Keine Angst vorm Wolf: Raubtiere werden wieder in Tschechien heimisch

Große Raubtiere sind in die tschechischen Mittelgebirge zurückgekehrt. Vor allem in den Beskiden und im Böhmerwald sind Bär, Wolf und Luchs erneut heimisch geworden, nachdem sie zuvor in den hiesigen Breiten als ausgestorben galten. Die Umweltorganisation Hnutí Duha (Bewegung Regenbogen) hat nun ein neues Projekt zum Schutz dieser Raubtiere aufgelegt. Fachmann für diese Tiere bei Hnutí Duha ist Miroslav Kutal, der in der vergangenen Woche in den Beskiden im Terrain war. Till Janzer hat ihn über die Ergebnisse und das neue Projekt befragt.

Foto: Archiv Radio Prag

Herr Kutal, Sie haben die Lage in den Beskiden, dem Grenzgebirge zur Slowakei erkundet. Wie ist es um die großen Raubtiere dort bestellt?

„In den Beskiden ist die Lage stabilisiert. Zwei Rudel Wölfe sind dort anzutreffen, rund 15 Luchse und einige wenige Bären. Auch in den Jahren zuvor hatten wir bereits Zeichen dafür, dass es dort erneut diese großen Raubtiere gibt.“

Warum sind die Tiere denn gerade in den letzten Jahren zurückgekehrt und wie sind Ihrer Meinung nach die Zukunftsaussichten in Tschechien?

„Die Rückkehr startete vor allem bei den Wölfen gegen Ende der 90er Jahre. Das hängt mit der steigenden Zahl der Raubtiere in der Slowakei zusammen, denn in den Beskiden sind sie von dort zu uns gekommen. Es scheint, als ob sie bei uns geeignete Bedingungen finden. Wir hoffen, dass sich ihr Bestand in den nächsten Jahren halten kann und sie sich vielleicht in weitere Gebiete ausdehnen. Es besteht aber die Gefahr, dass sich die Lage eher verschlechtert. Wir haben nun unser neues Projekt gestartet, um sie vor negativen Einflüssen zu schützen.“

Zu den Hauptgefahren für den Raubtierbestand in Tschechien gehört sicher der Straßenbau…

„Ja, der Bau von Autobahnen und Schnellstraßen in den Wanderungsgebieten der Raubtiere ist das eine Problem und das andere ist, dass sie zunehmend Opfer von Wilderern werden.“

Der heutige Mensch ist ja an große Raubtiere in freier Wildbahn nicht mehr gewöhnt, da bestehen viele Ängste. Was entgegnen Sie als Fachmann dem?

„Darauf ist gerade der zweite Teil unseres Projektes ausgerichtet. Wir veranstalten Diskussionsrunden, geben Informationsmaterial heraus und wollen mit Anwohnern der Gebiete und Touristen darüber reden, dass die großen Raubtiere meist keine Gefahr für den Menschen darstellen. Das betrifft vor allem Wolf und Luchs, das sind sehr scheue und nachtaktive Tiere. Das heißt, Menschen kommen selten mit ihnen in Kontakt. Bei den Bären kann es zu Konflikten kommen, falls ein paar Grundregeln nicht eingehalten werden. Wir empfehlen, dass Leute in den von Bären besiedelten Gegenden der Naturschutzgebiete die Wege nicht verlassen.“

Müssen aber nicht Landwirte in den Gegenden Angst haben, dass irgendwann ihre Tiere Opfer werden?

„Das ist natürlich ein Problem gerade für Landwirte, die Schafe haben. Aber die Angriffe lassen sich mit einem ausgebildeten Schäferhund oder einem Elektrozaun verhindern. Wir werden den Landwirten ab kommenden Jahr die Möglichkeit geben, Elektrozäune zu leihen, und geben ihnen eine Broschüre in die Hand, wie man einen Schäferhund richtig ausbildet.“

Autor: Till Janzer
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