?
„Jain. Ich wurde vorher schon angerufen, und man hat mir nahegelegt, dass ich unbedingt vorbeikommen soll. Ich bin gerade jetzt bei Dreharbeiten und hätte hier eigentlich auch am Dienstag sein müssen – wegen des Films ,Hans in Pech‘. Ich kenne das aber aus der Filmbranche: Wenn die Veranstalter sehr wollen, dass man kommt, verrät das schon etwas. Ich habe also schon etwas ,gerochen‘. Aber es war auch überraschend, es ist wundervoll“,
so die Schriftstellerin nach der Preisverleihung gegenüber Radio Prag International.
Rena Dumont stammt aus dem mährischen Prostějov / Proßnitz. 1986 flüchtete sie mit ihrer Mutter in die Bundesrepublik Deutschland. Wie ist ihre Beziehung zum Böhmerwald?
„Ich habe in den 1990er Jahren einen Bauernhof gekauft. Damals habe ich als Schauspielerin gut gearbeitet und einfach Geld gehabt. Ich habe mir gar nichts über den Böhmerwald gedacht, ich stamme aus Mähren und kannte das Gebirge gar nicht. Als ich aber das Haus hatte und dort gelebt habe, gewann ich das so lieb. Ich liebe den Böhmerwald so sehr, die Natur dort ist wundervoll. Und die Menschen liebe ich auch. Ich liebe mein Dorf, in dem mein Haus steht. Sobald ich kann, fahre ich sofort wieder hierher und entspanne mich. Ich liebe diese Ruhe, diese Stille und auch das Raue des Böhmerwalds.“
In der Kategorie „Tschechische Belletristik und Poesie“ siegte Jiří Šesták mit seinem Buch „Divoká honba“ (zu Deutsch etwa „Die wilde Jagd“). Šesták ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Schauspieler und Politiker. Zehn Jahre lang leitete er das Südböhmische Theater, und er war Vizevorsitzender des tschechischen Senats. In seinem preisgekrönten Buch ist er seinen Worten zufolge in den Böhmerwald zurückgekehrt, wo er aufgewachsen ist:
„Ich war mir damals dessen bewusst, wie schön der Böhmerwald ist und welch dramatische und tragische Geschichten sozusagen unter dem Moos dort versteckt geblieben sind. Es geht um das Schicksal von Menschen, die dort viele Jahrhunderte lang gelebt haben und gezwungen waren, den Böhmerwald zu verlassen – sie wurden vertrieben. Diejenigen, die dort weitere 40 Jahre lang während des totalitären Regimes lebten, durften einen Großteil des Böhmerwalds nicht betreten. Ich habe das Buch geschrieben, um die Erinnerung wiederzubeleben und darauf aufmerksam zu machen, dass Kollektivschuld in einem liberal-demokratischen System nichts zu suchen hat. Ich möchte, dass das Buch, das von jungen Menschen erzählt, der heutigen Jugend die Geschichte näherbringt.“
Der deutsche Schriftsteller Ossi Heindl, der auch mit einem der Preise bedacht wurde, gehört schon traditionell zu den Teilnehmern des Festivals.
„Ich komme seit vielen Jahren nach Vimperk zu ,Šumava Litera‘. Einige Male habe ich hier auch schon Vorträge gehalten. Aber jetzt bin in zweierlei Funktion hier: zum einen als Schriftsteller – ich schreibe seit vielen Jahren Böhmerwald-Krimis. Und die zweite Funktion: Ich bin der erste Vorsitzende des Karel-Klostermann-Vereins. Und als solcher haben mich die Sachen zu interessieren, was Literatur anbelangt, und darum komme ich seit Jahren nach Vimperk zu ,Šumava Litera‘.“
Die Jury würdigte aber auch Bücher in weiteren Kategorien. Der Fotograf Martin Milfort gewann mit seinem Bildband „Fotografie – Motivy šumavské a pošumavské“ (zu Deutsch etwa „Fotografien – Motive aus dem Böhmerwald“) die Auszeichnung für künstlerische Bücher. Jiří Šindelář siegte mit dem Band „Rožmberská hrobka“ („Die Rosenberger Gruft“) in der Kategorie der populär-wissenschaftlichen Literatur. Den Preis für einen bedeutenden Beitrag zur Zusammenarbeit zwischen Tschechen, Deutschen und Österreichern erhielt Jindřich Mann für seinen Roman „Stříbrný kouzelník“ (auf deutsch „Der silberne Zauberer“).
Im Rahmen des neunten Festivals „Šumava Litera“ wurde am Samstag zudem eine kleine Buchmesse veranstaltet, bei der tschechische und deutsche Bücher mit Böhmerwald-Thematik angeboten wurden.
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