Illegale Hundezucht: Tschechien kämpft gegen das schmutzige Geschäft mit den Vierbeinern

Foto: Marcelo Luis Maria, CC BY-SA 3.0

Tschechen lieben Hunde, das lässt sich nicht übersehen. Fast jeder zweite Haushalt hat einen oder mehrere Vierbeiner. Bei manchen geht die Liebe sogar so weit, dass die Menschen mit ihren Hunden in einem Bett schlafen oder diese nach ihrem Tod auf einem Tierfriedhof beerdigen. Im Kontrast dazu steht, dass es hierzulande illegale sogenannte „Vermehrungsstellen“ gibt, in denen die Tiere unter furchtbaren Bedingungen gehalten werden. Jakub Šiška war dem Thema auf der Spur.

Foto: Tschechisches Fernsehen
Es seien Aufnahmen aus der nordmährischen Gemeinde Lískovec, so kündigt eine Fernsehmoderatorin an. Die Reportage zeigt dann eine Halle mit mehreren Dutzend Hunden dicht zusammengedrängt in Zwingern. Der Boden ist voller Kot. Es handelt sich um eine der illegalen Hundezuchtanlagen, die auf ganz Tschechien verteilt sind. Tierschützer haben die Zustände dort heimlich gefilmt. Dass sie ihre Aufnahmen ans Fernsehen weitergereicht hatten, liegt an der Untätigkeit des staatlichen Veterinäramtes. Die Zucht von Hunden ist nämlich in Tschechien nicht geregelt, und die Behörden verfügen in diesem Bereich nur über sehr eingeschränkte Kompetenzen. Daniel Cao vom Tierschutzverein Obraz:

Daniel Cao  (Foto: Archiv des Tierschutzvereins Obraz)
„Am Anfang aller nichtgeschnittenen Aufnahmen sieht man die GPS-Koordinaten und die Datumsangabe 15. Juli 2016. Gleich nach dem Erhalt dieser Aufnahmen haben wir dem staatlichen Veterinäramt juristisch stichfesten Unterlagen weiterreichen können. Die Veterinärbeamten sind auch tatsächlich an den betreffenden Ort gefahren, um eine unangemeldete Kontrolle durchzuführen. Die Besitzerin der Scheune war aber telefonisch nicht zu erreichen, deswegen baten sie die Polizei, ihnen den Zutritt auf das Privatgelände zu gewähren. Die Polizei lehnte dies jedoch ab mit der Begründung, dass die Aufnahmen nicht aktuell seien und von außen nichts Verdächtiges am Grundstück zu bemerken sei. Die Veterinärbeamten haben dann der Besitzerin einen Termin für eine Kontrolle genannt – und diese hatte natürlich genug Zeit, sich darauf vorzubereiten. Kein Wunder, dass bei der Kontrolle keine Verletzung des Tierschutzgesetzes festgestellt wurde. Denn die Hunde, die auf den Aufnahmen zu sehen sind, waren einfach weg.“

Kontrollen werden vorab angekündigt

Welpen eines Chihuahua  (Illustrationsfoto: Marcelo Luis Maria,  CC BY-SA 3.0)
Die Tierschützer halten in solchen Fällen vorab angemeldete Kontrollen für absurd. Sie reichten eine Beschwerde ein gegen das Vorgehen der Polizei. Diese müsse handeln, wenn sie bereits Hinweise auf mögliche Tierquälerei erhält, hieß es. Ob die Polizei im erwähnten Fall juristisch vorging, das wird noch überprüft.

Das größte Problem aber liegt darin, dass illegale Tierzuchtanlagen natürlich nirgendwo registriert sind. Sie befinden sich häufig in Scheunen oder verlassenen Bauernhöfen außerhalb der Wohngebiete. Die Tierschützer behaupten, dass in Tschechien mehrere hunderttausend Hunde in solchen Anlagen hausen. Die Tiere werden entweder über Zeitungsanzeigen in Tschechien verkauft oder ins Ausland exportiert. Laut Experten handelt es sich um den drittgrößten Schwarzmarkt nach denen für Drogen und Waffen. Für einen reinrassigen Welpen eines Yorkshire-Terriers oder eines Chihuahua sind Westeuropäer bereit, bis zu 450 Euro zu bezahlen. Der Kostenaufwand der Züchter und Händler liegt bei etwa einem Zehntel davon, sagen die Aktivisten. Verständlicherweise zahlt auch niemand Steuern. Das staatliche Veterinäramt soll eigentlich die Tierzucht kontrollieren. Behördendirektor Zbyněk Semerád wehrt sich aber gegen die Anschuldigungen, sein Amt vernachlässige seine Aufgaben.

