Joža Uprka: Europäer vom mährischen Land (1861-1940)
Bunte Trachten und Folklorefeste: Das verbinden die Menschen in Tschechien mit dem Namen Joža Uprka. Das Lebensthema des mährischen Malers und Graphikers war seine Heimatregion – die Mährische Slowakei, ihre Bewohner, ihr Alltag, aber auch ihre Feste und Feiern.
„Uprka lässt sich als sehr guter Kollorist und hervorragender Zeichner charakterisieren. Er hat als Maler es geschafft, die Atmosphäre seiner Heimatregion, der Mährischen Slowakei, auf einzigartige Weise zu erfassen. Er kannte diese Region sehr gut, er liebte sie, und dies alles kann man in seinen Gemälden auch lesen. Das alltägliche Leben, die Feste, die religiösen Motive – bei allen Themen griff er auf eigene Erfahrung zurück. Wie Aussagen der Zeitgenossen beweisen, hat Uprka zum Beispiel Schnitter gemalt, danach selbst die Sense in die Hand genommen und zusammen mit ihnen die Wiese gemäht. Diese Verknüpfung mit den Subjekten und Objekten seiner Bilder ist spürbar, und die Authentizität seiner Bilder ist sehr beeindruckend.“ Uprka hat das ganze Leben lang seine Heimatregion dargestellt. Die Mährische Slowakei hat übrigens mehr als alle anderen Regionen des Landes Künstler inspiriert. Die dortige Volkskultur und Authentizität wurden nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch in der Architektur und besonders in der Musik aufgegriffen. Zum Beispiel im Rekrutenlied von Strážnice vermittelt Ihnen das „Brünner Orchester der Volksinstrumente“ unter der Leitung von Bohumil Smejkal die Atmosphäre der Mährischen Slowakei, mit ihren Liedern, Tänzen, Trachten und Festen.Mit welchem Anliegen hat eigentlich Joža Uprka die Mährische Slowakei gemalt? Wollte er den Alltag und die Folklore dokumentieren, oder ging es um einen Versuch, diese auf eine neue Weise künstlerisch darzustellen?
„Dies unterscheidet sich in einzelnen Lebensphasen. Nach dem Studium, ab 1890, konzentrierte er sich auf die künstlerische Ebene. Er strebte danach, seine Gedanken über das Gemälde als Medium, über Farben, über das Kolorit im Werk zum Ausdruck zu bringen. Andererseits stürzte er sich nach dem Ersten Weltkrieg, als die Mährische Slowakei, wie er sie früher kannte, allmählich verschwand, intensiv in eine aus heutiger Sicht mehr beschreibende Aufnahme der Trachten, die von Ethnologen sehr geschätzt wird. Beide Interpreten haben also Recht: sowohl derjenige, der sagt, dass es sich um Beschreibung der Trachten handelt, als auch derjenige, der darin ungeheuer schöne und atmosphärische Bilder sieht.“
Auf großformatigen Bildern stellt Uprka den Alltag, die Menschen bei der Arbeit, aber auch Kirchen- und Volksfeste dar. Wie sind eigentlich die Gemälde mit den vielen Figuren und Gruppenbildern entstanden?„Er nutzte alle vorstellbaren Weisen. Er reiste mit einem tragbaren Maleratelier, das einfach ein großer Kasten war, durch Dörfer und zeichnete, was er sah. Gleichzeitig besuchten ihn seine Bekannten, zogen Festtrachten an und standen ihm Modell. Es ist schließlich nicht möglich, eine prächtige Festtracht in wenigen Sekunden zu zeichnen. Wir haben in seinem Nachlass aber auch einige Fotografien der Trachten und Trachtenfeste gefunden. Daher wissen wir, dass er auch ziemlich progressiv war und Fotografien als Vorlagen eingesetzt hat.“
Uprka wurde 1861 in der Mährischen Slowakei geboren. Obwohl sein Vater ein Bauer war, zeigte er Verständnis für die Begabung seines Sohns und ermöglichte ihm das Kunststudium an den Akademien in Prag und später in München. Gleich nach dem Studium zog sich Uprka in seine Heimatregion zurück, die er kreuz und quer durchstreifte, wobei er intensiv zeichnete und malte. Vom Anfang an war für ihn die Darstellung der dortigen Trachten von großer Bedeutung. Er suchte aber auch seinen eigenen Stil. Ähnlich wie die Impressionisten arbeitete er mit dem Licht und fragte nach der Wirkung farbiger Tupfer in der Malerei. Eine helle Farbenpalette und die Tupftechnik sind in der zweiten Hälfte der 1890er Jahre Uprkas prägendes Ausdrucksmittel geworden. Unter anderem auch unter dem Eindruck eines viermonatigen Aufenthalts in Paris:„Die Reise nach Paris war ein Schlüsselerlebnis: Er stellte dort fest, dass er aktuell ist, dass es Ähnlichkeiten zwischen ihm und der dortigen Kunst gibt, obwohl er in Böhmen nicht angenommen wurde. Das heißt, er stellte fest, dass es sinnvoll ist, diesen Weg weiter zu gehen. Nachdem er Anerkennung in Paris gefunden hatte – er wurde beim Pariser Künstlersalon ausgezeichnet und erntete begeisterte Kritiken in Paris - öffnete sich der Weg auch zur Anerkennung und Wertschätzung in seiner Heimat.