Investitionsplan mit Lücken
Die tschechische Regierung hat einen Plan vorgelegt, welche Investitionen hierzulande bis 2050 getätigt werden sollten. Die Projekte sind dabei einzeln aufgelistet. Doch nicht nur die Opposition, sondern auch Wirtschaftswissenschaftler sehen teils deutliche Lücken bei den Themen. Außerdem ist die Finanzierung der Projekte nicht geklärt. Die Gesamtsumme soll bei acht Billionen Kronen (320 Milliarden Euro) liegen.
„Das heißt, er dient unter anderem den Ministern, Kreishauptleuten und Bürgermeistern. Ich gehe auch davon aus, dass die Kabinettsmitglieder bei den Verhandlungen über den nächsten Staatshaushalt diese Investitionen durchsetzen werden und somit die Finanzierung der Projekte erreichen.“
Außerdem schaut Babiš nach Brüssel. Die Liste der Investitionen könnte seiner Ansicht nach als Grundlage dafür dienen, mit der Europäischen Kommission über Fördergelder aus dem nächsten EU-Finanzrahmen zu verhandeln.Doch woher kommt das Geld für die Projekte? Gerade das ist einer der Hauptkritikpunkte der Opposition.
„Es wäre gut, wenn wir einen echten Plan hätten. Das Papier der Regierung ist aber nur ein Wunschzettel oder ein Traumgebilde. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Von einem Plan erwarte ich, dass er klar sagt, was gebaut und wie es finanziert wird“, so Petr Fiala, Vorsitzender der liberal-konservativen Bürgerdemokraten.
Ähnlich äußerten sich auch einige Wirtschaftsexperten wie zum Beispiel Pavel Sobíšek von der UniCredit Bank.Die Sozialdemokraten als Juniorpartner von Babišs Partei Ano stehen eigentlich hinter der Projekteliste. Zugleich bekannte ihr Chef und Vizepremier Jan Hamáček, dass man sich erst am Anfang eines Prozesses befinde:
„Wir müssen nun innerhalb des Kabinetts und zusammen mit weiteren Akteuren eine Diskussion darüber führen, welche Prioritäten gesteckt werden sollen, wie jeweils der Zeithorizont ist und natürlich auch, woher die Gelder kommen können. Das sind die Phasen zwei und drei. Den ersten Schritt haben wir hingegen gemacht und definiert, woran es hierzulande fehlt. Für die sozialdemokratisch geleiteten Ministerien kann ich sagen, dass wir wirklich die Schlüsselinvestitionen ausgewählt haben.“
Gegenüber der Auswahl gibt es jedoch deutliche Vorbehalte. Bei der Bürgermeisterpartei Stan vermisst man zum Beispiel den Blick über den tschechischen Tellerrand hinaus.„Die europäische Ebene hat keine Relevanz. So lanciert die aktuelle Kommission etwa das neue Klimapaket, das sehr hohe Investitionen fordert in CO2-arme Technologien. Das greift dieses Papier überhaupt nicht auf“, sagt Stanislav Polčák, stellvertretender Vorsitzender von Stan.
Der Wirtschaftsanalytiker Štěpán Křeček hält den Plan prinzipiell für wichtig und richtig. Denn Tschechien habe viele Probleme, zugleich sei das Land nur gering verschuldet, so der leitende Ökonom der Investmentgesellschaft BH Securities. Gegenüber Radio Prag International führte Křeček seine Argumente aus:
„Wir sollten die Extremlage mit sehr niedrigen Zinsen nutzen und durch Staatsanleihen die Gelder für die dringendsten Investitionen bereitstellen. Hier in Tschechien brauchen wir einen starken Wachstumsimpuls, der unsere Konjunktur antreibt und uns nach 30 Jahren endlich ermöglicht, den europäischen Durchschnitt zu erreichen. Das war ja schließlich eines der Hauptziele der Samtenen Revolution, an deren 30. Jahrestag wir vor kurzem erinnert haben.“Allerdings fehlt Štěpán Křeček in der langen Liste der Investitionsvorhaben ein wichtiges Feld:
„Hier in Tschechien haben wir extreme Probleme mit dem Wohnraum. Denn die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. Der Nationale Investitionsplan berücksichtigt dies nicht ausreichend. Meinen Vorstellungen nach sollte der tschechische Staat mehr in den Bau von Wohnungen investieren, damit junge Familien mit Kindern Unterkünfte zu vernünftigen Preisen finden.“
Weitere Wirtschaftsfachleute weisen darauf hin, dass in dem Plan auch die Modernisierung bestimmter Straßen aufgeführt ist. Streng genommen seien dies aber keine Investitionsvorhaben, sondern gängige Instandhaltungsmaßnahmen, so die Kritik.