Landwirte in Tschechien bleiben auf Getreide sitzen: Drohen Bauernproteste?

Ein Speicher voller Getreide, das nicht marktfähig ist.

Die tschechischen Landwirte bleiben derzeit auf ihrem Getreide sitzen. Grund ist, dass sie es nicht unter Wert verkaufen wollen. Vor allem durch Ernteerzeugnisse aus der Ukraine sehen sich die tschechischen Bauern mit einem starken Preisdruck konfrontiert. Und sie äußern zudem Kritik an der Regierung. Proteste wie in Deutschland gibt es zwar derzeit noch nicht – doch sie könnten kommen.

„Es zerreißt mir das Herz, aber ich ziehe derzeit in Erwägung, das Getreide zu verheizen“, sagt Miroslav Drs aus der Nähe von Tábor in Südböhmen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Der Bauer bleibt derzeit auf seiner Ernte sitzen. Nun könnte bald Brennstoff daraus werden. Denn die Silos von Drs sind voll, demnächst müssen sie aber wieder leer sein, damit Platz für die nächste Ernte ist.

Bauern wie Miroslav Drs, die ihre Erzeugnisse derzeit nicht auf dem Markt absetzen können, gibt es in Tschechien einige. Der Agrarkammer zufolge liegen die Getreidereserven aktuell 40 Prozent höher als noch im vergangenen Jahr. Der Grund soll vor allem der günstige Weizen aus der Ukraine sein.

Illustrationsfoto: Libor Želinský,  Tschechischer Rundfunk

„Wir haben früher immer in Länder wie Polen oder Deutschland exportiert. Heute sind diese Märkte von den Waren aus der eigenen Produktion sowie aus der Ukraine überschwemmt“, sagt Jan Doležal, der Präsident der tschechischen Agrarkammer. Seine Institution nimmt deshalb die Europäische Kommission in die Pflicht. Sie müsse handeln und die zollfreie Einfuhr ukrainischen Weizens beenden, so die Ansage.

Eingeführt hatte die EU die Importvergünstigungen, um der Ukraine sichere Absatzmärkte zu bieten. Russland hatte nämlich zeitweise die Ausfuhr über das Schwarze Meer blockiert. Der Landwirtschaftsanalytiker Petr Havel sagt zu den ursprünglichen Gründen der Regelung:

„Die ukrainischen Ernteerzeugnisse sollten eigentlich an die klassischen Märkte des Landes geliefert werden, das heißt nach Nordafrika und Mittelasien. Das hat aber nicht geklappt. Die Produkte landen deshalb oft in Europa und führen hier zu einem starken Einbruch der Preise.“

Die Landwirte in Tschechien wollen mit ihren Preisen aber nicht weiter nach unten gehen – und sie kritisieren zudem die Landwirtschaftspolitik ihrer Regierung. Und damit sind sie nicht allein. Auch anderswo in Europa gehen die Landwirte derzeit auf die Straße: Nach den großen Bauernprotesten in Deutschland ist nun auch Frankreich gefolgt.

Ob in Tschechien ebenso demnächst Traktoren die Straßen blockieren, hängt laut Jan Doležal davon ab, ob die Regierung die Forderungen der Landwirte erfüllt. Sollte dies nicht der Fall sein, werde man sich der Protestbewegung im März anschließen, kündigte der Präsident der Agrarkammer an und äußerte weitere Kritik:

Jan Doležal | Foto: Archiv der tschechischen Agrarkammer

„Mit unseren Kollegen in Deutschland, Frankreich und Polen verbindet uns, dass wir einen hohen bürokratischen Aufwand haben. Es gibt viele Kontrollen, und wir müssen die Felder brach liegen lassen. Derzeit betrifft das fünf Prozent der Anbaufläche, aber mittlerweile heißt es, dass es auch zehn Prozent werden könnten.“

Doležal bezieht sich damit auf die EU-Regelung zu sogenannten „ökologischen Vorrangflächen“. Er und weitere Landwirte bemängeln weiterhin, dass die Produktionskosten für sie zu hoch seien, etwa wegen der hohen Dieselpreise.

Landwirtschaftsminister Marek Výborný (Christdemokraten) teilte mit, die Situation der Bauern im Blick zu haben. Einen Grund für Demonstrationen sehe er jedoch nicht, wie er dem Tschechischen Rundfunk sagte. Der Ressortchef plant nun Verhandlung mit den Bauernverbänden.

Autoren: Ferdinand Hauser , Lucie Pávová
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