Libanon: Fünf vermisste Tschechen sind frei
Fünf im Libanon entführte Tschechen sind nach mehr als einem halben Jahr wieder freigekommen. Wer hinter ihrer mutmaßlichen Entführung steht und warum sie nun freigelassen wurden, dazu gibt es bisher nur Spekulationen und Mutmaßungen.
„Fünf Tschechen, die seit Juli im Libanon vermisst wurden, sind gefunden worden. Wir kennen nur wenige Details: Sie sind nun in Obhut der libanesischen Sicherheitskräfte. Sie sind am Leben, und ihr Gesundheitszustand ist relativ gut. Ich habe die tschechische Vertretung in Beirut beauftragt, ihre Rückkehr in die Heimat vorzubereiten.“
Ein Regierungsflugzeug wird die Gruppe am Mittwoch zurück nach Tschechien bringen, hieß es am Dienstag. Zu der Frage, ob Lösegeld gezahlt wurde, wollte sich Außenminister Lubomír Zaorálek in einem Interview des Rundfunks nicht äußern. Auch weitere Informationen über die Freilassung wurden zurückgehalten.Zwei Fernsehjournalisten, ein Anwalt, ein Dolmetscher sowie ein ehemaliger militärischer Aufklärer: Die Gruppe reiste im Sommer vergangenen Jahres in den Libanon. Seit dem 18. Juli galten sie als vermisst. Damals hatte die libanesische Polizei ein leeres Taxi mit Ausweisen und Habseligkeiten der Tschechen gefunden, und zwar in der Bekaa-Ebene nahe der syrischen Grenze. Es wurde angenommen, dass die Tschechen entführt worden seien. Niemand bekannte sich aber zur Entführung.
Medien vermuteten, dass Entführer die Freilassung eines in Tschechien in Auslieferungshaft sitzenden Libanesen erpressen wollten. Die USA planen den Mann und seine zwei Komplizen wegen mutmaßlichen Waffenhandels anzuklagen. Ali Fayad, ein Libanese mit ukrainischem Reisepass, sowie Faouzi Jaber und Khalid Marabi wollten den Informationen der USA zufolge Kokain und Waffen an verdeckte Ermittler verkaufen, die Fahnder hatten sich als kolumbianische FARC-Terroristen ausgegeben. Im Dezember stimmte das Obergericht in Prag der Auslieferung der drei Personen an die USA zu, sie wurde aber von Justizminister Robert Pelikán bisher nicht bestätigt. Der Sicherheitsexperte Jan Scheider beschrieb den Fall gegenüber dem Tschechischen Fernsehen folgendermaßen:„Das Spektrum – von den Waffen für Kolumbien bis zum ukrainischen Pass Fayads – ist so breit, dass man nach Belieben Vermutungen anstellen kann, wer im Hintergrund steht. Meiner Meinung nach handelt es sich um die Spitze einer Pyramide, die wir niemals werden sehen können. Die ganze Geschichte wurde in den Medien in der Form veröffentlicht, wie es zwischen den beteiligten Parteien wahrscheinlich abgemacht wurde. Aus ihr lassen sich kaum Schlussfolgerungen ziehen.“
Nach Berichten einiger libanesischer Medien vom Dienstag soll es sich bei der jetzigen Freilassung der Tschechen eigentlich um einen Austausch handeln. Demnach soll der Libanese Ali Fayad innerhalb von 24 Stunden in den Libanon ausgeliefert werden. Diese Information wurde aber offiziell nicht bestätigt. Der Kommentator des Tschechischen Rundfunks, Milan Slezák, kommentierte die Sache am Dienstag:„Über den ganzen Fall ist nur wenig bekannt. Das ist meiner Meinung nach positiv, weil in Tschechien alles irgendwie herauskommt. Sollten die entführten Tschechen auf Grund von Verhandlungen freigelassen worden sein, waren die Verhandlungen wirklich sehr geheim. Die Entscheidung darüber, dass der tschechische Staat diese Verhandlungen führt und sich mit den Terroristen einigt, war kein Beschluss eines Einzelnen.“
Ende Januar traf unerwartet der Vorstand des Sicherheitsrates zusammen. Über den Inhalt des Treffens wurde nichts veröffentlicht. Nun wird vermutet, dass es eben um die Verhandlungen über die entführten Tschechen gegangen sei.