Kultur in Corona-Zeiten: Konzertmarathon in Prag soll Hoffnung und Zusammenhalt stärken

Die Rapper von PSH etwa liefern die akustische Kulisse für eine Ballettaufführung (Foto: Archiv des Nationaltheaters in Prag)

Über 200 Künstler werden am Samstagabend bei einem selten gewordenen kulturellen Großereignis im Prager Nationaltheater auftreten. Verfolgt werden kann der Konzertmarathon landesweit im Fernsehen. Er soll dem Publikum wie auch den Musikern Hoffnung auf bessere Zeiten machen.

Kultur findet in Corona-Zeiten fast ausschließlich online statt und nur als Stückwerk. Orchester und Theater spielen in leeren Sälen, Filme werden im Heimkino geschaut und Bands streamen improvisierte Konzerte aus ihren Proberäumen. Am Samstag aber wird dem tschechischen Publikum eine geballte Ladung an professionell organisierter Kultur geboten.

„Národ sobě – kultura tobě“ (Die Nation für sich – die Kultur für dich) lautet das Motto. Die über 200 Mitwirkenden geben dabei 40 Aufführungen auf sechs Bühnen. Organisiert wird das Musikereignis im Prager Nationaltheater von den Veranstaltern des Metronome Festivals in Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen. Jaroslav Kyzlink ist Dirigent im Nationaltheater und gab dem Sender einen Ausblick:

Jaroslav Kyzlink  (Foto: ČT24)

„Wir spielen Auszüge aus mehreren Opern. Dann gibt es aber auch Crossover-Einlagen gemeinsam mit einigen populären Künstlern.“

An dem umfangreichen Programm des Abends wirken also nicht nur Musiker, Tänzer und Schauspieler des Nationaltheaters mit. Zudem haben namhafte Interpreten verschiedenster Couleur und Genres ihre Teilnahme zugesagt. Bei den Konzerten kommt es zu den ungewöhnlichsten Kooperationen. Die Rapper von PSH etwa liefern die akustische Kulisse für eine Ballettaufführung. Die Band Chinaski spielt ihre schnellen Pop-Rhythmen gemeinsam mit dem Symphonieorchester des Nationaltheaters. Der altgediente Rocksänger Michal Prokop tut sich wiederum mit Never Sol zusammen, einer Newcomerin aus der alternativen Szene. Dazu tritt das Ensemble der Laterna Magika ebenso auf wie die umtriebige Theatergruppe Cirk La Putyka.

Festival Metronome  (Foto: Jiří Šeda,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Es ist das zweite Kulturereignis dieser Art, das David Gaydečka und sein Team vom Metronome Festival zu Pandemie-Bedingungen organisieren. Im vergangenen September gab es „Praha září“, bei dem einen ganzen Monat lang unter freiem Himmel Konzerte, Film- und Theatervorführungen präsentiert wurden. Auch wenn die Zuschauer wegen der Corona-Vorgaben im Nationaltheater nicht dabei sein dürfen, will Gaydečka nicht kapitulieren und die Kultur am Leben erhalten. Dem Publikum wie auch den Künstlern soll damit eine Perspektive gegeben werden. Sänger Dan Bárta weiß das zu schätzen:

„Vor allem können wir uns so alle mal wiedersehen. Wenn wir dann noch jedem 500 Kronen dafür geben können, dass er uns die Kabel trägt, dann ist das schon gut für den Zusammenhalt der ganzen Truppe.“

Dan Bárta  (Foto: Tomáš Vodňanský,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Im Nationaltheater tritt Bárta mit seiner fünfköpfigen Band auf. Genauso viele Mitarbeiter hat das dazugehörige Technikteam, das in der Corona-Krise so gut wie keine Beschäftigung hat. Auch darauf soll mit der Veranstaltung am Samstag aufmerksam gemacht werden, so Petr Dvořák, Chef des Tschechischen Fernsehens:

„Wir wollen dem Publikum zeigen, dass Kultur nicht nur aus den ausführenden Künstlern besteht, die auf der Bühne oder der Leinwand zu sehen sind. Da gibt es auch noch das ganze Umfeld, das ihnen im Hintergrund hilft und die Künstler erst sichtbar macht.“

Petr Dvořák  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Mit Blick auf das Programm vom Samstag ergänzt Dvořák, dass so viele tschechische Interpreten nicht einmal bei den größten einheimischen Musikfestivals zusammenkommen. Das altehrwürdige historische Gebäude an der Prager Moldau dürfte eine solche Aufmachung tatsächlich noch nicht erlebt haben. Gespielt wird auf der Hauptbühne, im Foyer, auf dem Balkon und auch in den Schminkräumen. Das dreieinhalbstündige Programm wird vom Kultursender des Tschechischen Fernsehens – ČT Art – live übertragen.