Musikgruppe "Ahmed ma hlad"

Musikgruppe 'Ahmed ma hlad'
0:00
/
0:00

Es ist keine Seltenheit mehr, dass tschechische Musikgruppen auf Englisch singen. Angeblich wegen des Klangs der Sprache und selbstverständlich auch, um damit international bekannt zu werden. Bekannt werden wollen die Musiker der Band "Ahmed ma hlad" (zu Deutsch "Ahmed hat Hunger") gewiss auch, sprachlich haben sie aber eine ganz andere Himmelsrichtung gewählt. Mehr verrät Ihnen Bara Prochazkova.

Haben sie die Sprachen in diesem Lied erkannt? Ukrainisch und Polnisch. Und die Musiker? Sie sind Tschechen! Seit acht Jahren begeistert die lebhafte slawische und balkanische Musik der Band "Ahmed ma hlad" die Fans in Tschechien, Polen, Slowakei, im Baltikum, in Rumänien aber auch in Berlin. Die acht Musiker haben sich vorgenommen, die Folklore der Slawen zu pflegen und weiter zu verbreiten. Nicht immer handelt es sich jedoch um Originaltexte, verrät die Sängerin der Musikgruppe Laura Kopecka:

"Entweder finden wir etwas in einem alten Liederbuch, wo aber meistens keine Noten zum Text aufgeschrieben sind. Oder es ist nur ein kurzer Abriss einer Melodie erhalten geblieben. In dem Fall vervollständigen wir die Melodie selbst. Die zweite Möglichkeit ist, dass wir sowohl die Musik als auch den Text selber schreiben. Manchmal hören wir aber während unserer Reisen ein Lied, das uns gefällt und das wir ein bisschen verändern. So entstehen dann unsere neuen Lieder."

Eine raue weibliche Stimme, in Verbindung mit einer männlichen Stimme, beides untermalt mit Gitarren, Bass, Schlagzeug, Akkordeon und zwei Klarinetten. Zusammengefasst: ein Turbo-Folk. Tschechisch singen "Ahmed ma hlad" übrigens nicht, denn die Sprache sei für sie nicht lustig genug. Alle Lieder müssen nämlich in der Originalsprache bleiben, betont die einzige Frau unter sieben Männern, Laura Kopecka:

Foto: www.ahmedmahlad.cz
"Die Originale sind am schönsten, übersetzen kann sie jeder. Sobald man solche Musik nicht mehr im Original spielt, dann handelt es sich nicht mehr um die Folklore der jeweiligen Region. Und es macht uns auch einen Riesenspaß, denn wir unterhalten uns den ganzen Tag mit Sprachspielereien."

Kein Wunder, denn alle Mitglieder der Band "Ahmed ma hlad" haben sich an der Karlsuniversität kennen gelernt. Die Fächer: Russisch und andere slawischen Sprachen. Heute studieren sie teilweise noch, einer ist als Sozialarbeiter für die Roma-Minderheit tätig, ein anderer arbeitet in der Armee, und auch ein Dozent für Mathematik hat eine Vorliebe für die slawischen Klänge. Laura Kopecka schreibt übrigens gerade eine Dissertation über ukrainische Emigration in New York. Im Osten Europas sei noch etwas Reizvolles, etwas was es im Westen nicht mehr gibt, erklärt Laura Kopecka:

"Mich zieht daran eine gewisse slawische Echtheit und Offenheit an. Etwas ganz Unmittelbares. Im Osten gibt es ein Temperament, das ich in Tschechien vermisse. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind auch ganz anders."

Foto: www.ahmedmahlad.cz
Russisch, Polnisch, Ukrainisch, Bulgarisch - das ist nur ein Teil derjenigen Sprachen, in denen die Musikgruppe "Ahmed ma hlad" spielt und singt. Nun eine Kostprobe aus Bulgarien, ein Lied über eine Nachtigal, die zu einer Rose singt:

Jedes Lied auf den zwei bis heute erschienenen Platten ist anders, einige lehnen sich an Originale an, einige sind ein reines Ergebnis der Fantasie der Bandmitglieder. Die meisten Texte stammen jedoch aus der Liedersammlung von Ludvik Kuba. Dazu Laura Kopecka:

"Wir fürchten uns immer, wenn wir in die jeweilige Region fahren, dass jemand zu uns kommt und seine Unzufriedenheit darüber äußert, was wir mit der Folklore eigentlich machen. Das ist aber noch nicht vorgekommen. Unsere Erfahrung ist sogar, dass wir außerhalb der Tschechischen Republik mehr Erfolg haben als zu Hause. Der Grund liegt wahrscheinlich in der Natur des tschechischen Publikums. Ich kann nicht sagen, dass das tschechische Publikum kühl ist, aber es steht fest, dass die Tschechen nicht so viel Temperament wie die anderen slawischen Nationen haben."

Foto: www.ahmedmahlad.cz
Ukrainische Folklore zeichnet sich durch russische und türkische Einflüsse aus, die polnischen Lieder sind den tschechischen ganz nah. So sind die slawischen Lieder gleichzeitig ähnlich und jedoch verschieden. Die Barockzeit hat die Volkskunst bedeutend beeinflusst, später hat sich in der Folklore nicht mehr viel verändert. Die Themen blieben auch ähnlich, die Lieder beschreiben den Alltag der Menschen, und selbstverständlich auch die Liebe:

"Liebe hat tausende Formen - Freude, Trauer, Suche oder Trennung. Daneben singen wir Lieder über Feuersbrünste oder darüber, wie eine Mutter ihren Sohn sucht, damit er aufhört, sich auf den Straßen herumzutreiben und etwas Vernünftiges macht. Oder die Lieder handeln über Pferdeverkauf und das Locken von Mädchen mit billigen Tricks."

Und so ruft die Mutter ihren Sohn nach Hause:

Und jeder hat sich wahrscheinlich in der Zwischenzeit auch die Frage gestellt, was der Name der Musikgruppe bedeutet: "Ahmed ma hlad" ist der Titel eines Reiseberichtes von Jaroslav R. Vavra, der von einer Reise nach Saudi Arabien handelt und in der Zwischenkriegszeit in der Tschechoslowakei herausgegeben wurde. Übrigens keiner der Musiker hat das Buch jemals gelesen. Dass sie aber wissen, was sie singen und spielen, beweisen sie bei Konzerten. Nicht ohne Grund loben die Musikkritiker vor allem ihre lebhaften Auftritte mit wilden Tanzkreationen. Und Folklore kann auch ganz aktuell sein. Zum Schluss hören wir noch eine makedonische Klage einer jungen Frau, deren Freund ins Ausland gegangen ist, um dort Geld für den Bau des Hauses zu verdienen.