Klassenziel Hausmann: Prager Schule bringt Jungs zum Putzen

Kochen, putzen, waschen, bügeln: Gleichberechtigung hin oder her - die leidige Hausarbeit bleibt immer noch überwiegend an den Frauen hängen. In Tschechien gilt das, wenn man den Statistiken glauben darf, sogar noch etwas mehr als anderswo. Aber das muss ja nicht so bleiben. Eine Schule im vierten Prager Stadtbezirk arbeitet an der Revolution…

„98 Prozent der tschechischen Männer schaffen den Haushalt mit links – Unglaublich? Genauso wie unsere Preise. Aber denen können sie trauen!“

So wirbt zurzeit ein tschechischer Discounter für seine unwahrscheinlichen Schnäppchen. Der Mann, der im Haushalt kräftig mit anpackt - in der traditionsverhafteten tschechischen Gesellschaft gehört er weiterhin zum Witzblatt-Repertoire. Kochen, waschen, Babywickeln, das will gar nicht zum immer noch bier- und testosterongetränkten böhmischen Männerbild passen.

Die ideale Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, so zeigen Studien, sieht für die Tschechen, aber auch für die Tschechinnen immer noch aus, wie zu Großvaters Zeiten. Der Mann kämpft in der feindlichen Welt, die Frau bereitet daheim das Nest. Die Realität allerdings unterscheidet sich von den Idealvorstellungen, und in Umfragen räumen inzwischen auch die Männer ein, dass sich daheim beide Partner die Arbeit teilen sollten. Aber klappt das auch wirklich?

„Na, das kommt schon sehr darauf an, Das liegt an der Frau, wie geschickt sie ihrem Mann erklärt, dass er zu Hause etwas helfen sollte.“

Meint Petra Machalová, Lehrerin an der Prager Grundschule an der Taborská-Straße. Die Statistik sagt: Jeder siebte tschechische Mann macht daheim gar nichts, die übergroße Mehrheit nur wenig. Zusammen mit ihrem Kollegen, Direktor František Prokop, hat Machalová deshalb im Rahmen der Schul-Projektwochen einen Hausmann-Kurs für die Schüler ausgedacht.

„Das ist aus so einer blöden Idee heraus entstanden. Zu meinem letzten Projekttag zur Prager Geschichte haben sich nur Jungs gemeldet. Da habe ich zum Spaß gesagt, dass wir daraus einen Hausmann-Projekttag machen, und dass alle Eimer und Lappen mitbringen sollen und wir hier mal gründlich wischen. Und damit hatte ich den Jungs einen Floh ins Ohr gesetzt. Ich habe nicht gedacht, dass sie das tatsächlich durchziehen, aber zum Schluss haben sie mich überredet, dass ich wirklich Projekttage zum Thema Hausmann ausschreibe.“

Wie es sich gehört, ist der Kurs reine Männersache. Fünfmal im Jahr kommen die Schüler für einen Tag zusammen, jeder Tag hat sein eigenes Thema. Und das wird ganz praktisch angegangen - zum Beispiel beim Putzen:

„Wir haben uns da die verschiedenen Putzmittel angesehen, für den Boden, für Holz, für Glas. Zum Schluss gab es zwei Wettbewerbsteams mit der Aufgabe, zwei Klassenräume zu putzen. Die Schüler hatten Nummern auf dem Rücken, und Lehrern und Mitschülern haben an die einzelnen Wettputzer Punkte verteilt – je nach erreichter Qualität.“

In den fünf Projekttagen sollen die Schüler fit gemacht werden für den modernen Haushalts-Fünfkampf an Herd und Bügelbrett, an Waschmaschine und Supermarktkasse. Zugleich geht es auch darum, einen tieferen und kritischeren Blick auf den Alltag zu werfen:

„Ein Fachtag steht etwa im Zeichen der Einkaufsstrategien. Die Schüler kriegen zu Hause von der Mutter einen Einkaufszettel und Geld und wir gehen dann in den Supermarkt, wo wir uns ein paar Grundlagen anschauen: Warum stehen diese Waren gerade hier und nirgendwo anders und wie soll ich mich hier überhaupt zurechtfinden?!“

Direktor Prokop und seine Schüler schrecken aber auch vor schwierigeren Themen nicht zurück:

„Ziemlich beliebt ist zum Beispiel Nähen. Jeder Schüler soll dabei vier verschiedene Stiche kennen lernen und damit zum Schluss eine einfache Stofftasche nähen – inklusive Knopf und gesäumtem Knopfloch, was viele vor enorme Probleme gestellt hat.“

Schuldirektor František Prokop als Handarbeitslehrer – eine ungewohnte Rolle für Schüler und Lehrer. Vielleicht machen die Stunden auch deshalb beiden Seiten so viel Spaß. Aber wie sieht es mit der fachlichen Qualifikation aus? Was meint Kollegin Petra Machalová - bewährt sich der Direktor in seiner Rolle als Muster-Mann?

„Ja, weil er immer eine Woche vorher übt. Er kommt immer und fragt: Pardon, wie macht man das - wie geht nochmal der Vorstich und der Rückstich? Letztes Jahr hat er es sogar mit dem Stricken versucht, aber das hat nicht geklappt. Stricken und Häkeln werden unsere Jungs also nicht lernen, weil der Herr Kollege das nicht schafft.“

Den Schülern gefällt der untraditionelle Unterrichtsstoff - das Lehrertandem bietet den Kurs derzeit bereits zum zweiten Mal an. An Interessenten ist kein Mangel. Kein Wunder - gibt es doch ganz fremde Welten zu entdecken:

„Für die Jungs war die Stunde über Waschen und Bügeln, glaube ich, ziemlich gut. Ich habe ihnen da noch die Symbole für die Waschvorschriften an der Kleidung erklärt: Was heißt das Dreieck, bei wie viel Grad kann man was waschen und so weiter. Das hat sie ziemlich beeindruckt, worauf man alles achten muss – etwa schon beim Kauf, damit man die Sachen nachher überhaupt zu Hause waschen kann und nicht in die Reinigung tragen muss. Ich glaube, das hat ihnen wirklich etwas gebracht. Und auch als wir uns die unterschiedlichen Stoffqualitäten angesehen haben, da waren die Jungs wirklich richtig baff.“

Eines aber hat Lehrerin Machalová noch nicht geschafft:

„Ich habe zu Hause bestimmt keinen Hausmann. Er hilft schon mal mit, aber ein Hausmann ist er nicht. Auch nach dem Kurs nicht.“

Denn schließlich gilt in Tschechien nach wie vor:

„Einige Dinge können Frauen einfach besser.“