Ukrainischer Außenminister Kuleba kündigt baldige Ernennung eines neuen Botschafters für Prag an

Dmytro Kuleba

Der ukrainische Außenminister, Dmytro Kuleba, war am Montag zu Gast beim Jahrestreffen der tschechischen Botschafter. Dort kündigte er unter anderem die baldige Neubesetzung des vakanten Diplomatenpostens in Prag an. Dieses und weitere Themen erläuterte er auch in einem Exklusivinterview für den Tschechischen Rundfunk.

Bei seinem Besuch im Czernin-Palais, dem Sitz des Prager Außenministeriums, hat sich Dmytro Kuleba am Montag Zeit genommen für ein Gespräch mit Filip Nerad, dem Leiter der Auslandsredaktion des Tschechischen Rundfunks. Gleich zu Beginn stellte der ukrainische Außenminister Tschechien als eines jener Länder heraus, die der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland die größte Unterstützung zukommen ließen:

Dmytro Kuleba | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

„Die hiesige Bevölkerung und die Regierung sind sich bewusst darüber, dass auch für ihr Land überlebenswichtig ist, was in der Ukraine auf dem Spiel steht. Was dort passiert, betrifft ebenso die Sicherheit und den Wohlstand in Tschechien. Darum haben wir ein sehr natürliches Bündnis.“

In diesem Bündnis fehlt aber aktuell ein wichtiger diplomatischer Baustein. Seit der bisherige ukrainische Botschafter, Jewhen Perebyjnis, vor gut einem Jahr zu Kulebas Stellvertreter in Kiew ernannt wurde, ist der Posten in Prag vakant. Vor den Botschaftern Tschechiens versicherte Kuleba am Montag, dass das Auswahlverfahren in der finalen Phase sei. Im Interview ergänzte er:

„Man muss bedenken, dass die Zahl der täglichen Beratungen, die wir in Kiew buchstäblich auf allen Ebenen der Regierung führen, beispiellos ist: Minister, Staatssekretäre, Direktoren, Berater – jeder spricht ständig mit jedem. Wir brauchen also einen Botschafter in Prag, der in dieses Umfeld passt. Es tut mir leid, dies zugeben zu müssen, aber es ist nicht einfach, eine passende Person zu finden.“

Dmytro Kuleba und Jan Lipavský | Foto: X de Jan Lipavský

Der neue Botschafter solle schließlich auch der Qualität der bilateralen Beziehungen entsprechen, ergänzte der Minister.

Über die konkreten Beziehungen der Menschen in Tschechien zu den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine ist in den vergangenen Wochen viel in den Medien berichtet worden – und dies nicht nur positiv. Anlass dazu waren Übergriffe von mutmaßlich ukrainischen Tätern. Kuleba betonte, es handle sich um absolute Einzelfälle:

„Wenn jemand eine Frau beleidigt oder schlägt, ist es egal, ob er ein Ukrainer oder ein Tscheche ist – er ist einfach ein Bastard. Wir verfolgen diese Fälle und reagieren sehr durchdacht auf sie. Und wir wissen sehr zu schätzen, dass die tschechischen Verfolgungsbehörden und auch das Innenministerium sehr verantwortungsbewusst damit umgehen.“

Dmytro Kuleba und Jan Lipavský | Foto: Tschechisches Außenministerium

Geschadet hätten diese Vorfälle dem gegenseitigen Verständnis allerdings nicht, meint der Minister. Zunehmende Hassäußerungen in den sozialen Netzwerken sollten darum auch nicht als öffentliche Meinung missinterpretiert werden, so seine Warnung. Und schließlich müsse anerkannt werden, dass die Aufnahme der ukrainischen Geflüchteten auch für Tschechien Vorteile bringe:

„Diese Leute finden hier Arbeit, werden loyale Mitglieder dieser Gesellschaft und zahlen Steuern. Die Art und Weise, wie Tschechien und andere Länder auf die Ankunft der Geflüchteten aus der Ukraine reagiert haben, ist allerdings anders als die Reaktion auf Geflüchtete aus anderen Regionen der Erde. Dies hat ein weiteres Problem hervorgerufen. Denn den Europäern wird vorgeworfen, mit zweierlei Maß zu messen.“

Darum dürfe das Momentum der Hilfsbereitschaft sich nun nicht in das Gefühl einer Bürde verwandeln, lautet der Appell Kulebas an die Tschechen. Der Minister weitete den Blick anschließend noch einmal auf ganz Europa aus und versicherte, dass sein Land bereit sei für einen baldigen EU-Beitritt. Die Reformen, die sogar in Kriegszeiten durchgeführt würden, seien der Beweis dafür, wie schnell die Ukraine die Bedingungen erfüllen könne. Das gleiche gelte für die Aufnahme in die Nato, fuhr Kuleba fort:

Dmytro Kuleba und Jan Lipavský | Foto: X von Jan Lipavský

„Es gibt nur zwei Wege, eine militärische oder ökonomische Aggression Russlands abzuwehren. Entweder wird die Ukraine in EU und Nato aufgenommen, oder Russland muss aufhören zu existieren – oder auch beides. Die führenden Köpfe in Brüssel und in anderen Hauptstädten haben dies endlich verstanden, und seitdem gibt es diese wichtigen Entscheidungen: Der EU-Kandidatenstatus ist garantiert und Aufnahmegespräche sind angesetzt, zudem steht der Fahrplan für die Nato-Mitgliedschaft. Es ist unumkehrbar. Wir müssen also keine Zeit mehr verschwenden für die Diskussion, ob dies geschehen wird.  Die einzige wichtige Frage ist, wann. Und je eher es umgesetzt wird, desto besser für uns alle – für die Tschechen, die Ukrainer und für die anderen Länder in Europa.“

Autor: Daniela Honigmann | Quelle: iROZHLAS.cz
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