“Uprka wurde dann ein erfolgreicher Maler, der schon zu Lebzeiten seine Bilder ausstellen und auch gut verkaufen konnte:
„Sein ganzes Leben lang machte er Ausstellungen. Er war bei Sammelausstellungen vertreten, hat aber auch eine Reihe von eigenen Werkschauen veranstaltet, sei es in Prag, Brünn, Hodonín oder Wien. Auf dem Gipfel seines Schaffens in den ersten 20 Jahren des 20. Jahrhunderts lief auch der Verkauf gut. Für eins der Gemälde erhielt er 100.000 damalige Kronen und konnte ein Schloss in Klobušice in der Slowakei kaufen. Dort zog er später auch hin.“
Uprka hat sich zeitlebens nicht sonderlich dafür interessiert, was seine Kollegen in Prag trieben. Doch in Mähren war seine Stellung unerschütterlich. Nicht nur, dass er dort lebte, sondern es kamen auch zahlreiche Freunde und andere Künstler, um ihn dort zu besuchten. Legendär geworden ist der Besuch des französischen Bildhauers Auguste Rodin bei Uprka im Jahr 1902:„In Mähren war er ein Guru, eine Ikone und ein großes Vorbild für die mährischen Maler. Man spricht sogar von einer Uprka-Schule. Die Maler dieser Schule malten ähnliche Motive und ließen sich von Uprkas Schaffen inspirieren. Uprka beteiligte sich auch sehr aktiv an der Organisation des künstlerischen Lebens in Mähren und in der Mährischen Slowakei. Seine Rolle in Mähren war sehr bedeutend, er war dort eine der wichtigsten (künstlerischen) Persönlichkeiten.“
Anlässlich des 150. Geburtstags von Joža Uprka am 26. Oktober 2011 hat die Nationalgalerie eine umfassende Ausstellung in der Waldstein-Reithalle vorbereitet. Ihre Kuratorin Helena Musilová:„Wir haben uns gesagt, dass es keinen Sinn hat, die Ausstellung chronologisch zu gestalten. Wir haben einige grundlegende Themen gefunden, die sich wie ein roter Faden durch sein ganzes Schaffen ziehen. Wir wollen ihn also eher auf Grund dieser Themen präsentieren. Den Schlüssel zur Struktur der Ausstellung hat Uprka selbst geboten, als er bei der Ausschmückung der Lünetten in der Mädchenschule Vesna in Brünn gesagt hat, Arbeit, Freude und Frömmigkeit seien für ihn das Wesentliche. Arbeit, Religion und Feste sind somit auch Grundlage unserer Ausstellung. Dazu haben wir noch ein großes Kapitel farbige Tupftechnik hinzugefügt, die für Uprkas künstlerischen Ausdruck kennzeichnend ist. Ein weiteres Kapitel stellt Trachten dar, denen er sich intensiv gewidmet hat. Und dann noch das Früh- und das Spätwerk, die ein bisschen abseits stehen, am Anfang geht es um die Suche und am Ende um eine Zusammenfassung dessen, was er sein ganzes Leben lang gemacht hat.“
Die Ausstellung hat den Untertitel „Joža Uprka – ein Europäer vom mährischen Land“. Was wollten die Autoren damit zum Ausdruck bringen?„Im Grunde zwei Sachen. Zum einen, dass sein Werk mit dem Schaffen vergleichbar ist, das zu seiner Zeit in anderen Teilen Europas entstanden ist. Es wäre keine Schande, wenn Uprkas Bilder neben denen seiner Zeitgenossen etwa im Louvre aufgehängt würden. Zum Beispiel sein Gemälde ´Úvodnice z Velké´ gehört in seinem Stil und Thema zum Besten, was Europa damals zu bieten hatte. Der zweite Aspekt, die alleinige Konzentration auf seine Heimatregion, lässt sich schwieriger erklären: Obwohl er sich aufs Land und in die Peripherie zurückzog, war er nicht zwangsläufig abgeschnitten, und sein Schaffen kann durchaus europäisch sein und eine Schlüsselfunktion haben. Auch wenn man erst nachträglich zu dieser Ansicht gekommen ist.“