Muskelspiele ums Außenamt

Miroslav Poche (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)
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Es ist ein steiniger Weg zur neuen Regierung in Tschechien. Nach dem Mitgliedervotum bei den Sozialdemokraten sorgt nun die Personalie Miroslav Poche für Wirbel.

Miroslav Poche  (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)
Am Freitag hieß es erst einmal aufatmen bei den Sozialdemokraten, denn die Mitgliederbasis hatte für eine Minderheitsregierung mit der Partei Ano votiert. Gut 58 Prozent der Genossen stimmten für einen Eintritt in das Bündnis mit Premier Andrej Babiš. Doch lange dauerte die Freude nicht, denn nun droht die Koalition wegen eines Namens zu scheitern – es geht um den designierten Außenminister Miroslav Poche.

Staatspräsident Miloš Zeman will den Europaabgeordneten, erfahrenen Außenpolitiker und leidenschaftlichen Radfahrer nämlich nicht im Außenamt sehen. Der Grund: Poche soll nicht hinter den wichtigsten Pfeilern der tschechischen Diplomatie stehen. Konkret soll er im Europaparlament entgegen der restriktiven Haltung Prags in der Flüchtlingsfrage gestimmt haben und Israel nicht genügend unterstützen. Sozialdemokraten-Chef Jan Hamáček hält das für absurd:

„Das sind alles Desinformationen. Miroslav Poche arbeitet im Europaparlament eng mit israelischen Diplomaten zusammen, und man kann ihm nicht ernsthaft Israel-Feindlichkeit vorwerfen. Wenn jemand für das Amt des Außenministers qualifiziert ist, dann Miroslav Poche. Da besteht sprachlich und von der Erfahrung her einfach klare Kompetenz.“

Bisher treffen diese Argumente auf der Prager Burg jedoch auf taube Ohren. Das füttert durchaus Gerüchte, dass etwas anderes hinter der Aversion Zemans gegenüber Poche steht. Der Sozialdemokrat hatte im Präsidentschaftswahlkampf nämlich offen Zemans Gegenkandidaten Jiří Drahoš unterstützt. Diese Vorwürfe seien Unsinn, lehnte Zeman die Spekulationen in einem Interview jedoch ab, da müsse er ja etwas gegen die halbe tschechische Bevölkerung haben.

Jan Hamáček  (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)
Sozialdemokraten-Chef Hamáček besteht weiterhin auf Poche als Außenminister und hat ihn mittlerweile auch bei Premier Andrej Babiš durchgesetzt. Eigentlich ist der Regierungschef ebenfalls gegen die Berufung Poches. Nichtsdestotrotz war der EU-Parlamentarier auf der Liste der Ministerkandidaten, die Babiš am Sonntag dem Präsidenten vorlegt hat. Laut dem Regierungschef ist der Streit eine Sache zwischen dem Staatsoberhaupt und dessen ehemaliger Partei:

„Ich muss mich nicht mit Herrn Poche treffen, das Problem liegt ja zwischen ihm und dem Präsidenten. Dazu kommt noch der Widerstand der Kommunisten. Ich bin mit Sozialdemokraten-Chef Hamáček in telefonischem Kontakt, und wir wollen gemeinsam eine Lösung finden.“

Vojtěch Filip  (links). Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Denn nicht nur der Präsident, sondern auch die Kommunisten können nicht so recht mit Miroslav Poche, vor allem wegen seiner angeblich wohlwollenden Haltung in der Migrationsfrage. Man habe sich schon vor dem Referendum bei den Sozialdemokraten gegen den 40-jährigen Politiker ausgesprochen, heißt es aus den Reihen der Partei, die das Minderheitskabinett tolerieren soll. „Statt dass Miroslav Poche an die Sozialdemokraten denkt, hat er nur sich selbst und sein Ministeramt im Kopf“, so Kommunisten-Chef Vojtěch Filip.

Jan Hamáček bleibt jedoch dabei – Poche ist in seinen Augen der beste Kandidat für den Posten des Außenministers. Tatsächlich ist der jetzige Europageordnete ein alter Hase in der tschechischen Diplomatie. Ende der 1990er Jahre war er für die UN und OSZE auf dem Balkan, seit 2014 sitzt er im Plenarsaal in Straßburg. Am Sonntag hieß es dann von der Prager Burg, dass sich der Präsident mit Miroslav Poche treffen wolle. Ob das jedoch auf ein gutes Ende hindeutet, bleibt fraglich. „Der Präsident werde Herrn Poche nahelegen, sich seine Kandidatur noch einmal zu überlegen. So könnte die Regierungsbildung vereinfacht werden“, bestätigte Präsidentensprecher Jiří Ovčáček.

Jan Kaván  (Foto: Jwh,  CC BY-SA 3.0)
Miroslav Poche selbst sieht das für Donnerstag angesetzte Gespräch hingegen als Möglichkeit, Missverständnisse auszuräumen:

„Ich will dem Präsidenten meine Haltung zu unserer Mitgliedschaft in EU und Nato erklären sowie meine Vorstellungen zur Sicherheitspolitik. Das alles möchte ich ganz detailliert offenlegen, damit es keine Reibungspunkt zwischen mir und Zeman gibt.“

Wer am Ende einknickt, bleibt abzuwarten. Dabei stand Miloš Zeman früher als Premier schon einmal auf der anderen Seite desselben Problems. Präsident Václav Havel lehnte es Ende der 1990er Jahre zunächst ab, die designierten Minister Miroslav Grégr und Jan Kavan zu ernennen. Grund dafür waren persönliche und ideologische Differenzen sowie eine vermeintliche Zusammenarbeit Jan Kavans mit der tschechoslowakischen Stasi. Aus diesem Streit ging Zeman jedoch als Sieger hervor und boxte seine Minister durch.