Kriegspilot, Bürger zweiter Klasse, gefeierter Nationalheld in einer Person

Frantisek Fajtl (Foto: CTK)

Tschechische Piloten im Zweiten Weltkrieg - das ist ein Begriff. Doch nicht immer war es so, zumindest für die offiziellen Stellen. Ihre Existenz, namentlich im Falle derer, die an der Westfront gekämpft haben, wurde verschwiegen. Und nicht wenige von ihnen mussten büßen. Obwohl sie für die Befreiung des Landes gekämpft hatten, kamen sie ins Gefängnis und galten anschließend als Bürger zweiter Klasse. Ihre Verdienste wurden erst nach der politischen Wende von 1989 offiziell anerkannt. Einen von ihnen möchten wir Ihnen in der heutigen Ausgabe der Sendereihe Schauplatz vorstellen. Am Mikrophon ist Jitka Mladkova:

Frantisek Fajtl  (Foto: CTK)
Im Alter von 94 Jahren ist in der vergangenen Woche im Militärkrankenhaus in Prag General Frantisek Fajtl gestorben, von dem die tschechische Öffentlichkeit ebenfalls erst in der jüngsten Zeit erfahren konnte. Nach 1989 ist er zur lebenden Legende geworden, die das Positive in der Geschichte des Landes verkörpert. Über den Werdegang des charismatischen Kriegspiloten Frantisek Fajtl konnten auch wir vieles von Jiri Rajlich im Prager Institut für Militärgeschichte hören. Als Absolvent der Militärschule im mährischen Hranice war Fajtl vor Kriegsbeginn Berufsoffizier der Tschechoslowakischen Armee:

"Im Juni 1939 hatte er gemeinsam mit ein paar Freunden von seinem Regiment verabredet, ins Ausland zu gehen und sich in den Dienst eines Staates zu stellen, von dem sie glaubten, dass er in absehbarer Zeit in einen Kriegskonflikt mit Nazideutschland geraten würde. Sie flüchteten nach Polen, von dort mit dem Schiff nach Frankreich, wo sich allerdings keine andere Möglichkeit bot als der Dienst in der Fremdenlegion."

Kurz darauf brach mit dem Überfall Polens der Zweite Weltkrieg aus und Frantisek Fajtl wurde zu einer Formation der Luftstreitkräfte abkommandiert. Ab Mai 1940 nahm er an Kämpfen an der französisch-deutschen Frontlinie teil. Auf der französischen Seite bedeutete dies aber bekanntlich den Rückzug. Letzten Endes landete der tschechische Pilot in der kleinen südfranzösischen Hafenstadt Port Vendre. Von dort führte sein Weg übers Mittelmeer nach Nordafrika und dann weiter bis nach Liverpool in Großbritannien. Für Frantisek Fajtl begann hier im Juli 1940 ein bedeutendes Kapitel seines Lebens. Jiri Rajlich:

"Großbritannien war zu diesem Zeitpunkt eigentlich das einzige Land, das sich im Kriegskonflikt mit Deutschland befand. Leutnant Fajtl - und außer ihm auch die Mehrheit der dort stationierten tschechoslowakischen Piloten - wurde in einem Schnellkurs für die britische Flugtechnik umgeschult. Als Angehöriger der britischen Royal Air Force (RAF) nahm Fajtl an der Schlacht um Großbritannien teil, in der es ums Überleben ging. Den Briten, genauer ihren Piloten, gelang es in Zusammenarbeit mit den polnischen und tschechischen Kollegen, den Kampf im britischen Himmel für sich zu entscheiden."

In der Schlacht um Großbritannien konnte Frantisek Fajtl zwei Flugzeuge der Deutschen abschießen und weitere beschädigen. Im darauf folgenden Jahr trat er zum 313.Tschechoslowakischen Jagdgeschwader über, das schon bald bei Kämpfen über dem damals bereits besetzten Frankreich eingesetzt wurde.

"Das war eigentlich der Beginn des Kampfes um die Oberherrschaft im Luftraum über dem westeuropäischen Kontinent. Besser gesagt eine Art Vorspiel der geplanten Invasion, die dann erst 1944 realisiert wurde",

sagt der tschechische Historiker und verweist darauf, dass an Fajtls weiterem Schicksal dokumentiert werden kann, wie gefährlich es damals für alle war, an den Kämpfen in der Luft beteiligt zu sein:

"Im April 1942 wurde er als erster Tscheche und einer der ersten verbündeten Offiziere überhaupt zum Kommandeur eines RAF-Geschwaders. Während seiner Teilnahme an der großen Luftschlacht über Nordfrankreich wurde seine Maschine abgeschossen, Fajtl gelang es aber notzulanden. Er befand sich auf dem vom feindlichen Heer besetzten Territorium und wurde sofort von deutschen Wachen ausgemacht. Trotzdem gelang es ihm, einen Fluchtweg zu finden und der Festnahme zu entkommen. Anschließend musste er aber einen gefährlichen weiten Weg nehmen, um aus dem besetzten Frankreich über die Pyrenäen in das damals neutrale Franco-Spanien zu gelangen."

