In Kiew und in Prag wurde der Toten vom Maidan gedacht

Foto: Martina Schneibergová

Am Sonntag wurde an mehreren Orten der Ukraine, aber auch in Prag der Toten vom Maidan gedacht. Seit dem brutalen Vorgehen gegen die Protestierenden in Kiew ist ein Jahr vergangen. Aus diesem Anlass wurde in der ukrainischen Hauptstadt ein „Marsch der Würde“ veranstaltet, an dem Delegationen aus 20 Ländern teilnahmen.

Kiew  (Foto: ČTK)
Am „Marsch der Würde“ in Kiew nahmen unter anderem der EU-Ratsvorsitzende Donald Tusk und der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck teil. Die Tschechische Republik war durch Außenminister Lubomír Zaorálek vertreten. Zum Krieg im Osten der Ukraine sagte er nach der Gedenkveranstaltung:

„Dies ist die die größte Herausforderung für die EU seit ihrem Bestehen. Wir haben kein schwierigeres Problem zu lösen, als eben dieses. Die Tschechische Republik unterstützt nicht die Meinung, dass Waffen an die Ukraine geliefert werden sollen. Wir bemühen uns um den Waffenstillstand.“

Auch in Prag wurde der Toten vom Maidan gedacht. Am Denkmal des heiligen Wenzel auf dem Wenzelsplatz versammelten sich über 200 Menschen. Sie bildeten einen Kreis, hielten entsprechend der Zahl der Opfer vom Maidan insgesamt 107 Holzkreuze in den Händen und zündeten Kerzen an. Sie sangen Lieder und beteten für den Frieden in der Ukraine – auf Ukrainisch und auf Tschechisch. Es wird geschätzt, dass in Tschechien bis 120.000 Ukrainer leben. Eine der Ukrainerinnen wandte sich an die Versammelten:

Foto: Martina Schneibergová
„Auf jedem der 107 Kreuze steht ein Name, jeder von den Toten hatte eine Familie. Einer von ihnen war nur 16 Jahre alt. Sie starben, weil sie wollten, dass die Ukraine frei wird.“

Unter den Rednern war der Europaabgeordnete und Publizist Jaromír Štětina. Er erinnerte sich an seine Erlebnisse vom Maidan vor einem Jahr:

„Vor meinen Augen starben dort einige Jungen. Ich kannte ihre Namen nicht. Ein ekelhaftes Morden hat sich dort damals abgespielt. Zehn Tage später hat die obere Kammer des russischen Parlaments Putin per Gesetz erlaubt, in die Ukraine einzumarschieren.“

Jaromír Štětina war früher als Reporter oft in den Krisenregionen Osteuropas unterwegs. Er kennt die Lage in der Ukraine sowie in Russland aus eigener Anschauung. Die Ukrainer verteidigen sich seinen Worten zufolge sehr tapfer. Er habe begriffen, dass ihr Hauptwunsch nicht der EU-Betritt sei, sagt er:

„Sie wünschen sich vor allem, nicht wieder unter das Joch der neu entstehenden Sowjetunion zu geraten, die den Arbeitsnamen Euro-Asiatische Union hat. Die Ukrainer wollen nicht dazu gehören, weil sie schlimme historische Erfahrungen haben: die Hungersnot in den 1930er Jahren, die Gulags und die Deportationen der ukrainischen Bevölkerung. Der Aufstand, der auf dem Maidan begann und jetzt mit dem Krieg fortgesetzt wird, ist ein großer antikommunistischer Aufstand. Darum hassen ihn die tschechischen und russischen Kommunisten sowie andere getarnte Kommunisten so sehr. Es tut mir sehr leid, dass unsere Regierung sich gegenüber der Ukraine feige verhält. Ich bin davon überzeugt, dass es notwendig ist, die Ukraine nicht nur moralisch und menschlich, sondern auch mit Waffenlieferungen zu unterstützen. Die Ukrainer kämpfen im Donbass auch für uns.“

Die tschechische Regierung hält Waffenlieferungen an die Ukraine bisher für eine Gefahr, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Außerdem verweist sie auf den Waffenstillstand von Minsk.