Zbyněk Semerád  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Jedes Jahr werden etwa 1600 Kontrollen bei Hundezüchtern durchgeführt. Es handelt sich vor allem um registrierte Zuchtbetriebe, deren Eigner alle notwendigen Dokumente haben müssen. Bei nicht registrierten Tierhaltungen wird jedem Hinweis seitens der Öffentlichkeit oder von Tierschützern nachgegangen. Nur selten aber gehen relevante Hinweise auf illegale Zuchtstellen ein – also solche, in denen die Tiere wohl leiden. Ich habe beispielsweise mehrmals gehört, dass illegal 85.000 Hunde aus Tschechien nach Spanien exportiert worden seien, angeblich per Flugzeug. Falls das die Wahrheit ist, müsste doch jemand diese Hunde irgendwo gesehen haben, irgendwie müssen sie ja transportiert und vor Ort verkauft worden sein. Wir haben aber keine konkreten Informationen. Ich habe auch keinen Hinweis von unseren spanischen Kollegen bekommen.“

Hoffnung durch neue Regeln

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
In Tschechien können Hunde frei gehalten werden, man muss nur die Zahl der Hunde beim Gemeindeamt anmelden und für jedes Tier eine sogenannte „Kotgebühr“ entrichten. Macht man dies nicht, folgt aber selten eine Strafe. Dies soll sich bald ändern. Nach mehrfachen Medienberichten über die schwarzen Zuchtstellen hat die tschechische Regierung eine entsprechende Gesetznovelle verabschiedet.

„Die vorgeschlagene Novelle des Veterinärgesetzes legt fest, dass jeder, der mehr als fünf Hündinnen länger als zwölf Monate lang züchtet, dies bei uns anmelden muss. Jedes Tier wird dann registriert, so wie es zum Beispiel bei Nutztieren üblich ist. Wir können dann kontrollieren, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten werden. Wenn der Züchter die Anmeldepflicht nicht erfüllt, dann sind wir berechtigt, ihn zu bestrafen.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Diese neuen Regeln unterstützt angeblich eine große Mehrheit der Abgeordneten, die Gesetzesnovelle sollte also problemlos durchs Parlament kommen. Die Tierschützer halten aber eine bloße Anmeldepflicht nicht für ausreichend. Daniel Cao:

„Wir begrüßen, dass sich die Politiker endlich für das Problem der illegalen Zuchtstellen interessieren. Zugleich können wir aber nicht den Worten von Landwirtschaftsminister Marian Jurečka zustimmen, dass auf diese Weise das illegale Geschäft mit den Hunden und die damit verbundene Tierquälerei verhindert wird. Die Registrierungspflicht ist natürlich wichtig, dies sollte aber nur der Anfang sein. Wir fordern, Regeln für Zuchtbetriebe zu erlassen und den zuständigen Behörden eine effektive Kontrolle zu ermöglichen. Eben die Regeln für Hundezüchter sind unserer Meinung nach mangelhaft.“

Widerstand der legalen Hundezüchter

Foto: Manfred Heyde,  CC BY-SA 3.0
Solche Regeln zu erstellen, sei aber nicht einfach, warnen einige Experten. In einem Land wie Tschechien, in dem die Hundehaltung so sehr verbreitet ist, müsse man mit Widerstand rechnen. Je nachdem können Regeln für die Hundezucht auch kontraproduktiv sein, meint Zbyněk Semerád.

„Hält jemand beispielsweise seine Hunde im Garten in einem Zwinger, muss das nicht ein Problem sein, besonders wenn die Tiere oft ausgeführt werden. Wenn man aber gesetzlich festlegt, dass ein Zwinger eine bestimmte Größe haben muss, dann könnten Züchter gezwungen sein, Umbaumaßnahmen durchzuführen, auch wenn dies aus der Sicht des Tierwohls unnötig ist. Darüber sollte man sich im Klaren sein. Sicher müsste auch eine Übergangsfrist eingeräumt werden, damit alle Züchter den neuen Anforderungen nachkommen können. Wahrscheinlich werden die illegalen Hundezüchter aber versuchen, weiter illegal zu bleiben. Ich sage dies also offen: Die Regeln können nicht selektiv nur für problematische Züchter gelten.“

Foto: Archiv EITAL
Ob gesetzliche Regeln für die Hundehaltung eingeführt werden, ist weiter unklar. Das Landwirtschaftsministerium hat ein entsprechendes Konzept bereits erstellt. Zunächst aber soll darüber öffentlich diskutiert werden. Die Ministeriellen möchten auch abwarten, ob die Registrierungspflicht in der Praxis Wirkung zeigt – das heißt, ob sich das Problem der illegalen Zuchtstellen verringert. Auch das Veterinäramt ist bereit mitzumachen. Es hat die Öffentlichkeit aufgefordert, jeglichen Verdacht auf eine sogenannte illegale „Vermehrungsstelle“ zu melden. Die Ergebnisse der nachfolgenden Kontrollen sollen auf der Behörden-Webseite präsentiert werden. Dort lässt sich bereits ein erster Fall einsehen: Vor kurzem wurden einem Züchter am Rande von Prag insgesamt 13 verwahrloste Hunde weggenommen und in ein Tierheim gebracht. Dem Züchter droht wegen Tierquälerei nun ein Jahr Haft.