Dort aber wurde Fajtl doch geschnappt. Einige Monate verbrachte er im Gefängnis und in KZs, bis ihn die britische Seite, genau gesagt die britische Diplomatie "auslösen" konnte. Frantisek Fajtl durfte zunächst in das britische Gibraltar und anschließend nach Großbritannien ausreisen. Dort blieb er aber nicht lange abseits des Kampfgeschehens. Jiri Rajlich erzählt:

"Zunächst war er in verschiedenen Stabsposten tätig, darunter auch als Befehlshaber an mehreren Flugzeugbasen. Er wollte aber wie früher an Kampfoperationen teilnehmen. Im September 1943 wurde er zum Befehlshaber des 313. Jagdgeschwaders ernannt. Unter seiner Führung flogen die Maschinen in offensiven Kampfoperationen über Belgien und Frankreich bis Ende Januar 1945."

Frantisek Fajtl  (Foto: CTK)
England blieb allerdings nicht die letzte Kriegsstation von Frantisek Fajtl. Das Schicksal verschlug ihn im Februar 1944 in die Sowjetunion. Dort organisierte er die Gründung des 1. Tschechoslowakischen Flugjagdregiments, das etwa ein halbes Jahr später unter seinem Kommando ungefähr sechs Wochen lang im Slowakischen Nationalaufstand kämpfte. Zu dieser Zeit war es praktisch umzingelt auf den bekannten Flugplätzen Zolna, Tri duby, Brezno in der Nähe von Banska Bystrica bis zur Niederlage der Aufständischen Ende Oktober 1944.

Mit seinem Regiment kämpfte Frantisek Fajtl auch in den letzten Wochen des Krieges in der Nähe von Mährisch-Ostrau. Dort schloss sich dann eigentlich ein Kreis: Einen seiner letzten Flüge machte er über dem Gebiet, von dem aus er sechs Jahre zuvor ins Ausland geflüchtet war.

Es stand außer Zweifel: Nach dem Krieg hätten auf Frantisek Fajtl, den Mann mit derart reichen Erfahrungen, hohe Posten in der Tschechoslowakischen Armee gewartet. Er absolvierte auch die prestigereiche Kriegshochschule in Prag, wodurch sich für ihn eigentlich weitere Perspektiven für einen Aufstieg erschlossen. Die Ereignisse im Februar 1948, als die Kommunisten ans Ruder kamen, bedeuteten jedoch einen Strich durch seine Pläne. Jiri Rajlich:

"Ohne Angabe des Grundes, doch im Prinzip aus politischen Gründen wurde Fajtl als "politisch unzuverlässiger Mann" aus der Armee entlassen. Nach 17 Jahren Militärdienst war es für ihn ein wahrer Schicksalsschlag. Nur ein paar Wochen konnte er als Hilfsarchivar im Technischen Nationalmuseum arbeiten, denn am 10. Januar 1950 klopften bei ihm zu Hause Angehörige der Geheimpolizei StB an, um ihn in das berühmt-berüchtigte Arbeitslager Mirov zu verschleppen. Seine Ehefrau und seine kleine Tochter wurden aus Prag ausgesiedelt. In Mirov verbrachte Fajtl dann anderthalb Jahre."

Mittlerweile wurde er degradiert und galt nach seiner Rückkehr, wie es damals so üblich war, als Bürger zweiter Kategorie. Demzufolge konnte er nur noch als Lagerraum- bzw. Hilfsarbeiter oder Buchhalter sein Brot verdienen. Das blieb lange so, bis zum Jahr 1964, als man damit begann, einige der schlimmsten Unrechtsfälle aus den 50er Jahren zu untersuchen. Frantisek Fajtl wurde teilweise rehabilitiert und wieder zum Leutnant befördert. Zu den Luftstreitkräften durfte er nicht mehr zurückkehren, zum Flugdienst wenigstens indirekt. Ab 1965 arbeitete er als selbstständiger Ermittler von Flugzeugunglücken bei der Staatlichen Fluginspektion. Dort blieb er bis zu seiner Rente.

Fajtl war aber nicht nur ein erfolgreicher Pilot der ehemaligen tschechoslowakischen Luftstreitkräfte und ein exzelenter Armeeoffizier. Er wurde auch als ein Schritsteller bekannt, der vieles davon, was er in seinem Leben als Berufssoldat erlebt hatte, in seinen Büchern erzälte. Eines seiner Bücher trägt den Titel"Erinnerungen an gefallene Kameraden", und an die erinnerte sich Frantisek Fajtl auch vor zwei Jahren, als ihm die höchste tschechische Staatsauszeichnung -der Orden des Weißen Löwen - verliehen wurde:

"Es ist eine große Ehre für mich, aber auch für alle meine Kameraden, die gefallen sind. Das Leben war das Wertvollste, was sie für die Freiheit, das Vaterland und die Demokratie opfern konnten."