Investorschutz vor Denkmalschutz? Prager demonstrieren gegen Haus-Abriss

Foto: ČTK

Das Haus Nr. 1601, das an der Ecke des Wenzelsplatzes und der Opletalova-Straße steht, haben wir Ihnen in unseren Sendungen vor kurzem schon vorgestellt. Für Schlagzeilen sorgt das Gebäude, seitdem Kulturminister Jiří Besser vor etwa zehn Tagen über seinen Abriss entschied. Für die Rettung des historischen Hauses haben einige Hundert Menschen am Dienstagabend auf dem Prager Wenzelsplatz demonstriert.

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„Schande“, riefen die vorwiegend jüngeren Demonstranten und pfiffen den abwesenden Kulturminister aus, als Kateřina Bečková von der Bürgerinitiative „Klub für das alte Prag“ den Fall des Hauses Nr. 1601 schilderte. Das Gebäude aus dem Jahr 1880 befindet sich im unter Denkmalschutz stehenden Stadtzentrum. Bečková kritisierte die Abriss-Entscheidung des Kulturministers, der die Meinung der Denkmalschutzexperten ignorierte:

„Das Argument, dass das Haus einer Investition im Weg steht, halte ich für Spekulation und Einschüchterung. Ein Minister, der vor einem Investor zurückweicht, halte ich für wenig kompetent, um das Kulturressort zu leiten.“

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Auch Richard Biegel – ebenso vom „Klub für das alte Prag“ - sieht in der Entscheidung des Ministers eine große Gefahr für weitere Häuser in der Denkmalschutzzone.

„Diese Situation ist unserer Meinung nach alarmierend. Es handelt sich um einen Präzedenzfall nicht nur, was die Denkmalschutzzone anbelangt, sondern auch, was die Autorität des Denkmalschutzamtes betrifft.“

Auf umstrittene Fälle in der Stadtplanung, gefährdete Kulturräume oder Grünflächen in der tschechischen Hauptstadt macht das Projekt „Praguewatch“ aufmerksam, an dem vor allem Studenten beteiligt sind. Sie arbeiten mit Architekten, Soziologen und Stadtplanern zusammen. Auch die Initiative „Praguewatch“ unterstützt die Proteste gegen den geplanten Abriss des Hauses Nr. 1601. Der Sozialanthropologe Martin Veselý vom „Praguewatch“ erinnerte daran, dass die Demonstration nicht nur wegen dieses Hauses veranstaltet wird:

Opletalova-Straße  (Foto: ČTK)
„Wir sind hier zusammenkommen, weil wir mit der Stadtplanungspolitik der Hauptstadt Prag unzufrieden sind. Die Kommunalpolitiker ordnen die Interessen der Stadt den Interessen der Bauinvestoren unter und ignorieren sowohl die Gutachten von Denkmalschutzexperten als auch die Meinung der Bürgerinitiativen und der Stadtbewohner.“

Veselý zufolge erfüllen die Stadtorgane nicht ihre Funktion, denn sie verteidigen nicht das öffentliche Interesse.

Ihren Protest gegen den Abriss des Gebäudes in der Prager Denkmalschutzzone brachten auf der Demonstration auch einige anerkannte Persönlichkeiten zum Ausdruck, darunter der Dekan der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität, Michal Stehlík, der Leiter des tschechischen Ausschusses des Internationalen Rats für Denkmalpflege (ICOMOS), Josef Štulc, oder Architekt Ladislav Lábus. Die Petition gegen den Abriss des Hauses Nr. 1601 haben seit Dienstag mehr als 10.000 Menschen unterzeichnet.