Internationaler Tag des Ehrenamtes: Corona-Krise erhöht Bedarf an freiwilligen Helfern in Tschechien

Am Sonntag war der Internationale Tag des Ehrenamtes. Auch in Tschechien engagieren sich Jahr für Jahr zehntausende Freiwillige in den unterschiedlichsten Bereichen. Gebraucht werden sie derzeit vor allem bei der Bewältigung der Corona-Pandemie.

Illustrationsfoto: Tomáš Kremr,  Tschechischer Rundfunk

Sieben Milliarden Kronen (280 Millionen Euro) – so hoch wäre die Vergütung für die Arbeit, die ehrenamtliche Helferinnen und Helfer alljährlich in Tschechien leisten. Analysen des tschechischen Statistikamtes zeigen weiter, dass sich die meisten Menschen in zivilgesellschaftlichen Vereinigungen engagieren. Vor allem NGOs, die humanitäre Hilfe leisten, sind auf unentgeltliche Arbeit angewiesen. Der tschechische Ableger der Organisation Adra hat etwa 3000 aktive Unterstützer. In diesem Jahr habe es für ihren Einsatz zwei deutliche Schwerpunkte gegeben, berichtete Adra-Sprecherin Karolína Emanuelová in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Tausende unserer Ehrenamtlichen haben bei den Aufräumarbeiten nach dem Tornado im Juni geholfen. Und schon davor waren sie in der Corona-Krise engagiert. Als die Lage in den Krankenhäusern sehr kritisch war, haben unsere Helfer das überlastete Personal unterstützt. In diesem Jahr hat sich also alles auf diese beiden Ereignisse konzentriert.“

Marek Jukl | Foto:  ČT24

Das tschechische Rote Kreuz konnte in diesem Jahr insgesamt 13.600 Helfer zur Bewältigung der Corona-Krise einsetzen. Im Frühjahr wurden ganze Teams an Ehrenamtlichen in die Kliniken geschickt, nicht selten absolvierten sie über mehrere Tage Schichten von jeweils zwölf Stunden. Vor allem in den Krankenhäusern des Landes bestehe wegen der vierten Corona-Welle aktuell wieder eine große Nachfrage nach freiwilligen Helfern, sagt der Präsident des tschechischen Roten Kreuzes, Marek Jukl:

„Die medizinischen Einrichtungen teilen uns ihren Bedarf mit, den wir dann an unsere Ehrenamtlichen weiterleiten. Wer Kapazitäten hat, schreibt sich für die Schichten ein. So koordinieren wir derzeit die Hilfe für 18 Krankenhäuser und Pflegeheime.“

Illustrationsfoto: Lucie Fürstová,  Tschechischer Rundfunk

Auch bei den Freizeitangeboten für Kinder sind freiwillige Helfer unentbehrlich. Der tschechische Kinder- und Jugendrat hat genauer untersucht, welchen Beitrag Ehrenamtliche für den von ihm vertretenen Bereich leisten. Zwei Jahre lang wurden 2880 Personen zu ihrem Engagement in Sachen koordinierter Freizeitaktivitäten sowie Umweltschutz befragt. Den einzelnen Tätigkeiten wurde der entsprechende Medianlohn in Tschechien zugeordnet. Der Ratsvorsitzende Aleš Sedlák präsentierte am Montagmorgen die Ergebnisse der Studie:

„Ein Ehrenamtlicher im Bereich Kinder- und Jugendarbeit arbeitet jährlich im Schnitt 325 Stunden. Der Wert dieser Arbeit beläuft sich für das Jahr 2021 auf 1,5 Milliarden Kronen. Dieses Geld sparen die Einrichtungen also ein. Das heißt, in dieser Höhe profitiert die tschechische Wirtschaft vom Ehrenamt in diesem Bereich.“

Illustrationsfoto: Vlasta Gajdošíková,  Tschechischer Rundfunk

1,5 Milliarden Kronen sind umgerechnet 59 Millionen Euro. Die Unterstützer unterteilen sich laut Jukl hauptsächlich in jene, denen die Arbeit einfach Spaß mache, und andere, die sich aus einem tiefen Verantwortungsgefühl heraus engagierten. Die meisten von ihnen seien mit den betreffenden Organisationen schon früh selbst in Kontakt gekommen:

„Dies ist ein Spezifikum der Kinder- und Jugendarbeit. Viele betreute Kinder werden später selbst Ehrenamtliche, oft schon mit 15 Jahren. Der größte Boom setzt dann während des Studiums im Alter zwischen 20 und 25 Jahren ein. Ungefähr die Hälfte bleibt uns aber auch im Erwachsenenalter erhalten. Viele unserer Gruppenleiter haben heute schon eine eigene Familie.“

Illustrationsfoto: Vojtěch Koval,  Tschechischer Rundfunk

Ohne eine professionelle Begleitung sei ein dauerhafter Einsatz meist aber nicht möglich, so Jukl:

„Häufig herrscht die Vorstellung von einem Ehrenamtlichen als nie versiegendem Brunnen, aus dem man nur zu schöpfen braucht. Dies stimmt natürlich nicht. Die Helfer brauchen Kontakt zu anderen Ehrenamtlichen, um Informationen auszutauschen und Probleme zu besprechen. Dies kann einen frühzeitigen Burn-out verhindern, erfordert aber psychologische Unterstützung. Gut ist, jemanden mit den gleichen Erfahrungen an der Seite zu haben, also einen Mentor oder Supervisor.“

Der Internationale Tag des Ehrenamtes wurde 1985 von den Vereinten Nationen ausgerufen. In Tschechien kofinanziert das Innenministerium ein EU-Programm zur besseren Unterstützung freiwilliger Arbeit und der Bildung von Ehrenamtszentren. Im Zeitraum 2016 bis 2022 werden dafür hierzulande insgesamt 24 Millionen Kronen (950.000 Euro) investiert.

Illustrationsfoto: Tomáš Vodňanský,  Tschechischer Rundfunk