Kloster Kladruby: Auf den Spuren der Benediktiner und der Familie Windisch-Graetz
Das Benediktinerstift Kladruby / Kladrau stammt aus dem 12. Jahrhundert. In dem ehemaligen Kloster sind vor kurzem die Restaurierungsarbeiten zu Ende gegangen. Seit April gibt es dort für die Öffentlichkeit zwei neue Besichtigungstrassen.
Kloster Kladruby liegt etwa 30 Kilometer westlich von Plzeň / Pilsen. Eine Dominante des Areals stellt die imposante Mariä-Heimsuchung-Kirche dar. Der Turm ist schon aus der Ferne zu sehen. Die Benediktinerabtei wurde 1115 vom Přemysliden-Fürsten Vladislav I. gestiftet. Sie spielte eine wichtige Rolle bei der Kolonisierung Westböhmens. Einen künstlerischen Aufschwung erlebte das Stift unter Abt Maurus Finzgut. Er ließ die Klosterkirche in den Jahren 1711 bis 1726 von Architekt Jan Blažej Santini-Aichl im Stil der Barockgotik umbauen. An der Gestaltung des Areals habe sich noch ein weiterer namhafter Architekt – nämlich Kilian Ignaz Dientzenhofer – beteiligt, erklärte Naďa Goryczková bei der Eröffnung der restaurierten Klosterräumlichkeiten. Sie leitet die Staatliche Denkmalschutzbehörde.
„Dientzenhofer beendete 1770 die Bauarbeiten am Neuen Konvent. Gemeinsam mit dem Gebäude des Alten Konvents wurde es in den vergangenen Jahren im Rahmen des Projekts ,Das Leben in einem Orden‘ in Stand gesetzt. Das Kloster hat ein bewegtes Schicksal. Im 18. Jahrhundert wurde die Abtei gründlich umgebaut. Die Benediktiner konnten die neuen Räumlichkeiten jedoch nicht lange nutzen. Denn unter Josef II. wurde das Kloster 1785 aufgelöst. Die inzwischen verkommenen Gebäude kaufte 1825 Fürst Alfred Windisch-Graetz, und die Adelsfamilie nutzte die Gebäude zu wirtschaftlichen Zwecken. In einem Teil des Konvents ließ sie eine Brauerei errichten, was nicht gerade glücklich war. Im südlichen Flügel des Konvents gründete die Familie Windisch-Graetz eine große Bibliothek, die heute besichtigt werden kann. Ein anderer Teil der Gebäude wurde in Wohnungen umgestaltet. Nach den Restaurierungsarbeiten wird in den Räumlichkeiten nun nicht nur das Ordensleben, sondern auch die mit dem Ort verbundene Geschichte der Familie Windisch-Graetz dokumentiert.“
Der Familie Windisch-Graetz gehörte das Klosterareal bis 1945. Anschließend wurde es verstaatlicht. Während der kommunistischen Zeit dienten die Abteigebäude einem landwirtschaftlichen Staatsgut. Die wertvollen Baudenkmäler verfielen allmählich. In der Zeit der politischen Entspannung von 1968 gab es Goryczková zufolge einen ersten Versuch, die baufällige Sehenswürdigkeit zu retten. Es habe damals jedoch an finanziellen Mitteln gemangelt, so die Expertin:
„Vor 20 Jahren entstand dann die Staatliche Denkmalschutzbehörde. Seit der Umstrukturierung des Amtes von 2013 konzentrieren wir uns auf eine effektivere Verwaltung der Baudenkmäler und die Nutzung von nichtstaatlichen finanziellen Mitteln. Das soeben beendete Projekt der Revitalisierung der historischen Sehenswürdigkeit gibt uns Hoffnung, dass auch weitere ähnliche Projekte erfolgreich zu Ende geführt werden können.“
An der Eröffnung der restaurierten Räumlichkeiten in Kladruby nahm Ende März auch Kulturminister Martin Baxa (Bürgerdemokraten) teil. Baxa ist Geschichtslehrer von Beruf. Er erinnerte an die Anfänge der Abtei von Kladruby:
„Wir können uns heute in unserer zivilisierten Zeit kaum vorstellen, was es im 12. Jahrhundert bedeutete, ein Kloster in einer unberührten Gegend zu stiften. Damals gab es hier nichts: keine Wege, keine Siedlungen, keine Menschen. Die Mönche kamen an einen Ort im Wald und begannen, ihr Kloster aufzubauen. Es ist eine faszinierende Geschichte. In Kladruby ist von der ursprünglichen Abtei jetzt nicht mehr viel zu sehen. Eine Vorstellung von einem romanischen Klostergebäude vermitteln uns ähnliche Bauten aus derselben Zeit, die in anderen Ländern erhalten geblieben sind. Die Gründer leisteten hier damals eine bewundernswerte Arbeit. Im 18. Jahrhundert wirkte zudem der aufgeklärte Abt Maurus Fintzgut in Kladruby. Er beauftragte die beiden hervorragenden Architekten Dientzenhofer und Santini-Aichel mit dem Umbau des Klosters. Gerade dieses Jahr wird des 200. Todestags von Santini-Aichel gedacht.“
Klosterzellen eines Geographen und eines Botanikers
Im Kloster sind nun zwei neue Besichtigungstrassen eröffnet worden. Die eine stellt das Alltagsleben der Benediktiner im Stift vor. Kuratorin Stanislava Beránková macht auf das geräumige Refektorium des Klosters aufmerksam:
„Wir erzählen in den einzelnen Klosterräumen über die Spiritualität der Benediktiner. In diesem Raum wird erklärt, was die Kommunität für die Mönche bedeutete. Im Refektorium erinnerten die Benediktiner gemeinsam jeden Tag an das letzte Abendmahl Jesu Christi. Dabei brauchten sie nicht zu sprechen. Das Schweigen – lateinisch ,silentio‘ – gehörte zu den Regeln des Mönchslebens.“
Zu besichtigen sind von nun an vier Klosterzellen, in denen an mehrere Persönlichkeiten erinnert wird, die in Kladruby gelebt haben.
