Mit dem Kneipensimulator gegen den Alkoholismus

Foto: Psychiatrischen Klinik Plzeň

Die Psychiatrische Klinik in Pilsen hat dem Alkoholismus mit innovativen Methoden den Kampf angesagt.

Foto: Psychiatrischen Klinik Plzeň
Setz dich her, lange nicht gesehen, trink doch eins mit uns. Diese Szene spielt sich täglich hundertfach in tschechischen Kneipen ab. Doch nicht nur dort, sondern neuerdings auch auf der Entzugsstation der Psychiatrischen Klinik im westböhmischen Plzeň.

Natürlich haben die Suchtärzte keine eigene Kneipe im Krankenhaus eröffnet. Denn Stühle, Tische, Theke und sogar die Stammgäste sind nur virtuell auf Leinwand und mit 3D-Brille zugänglich. Es handelt sich nämlich um eine Art therapeutisches Computerspiel für Alkoholiker mit einer einzigen Aufgabe: Widerstehen. Jiří Podlipný ist Arzt in Pilsen und betreut das Projekt:

„In der Klinik sind die Patienten in einem geschützten Umfeld. Wir dachten uns, dass wir eine Art Trojanisches Pferd brauchen, das den Süchtigen die Realität näherbringt. Also das, was sie draußen erwartet, wenn sie wieder mit ihren alten Freunden zusammen sind oder warum auch immer wieder eine Kneipe besuchen. Die Patienten werden sich so bewusst, wie anstrengend das alles sein kann.“

Die virtuelle Kneipe ist in Zusammenarbeit mit Informatikern von der Westböhmischen Universität in Pilsen entstanden. Dabei musste auch viel Feldarbeit geleistet werden, erklärt der Chefprogrammierer Jiří Polcar:

„In unserem Team sind Designer, die unsere virtuelle Gaststätte nach dem Vorbild einer richtigen Kneipe modelliert haben. Ein Animator hat dann allen Figuren Leben eingehaucht. Was die Geräusche angeht, die sind vollkommen echt. Wir sind mit Diktiergeräten in die Kneipe gegangen, haben dort einen Abend verbracht und authentische Gasthausklänge aufgenommen. “

Foto: Psychiatrischen Klinik Plzeň
Für die Patienten der Klinik sind Besuche im Kneipensimulator nicht verpflichtend, derzeit ist das Projekt eher ein Feldversuch. Wenn sich einer der Alkoholkranken während seiner Therapie doch für den Schritt entscheidet, absolviert er ihn insgesamt dreimal in sieben Wochen.

Zumindest sind erste Rückmeldungen von Patienten positiv. Auch wenn diese innovative Form der Therapie nicht für alle gleichermaßen geeignet ist. Dazu der Psychiater Milan Beniš:

„Die ersten Reaktionen waren ganz unterschiedlich, aber oft sehr aufschlussreich. Einige Patienten haben ein ganz anderes Trinkverhalten. Viele gehen nicht in Gaststätten und reagieren deshalb nicht sehr stark auf dieses virtuelle Umfeld. Nichtsdestotrotz kann man grundsätzlich sagen, dass es für eine Mehrheit der Probanden ein einschneidendes Erlebnis ist.“