Mit viel Wille zur EM

Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka
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Die tschechischen Fußballer haben sich vorzeitig für die Europameisterschaft qualifiziert. Am Donnerstag nutzten sie gleich die erste Chance. Nach einer Willensleistung besiegten sie das Team aus dem Kosovo mit 2:1.

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Vladimír Darida  (links). Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka
Der Jubel war groß, auch in der tschechischen Kabine. Die Fußballer feierten ausgiebig das Ticket zur Europameisterschaft im kommenden Jahr. In der Gruppe A kann ihnen der zweite Platz hinter den führenden Engländern im letzten Spiel nicht mehr genommen werden.

Dabei ging es in der Begegnung um viel. Denn der Kosovo war direkter Konkurrent um den zweiten Rang. Eine Niederlage hätte Tschechien um die Chance gebracht, sich aus eigener Kraft für die EM zu qualifizieren. Außerdem war man gewarnt: Das Hinspiel hatten die Kosovaren mit 2:1 für sich entschieden. Am Donnerstag in Plzeň / Pilsen gingen sie dann sogar nach einem Kopfballtreffer von Sturmriese Atdhe Nuhiu in Führung. Herthas Vladimír Darida sagte dazu nach der Begegnung:

„Das war natürlich keine leichte Situation für uns. Aber unser ganzes Team hat die Qualifikation gewollt, das haben wir schon zu Beginn der Zusammenkunft vor den Länderspielen gespürt. Letztlich haben wir alles reingehauen, um das Spiel zu drehen.“

Alex Král  (Mitte). Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka
Mit wütenden Angriffen attackierte nun die Heimmannschaft das Team aus dem Kosovo. Letztlich schossen die Tschechen 25 Mal auf das Tor des Gegners. Zweimal klatschte der Ball an die Latte. Und einmal landete er sogar im Tor. Doch der Treffer von Darida wurde wegen eines Fouls am kosovarischen Torhüter zurecht aberkannt.

Es schien fast wie verhext. Erst in der 71. Minute erlöste Defensivkraft Alex Král die tschechischen Fans: Der Spieler von Spartak Moskau zirkelte einen schönen Schuss von der Strafraumgrenze ins linke Eck. Damit läutete der 21-Jährige die Wende ein.

„Ich denke, am Wichtigsten war, dass wir uns nicht verrückt gemacht haben. Wir haben weiter unser Spiel durchgezogen und dann noch nachgelegt. Jetzt müssen wir das alles erst einmal sacken lassen, aber die Qualifikation feiern wir natürlich“, so Alex Král, einer der Schlüsselspieler am Donnerstag.

Ondřej Čelůstka  (Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka)
Vermeintlich war es auch er, der den Siegtreffer erzielte. Doch das Tor nach einer Ecke in der 79. Minute wurde später Ondřej Čelůstka zugeschrieben. Der Verteidiger hatte Králs Kopfball noch leicht mit dem Knie abgefälscht. Das aber störte den Spartak-Mittelfeldspieler letztlich. Mit einem Augenzwinkern erläuterte er:

„Als ich das Tor gefeiert habe, sagte mir Ondřej, dass er noch dran gewesen sei. Ich meinte zu ihm, er solle dies aber bloß nicht weitersagen. Aber natürlich war es auch im Fernsehen zu sehen. Na ja, eigentlich ist es nur wichtig, dass der Treffer gefallen ist und uns nun zur EM bringt.“

Tschechien gehört nach dem Sieg zum erlesenen Kreis jener Mannschaften, die bisher noch an jeder Europameisterschaft teilgenommen haben – auch wenn erst die EM von 1996 als die erste gilt.

Jaroslav Šilhavý  (Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka)
Nationaltrainer Jaroslav Šilhavý hatte das Team nach der verpatzten Qualifikation für die WM übernommen – und startete äußerst unglücklich in das Projekt Euro 2020. Im Auftaktspiel gab es im Wembley-Stadion von den Engländern eine 0:5-Klatsche. Und im September kam es zur erwähnten, etwas peinlichen 1:2-Niederlage in Priština. Aus der Formdelle befreite sich das Team aber schnell, mit dem Höhepunkt im Oktober, als man England zu Hause mit 2:1 schlug. Šilhavý fasste am Donnerstag das Jahr mit folgenden Worten zusammen:

„Am Anfang die Ohrfeige, danach haben wir aber alle Heimspiele gewonnen. Das war wohl die Grundlage. Für mich ist es ein großer Erfolg, mich als Nationaltrainer mit diesem Team für die EM zu qualifizieren. Das bereitet mir große Freude, und das genieße ich jetzt erst einmal.“

Im abschließenden Gruppenspiel tritt Tschechien am Sonntag noch in Bulgarien an. Für die Spieler dürfte dies ein eigenartiges Erlebnis werden. Denn wegen rassistischer Ausschreitungen bulgarischer Fans muss die Begegnung vor leeren Tribünen stattfinden.

Autor: Till Janzer
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