Koalition zerstritten: Braucht Tschechien einen Regierungsbevollmächtigten für den Euro?
Tschechiens Europaminister Martin Dvořák (Stan) hat am Montag einen Bevollmächtigten für die Einführung des Euro ernannt. Bei den Koalitionspartnern sorgte dies für Kritik – und das sowohl bei den Parteien, die für die Gemeinschaftswährung sind, als auch bei den Bürgerdemokraten, die sich dagegenstellen. Nun soll ein Einigungsverfahren die sonst nach außen so harmonische Stimmung in der Regierung wiederherstellen.
Dass die Parteien der Fünferkoalition in Sachen Euroeinführung unterschiedlicher Ansicht sind, war bisher kein Geheimnis. Nun ist aber zum ersten Mal ein offener Konflikt über die Gemeinschaftswährung ausgebrochen. Denn Europaminister Martin Dvořák hat am Montag einen Bevollmächtigten für den Euro ernannt – den Wirtschaftswissenschaftler Petr Zahradník. Teilen des Kabinetts missfällt dieser Schritt jedoch. Und es werden auch Fragen laut, ob Dvořák überhaupt die Kompetenzen hat, einen Bevollmächtigten für diese Frage zu ernennen oder es sich nicht vielmehr um seinen persönlichen Berater handelt. Der Minister jedoch steht hinter der Entscheidung:
„Die Euro-Agenda überlastet mich derzeit. Denn die Debatte ist unfassbar intensiv, ein Mensch allein kann das physisch nicht schaffen. Ich bin von daher sehr froh, dass mich Herr Zahradník bei Diskussionsveranstaltungen und runden Tischen vertreten oder mir Unterlagen vorbereiten kann.“
Zahradník beschrieb in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks selbst seine künftige Tätigkeit am Europaministerium:
„Es geht zum einen darum, die Trends in der Eurozone zu verfolgen und die Bereitschaft Tschechiens im Blick zu behalten. Zum anderen soll das Thema der Euro-Einführung offen kommuniziert werden. Als Bevollmächtigter werde ich ein Akteur in der Diskussion um die Gemeinschaftswährung sein.“
Zahradník betonte dabei, er wolle nicht zum Bestandteil eines Konflikts zwischen den Koalitionsparteien werden. Doch genau dazu ist es jetzt gekommen. Denn Kritik an Dvořáks Schritt kommt nicht nur von den Bürgerdemokraten, die traditionell gegen eine Euro-Einführung sind und im Kabinett die Mehrheit haben. Auch die anderen Parteien zeigten sich überrumpelt. Top 09 und Piraten etwa setzen sich eigenen Angaben zufolge seit Langem dafür ein, dass es in Tschechien wieder einen nationalen Koordinator für die Einführung der Gemeinschaftswährung gibt. Dieser Posten ist nämlich seit 2017 nicht besetzt. Dass Martin Dvořák nun einen persönlichen Berater mit der Agenda der Gemeinschaftswährung betraut hat, stieß etwa Jakub Michálek auf, dem Fraktionsvorsitzenden der Piraten:
„Mich hat das schon überrascht und auch ein wenig amüsiert. Denn wir Piraten sind für einen wirklichen Regierungsbevollmächtigten für den Euro – und setzen uns dafür innerhalb des Kabinetts ein.“
Jan Skopeček von den Bürgerdemokraten sagte im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, Dvořák bemühe sich, ein Spiel in der Regierung zu spielen. Und Petr Hartman, Kommentator des Tschechischen Rundfunks, verwies auf die politische Heimstätte des Europaministers. Die Bürgermeisterpartei Stan strebe derzeit nach Abgrenzung gegenüber den anderen Koalitionspartnern, so Hartman:
„Demnächst stehen gleich drei Wahlen bevor – allen voran im kommenden Jahr die zum Abgeordnetenhaus. Von daher war zu erwarten, dass die Idylle innerhalb der Regierungskoalition irgendwann endet. Die Parteien versuchen nun, den Wählern in Erinnerung zu rufen, dass sie eigenständige Gruppierungen mit ihren jeweiligen Programmen und Haltungen sind, die sich von den Ansichten der Koalitionspartner unterscheiden können.“
Über eine mögliche Einführung des Euro war in den vergangenen Wochen vermehrt diskutiert worden. Anlass war die Neujahrsansprache von Präsident Petr Pavel. Darin sprach sich das Staatsoberhaupt für die Gemeinschaftswährung aus.
Um die Situation in der Regierung zu befrieden, hat Premier Petr Fiala am Montag ein Einigungsverfahren initiiert. Dabei soll auch die generelle Funktionsweise des Regierungskabinetts beurteilt werden. Angesetzt ist das Treffen für Dienstagnachmittag.