Kundgebung für Tibet wird zu Demo für Versammlungsrecht

Foto: Martina Schneibergová

Der Besuch des chinesischen Staatsoberhauptes wird von Anfang an von Protesten begleitet. Für den Dienstagabend war eine stille Kundgebung für Tibet auf dem Hradschiner Platz einberufen. Die Demonstranten wurden jedoch von der Polizei daran gehindert, auf den Hradschin zu kommen.

Porträt von Präsident Václav Havel mit dem tibetischen Dalai Lama  (Foto: Martina Schneibergová)
„Ihr seid die Polizei der Tschechischen und nicht der Chinesischen Republik“, riefen die Demonstranten. Sie standen vor der Mündung der Loretánská-Straße in den Hradschiner Platz. Die Straße war jedoch gesperrt, hinter den Barrieren zahlreiche Polizisten. Die Initiatoren der Demonstration für Tibet versuchten den Polizisten zu erklären, dass die Kundgebung erlaubt ist. Die Loretánská-Straße war voll von Menschen, einigen Schätzungen nach mehr als 600. Viele von ihnen hatten Tibet-Flaggen mitgebracht, einige hielten Porträts von Präsident Václav Havel mit dem tibetischen Dalai Lama oder Spruchbänder hoch. Die Menschen warteten geduldig in der engen Gasse und skandierten:

Karel Schwarzenberg  | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International
„Miloše do koše“– zu Deutsch etwa „Miloš gehört in den Korb“. Gemeint war Staatspräsident Miloš Zeman. Die Demonstranten riefen zudem „Freiheit für Tibet“. Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg hatte sich zuvor bemüht, bei den Verhandlungen mit der Polizei zu helfen. Der heutige Vizevorsitzende der Top 09 hielt eine kurze Rede. Diese war jedoch wegen dem über der Kundgebung fliegenden Hubschrauber kaum zu hören. Schwarzenberg betonte, dass sich der Protest gegen ein Regime richte, dass Minderheiten unterdrücke, viele Menschen in Arbeitslager oder Gefängnisse sperre und hinrichte. Der Ex-Außenminister kritisierte Präsident Zeman dafür, seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping auf Schloss Lány empfangen zu haben.

Martin Bursík  (Foto: Martina Schneibergová)
„Ich habe nicht geahnt, dass wir hier mehr als 25 Jahre nach der Wende einem Diktator huldigen werden. Dies ist würdelos. Die Tatsache, dass der Diktator nach Lány eingeladen wurde, wo sich früher die Präsidenten Masaryk und Havel aufgehalten haben, ist wirklich ein schändliches Spektakel.“

Die Initiatoren der Demonstration beschlossen nach den längeren und erfolglosen Verhandlungen, in einen Park nahe der Prager Burg zu gehen. Dort war bereits zuvor ein kleines Konzert geplant. Ex-Umweltminister Martin Bursík begrüßte die Versammelten als erster:

„Ich danke Ihnen dafür, dass Sie heute bereits an der zweiten friedlichen Kundgebung für Menschenrechte in China und Tibet teilnehmen. Aus aktuellem Anlass können wir sie auch als Kundgebung für die Menschenrechte in der Tschechischen Republik bezeichnen. Als Organisatoren haben wir keinen Fehler gemacht. Die Demo wurde vom Prager Magistrat erlaubt, aber die Polizei hat uns mutwillig daran gehindert, auf den Hradschiner Platz zu gelangen.“

Kundgebung für Menschenrechte in China und Tibet  (Foto: Martina Schneibergová)
Er wolle eine Klage gegen das Vorgehen der Polizei einreichen, so Bursík weiter. Sie habe das in der Verfassung garantierte Versammlungsrecht verletzt. Ihm schloss sich auch der Musiker und ehemalige Menschenrechtsminister Michael Kocáb an. Er kritisierte die Außenpolitik von Präsident Zeman:

„Zemans Schritte könnten zu einer Abkehr von der EU und der Nato führen, wenn die Zivilgesellschaft schweigt. Dies würde fatale Folgen haben für Tschechien, nicht nur in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit, sondern auch auf der Ebene der menschlichen Werte. Der Präsident drängt sich Russland und China auf erniedrigende Weise auf. Mit dem Einschmeichelkurs macht sich unsere Republik auch in den Augen der Chinesen lächerlich. Es lebe ein freies und demokratisches China und ein freies und demokratisches Tschechien!“

Kundgebung für Menschenrechte in China und Tibet  (Foto: Martina Schneibergová)
Unter den Rednern waren zudem der Bruder von Ex-Präsident Havel, Ivan Havel, die ehemalige Dissidentin Dana Němcová und der Leiter der Prager Nationalgalerie, Jiří Fajt. Nach etwa zwei Stunden wurde die Kundgebung mit Musik beendet.