Kommunalwahlen in Tschechien – auch EU-Ausländer dürfen abstimmen
Zu den tschechischen Kommunalwahlen diesen Freitag und Samstag sind erstmals auch Ausländer aus der EU zugelassen, die nur eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung besitzen. Dazu zählt unter anderem der Leiter der deutschen Redaktion von Radio Prag, Till Janzer, der seit mehreren Jahren in Prag lebt. Mit ihm im Folgenden ein Gespräch über den Urnengang.
„Das war für mich sofort klar, als sich die Möglichkeit auftat, an den Kommunalwahlen teilzunehmen. Ich war erst vor vier Wochen in meiner früheren Heimat, also einer kleinen Gemeinde bei Freiburg im Breisgau. Als ich die dortigen Wahlplakate für die Bürgermeisterwahl gesehen habe, stellte ich fest, dass ich keinen der Kandidaten kenne. Deshalb fiel meine Entscheidung, nun hier in Prag zu wählen, sehr schnell. Ich bin froh und begrüße diese Möglichkeit.“
Es finden dieses Wochenende gleich mehrere Abstimmungen statt. Welche Volksvertreter stehen denn genau zur Auswahl?„Am Freitag und Samstag finden zeitgleich Kommunalwahlen statt. Anders als in Deutschland sind diese landesweit. Zudem wird über ein Drittel der Sitze im Senat entschieden. Ich als EU-Ausländer kann aber nur an den Kommunalwahlen teilnehmen. Was mich dabei sehr erstaunt hat: Ich darf in Prag sowohl über die Zusammensetzung der Vertretung für die gesamte Stadt mitentscheiden als auch in meinem Stadtbezirk. Das Interessante dabei ist, dass die Stadt Prag eigentlich den Status eines Kreises hat. Zu den Kreisen gibt es eigentlich gesonderte Wahlen, an denen Ausländer nicht teilnehmen dürfen. Auch in Deutschland ist es so, dass in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen die EU-Ausländer wirklich nur die Versammlungen in den Stadtbezirken mitbestimmen dürfen.“
Kommunalwahlen sind genau wie in Deutschland sehr komplex und die Wahlzettel dementsprechend groß. Welchen Einfluss hast du denn mit deinem Wahlzettel auf die Zusammensetzung des Stadtrates?„Man kann hier bei den Kommunalwahlen sein Kreuzchen nicht nur bei einer Partei oder Gruppierung machen, sondern auch sogenannte Vorzugsstimmen vergeben, und zwar in der Anzahl der Sitze, die jeweils in der Stadtverordnetenversammlung bestehen. Das klingt nun nach großen Einflussmöglichkeiten auf die Zusammensetzung. Dem ist aber nicht so, weil man mit dem Kreuzchen für die Partei so viele Stimmen vergibt, wie Kandidaten auf der Liste der jeweiligen Partei aufgestellt wurden. Das bedeutet, wenn ich zusätzlich jemand anderem eine Stimme gebe, hat das weniger Gewicht, als wenn ich bei den Parlamentswahlen neben meiner Stimme für eine Partei noch zusätzlich Kandidaten ankreuze. Nach den Kommunalwahlen vor vier Jahren wurde ausgerechnet, wie groß der Einfluss dieser zusätzlichen Stimmen war. Es hat sich herausgestellt, dass nur zwei Prozent der Kandidaten auf der Liste einen Sprung nach vorne gemacht haben. Das ist also kein sonderlich großer Einfluss, und wenn, dann zeigt er sich eher in kleineren Gemeinden und nicht in großen Städten.“