Kommunistisches Narrativ erläutern: Plastik in Prager Metro von 1985 wird um Infotafel ergänzt

Station Anděl

Im Vestibül der Prager Metrostation Anděl befindet sich die Bronzeplastik Moskau-Prag, die aus den 1980er Jahren stammt. In den nächsten Wochen wird sie um eine Informationstafel ergänzt.

Wenn man vom Busbahnhof Na Knížecí im Prager Stadtteil Smíchov in die Metro geht, ist auf der linken Seite an der Wand eine Bronzeplastik zu sehen. Sie ist mit der auffallend großen Aufschrift „Moskva-Praha“ – also „Moskau-Prag“ – versehen. Der Prager Magistrat hat nun aber beschlossen, die Plastik um eine Infotafel zu ergänzen. Den Passanten soll darauf erläutert werden, dass die Tschechoslowakei von der Sowjetunion okkupiert wurde und dass die Freundschaft zwischen den beiden Ländern zur kommunistischen Propaganda gehörte.

Zdeněk Hřib | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Der stellvertretende Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib (Piraten) merkte vor einigen Tagen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks an:

„Die Informationstafel werde ungefähr binnen zwei Wochen im Vestibül der Metrostation installiert", so Hřib.

Zudem soll laut dem Kommunalpolitiker ein Wettbewerb ausgeschrieben werden für die endgültige Gestalt der Marmorwand mit der Plastik. Es könne daher auch sein, dass das Artefakt vollständig entfernt werde, hieß es. Und weiter Zdeněk Hřib:

„Ich kann mir vorstellen, dass radikalere sowie eher gemäßigte Entwürfe für die Gestaltung des Vestibüls vorgelegt werden. Eine Fachjury wird darüber entscheiden, welcher der Entwürfe siegt.“

Foto: Oleksandra Turanova,  Radio Prague International

Im Beschlusstext zur Entscheidung des Magistrats, die Plastik in der Metro-Station umzugestalten, wird darauf hingewiesen, dass die Tschechoslowakei nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes ihrer Souveränität beraubt wurde. Die Legende über eine tschechoslowakisch-sowjetische Freundschaft sei darum ein aufgezwungenes Narrativ der sowjetischen Besatzer gewesen, heißt es in dem Beschluss. Dort wird des Weiteren daran erinnert, dass Russland trotz des Zerfalls der Sowjetunion eine vergleichbare Politik weiterbetreibe. Die Stadträte verurteilten zudem die Kriegsverbrechen, die Russland in der Ukraine begeht.

Jiří Pospíšil | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Laut dem stellvertretenden Prager Oberbürgermeister Jiří Pospíšil (Top 09) ist nicht klar, wer die Plastik überhaupt gestaltet hat. Es habe sich genauer gesagt um ein Kollektiv von anonymen Schöpfern gehandelt, so der Politiker. Aus dem Grund ist es seinen Worten zufolge möglich, an eine Umgestaltung zu denken. Über die Ausschreibung, die zusammen mit der Galerie der Hauptstadt Prag (GHMP) erfolgt, sagte Pospíšil:

„Wir schreiben einen Wettbewerb aus, um die Künstler zur Arbeit mit der Plastik anzuregen. Sie sollen eine Aktualisierung des Werks vorschlagen. Sie können die Plastik in ein neues Werk miteinbeziehen oder sie auch vollständig oder teilweise beseitigen.“

Die Metro-Station wurde am 2. November 1985 unter dem Namen „Moskevská“ („Moskauer“) eröffnet. Den heutigen Namen „Anděl“ bekam sie kurz nach der Wende, im Februar 1990. Die Bezeichnung geht auf das 1980 abgerissene Haus „Zum goldenen Engel" zurück, das in der Straße Nádražní stand.

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Autoren: Martina Schneibergová , Ludmila Křesťanová
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