„Zu sehen ist beispielsweise die Mönchszelle von Josef Schmidt, der sich mit Kartographie beschäftigte. In einer weiteren Klosterzelle wird an Prokop Aschenbrenner erinnert, der sich auf die Botanik konzentrierte. In diesen Klosterzellen zeigen wir, wie sich die Benediktiner im 18. Jahrhundert, während der Zeit der Aufklärung, mit der Wissenschaft befassten.“
Im Fokus der zweiten neuen Besichtigungstrasse steht die Adelsfamilie Windisch-Graetz, in deren Besitz das ehemalige Klosterareal in den Jahren 1825 bis 1945 war. Kuratorin Ludmila Ourodová:
„Alfred I. Windisch-Graetz und seine Frau Eleonore, geborene Schwarzenberg, kauften Kloster Kladruby im Jahre 1825. Die Familienmitglieder lebten hier nicht, sondern sie nutzten vor allem das Herrschaftsgut, das eine Fläche von rund 24.000 Hektar umfasste. Wir wollen an die Adelsfamilie im Kloster auch aus dem Grund zu erinnern, weil sie damals ebenfalls das nicht weit entfernte Herrschaftsgut von Tachov und das ehemalige Paulanerkloster in Světce besaß. Der einzige Gebäudekomplex aus dem früheren Besitz der Windisch-Graetzs, der derzeit von der staatlichen Denkmalschutzbehörde verwaltet wird, ist eben das Kloster Kladruby.“
Aus dem Fürstengeschlecht Windisch-Graetz stammte der Kuratorin zufolge eine Reihe von Persönlichkeiten, die in der Politik aktiv waren. Die Familie war zudem mit den Schwarzenbergs verwandt. Die beiden Adelsfamilien hätten das Leben in einem großen Teil Böhmens beeinflusst, merkt Ludmila Ourodová an:
„Alfred I. Windisch-Graetz schlug als Stadtkommandant 1848 den Pfingstaufstand in Prag nieder. Nachdem seine Frau Eleonore durch eine fehlgeleitete Kugel tödlich verwundet worden war, ließ er Kanonen gegen die Aufständischen einsetzen.“
Wappen und Stammbaum der Familie Windisch-Graetz
In vier Räumen wird in Kladruby eine Dauerausstellung über die Geschichte der Familie Windisch-Graetz gezeigt. Sie wurde laut der Kuratorin von jenen Museen inspiriert, die die Adelsfamilien Mitte des 19. Jahrhunderts auf ihren Schlössern errichten ließen:
„Museen dieser Art gab es beispielsweise in Český Krumlov und auf der Burg Rožmberk. Also haben wir einen Raum in Kladruby als eine Huldigung an das Adelsgeschlecht Windisch-Graetz gestaltet. Gezeigt werden das Familienwappen, der Stammbaum von Alfred Windisch-Graetz und einige Ölgemälde aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die an wichtige Persönlichkeiten der Familie erinnern.“
Besichtigt werden kann auch eine imposante Bibliothek, die sich im Erdgeschoss des Neuen Konvents befindet. Die Kuratorin:
„Dieser Raum entstand erst in den 1930er Jahren. Ludwig Aladar Windisch-Graetz erbte die Familienbibliothek und entschied sich, diese in Kladruby unterzubringen. Im Neuen Konvent ließ er Regale im klassizistischen Stil gestalten und die Bücher aus mehreren Familienbibliotheken nach Kladruby bringen. Insgesamt sind es rund 38.000 Bände. Sie datieren überwiegend aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die Bücher befanden sich zuvor auf dem Schloss in Tachov, in Světce, im südböhmischen Štěkeň, und viele stammen eben aus Kladruby.“
Anstatt auf die Bücher fällt beim Betreten der Bibliothek aber der erste Blick auf ein großes Reiterbildnis.
„Auf dem Reiterporträt ist General Alfred Windisch-Graetz zu sehen. Das Gemälde fertigte der Wiener Maler Friedrich Amerling an, vermutlich 1850. Mit dem Bild ist eine interessante Geschichte verbunden. In den 1960er Jahren sah die Herzogin von Kent das Porträt. Es hat ihr sehr gut gefallen. Da sie durch ihre Vorfahren mit der Familie Windisch-Graetz verwandt ist, wollte sie das Gemälde haben. Das Kulturministerium ließ dann auch, vermutlich um die guten Beziehungen zu Großbritannien aufrechtzuerhalten, das Bild aus der Sammlung aussortieren und wollte es nach Großbritannien schicken. Dazu kam es jedoch letztlich nicht. Der Grund war angeblich das große Format des Gemäldes, und man wollte wohl nicht nur die Leinwand ohne Rahmen abschicken.“
Kloster Kladruby ist täglich außer montags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. An den tschechischen Staatsfeiertagen am 1. und am 8. Mai ist das Areal zugänglich, geschlossen ist es jedoch am 2. und am 10. Mai. Von Juni bis August ist das Kloster bis 17 Uhr geöffnet.