Nach gescheitertem EU-Gipfel: Prager Regierung enttäuscht

Der tschechische Regierungschef Jirí Paroubek (Foto: CTK)
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Der Brüsseler Gipfel, auf dem die Staats- und Regierungschef der 25 EU-Staaten den Haushalt für die Jahre 2007 bis 2013 hätten beschließen wollen, ist gescheitert. Auch zum weiteren Schicksal des Verfassungsvertrages nach den negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden einigten sich die Delegationen nur auf eine allgemeine Formel, die dem Ratifizierungsprozess in den einzelnen Staaten mehr Zeit einräumen will. Gerald Schubert berichtet über die tschechischen Reaktionen auf den Gipfel:

Jean-Claude Juncker  (Foto: CTK)
Großbritannien, Schweden, Finnland, Spanien und die Niederlande. Das sind - so verlautete es aus Brüssel - jene fünf Staaten, die in der Nacht von Freitag auf Samstag auch den letzten Kompromissvorschlag des luxemburgischen Ratspräsidenten Jean-Claude Juncker ablehnten und damit den EU-Budgetgipfel endgültig zum Scheitern brachten. Der tschechische Premierminister Jirí Paroubek verhehlte seine Enttäuschung auf der nächtlichen Pressekonferenz nicht:

"Die Tschechische Republik gehörte zu den Ländern, die der luxemburgischen Präsidentschaft noch helfen wollten, einen tragfähigen Kompromiss zu erzielen. Und zwar nicht nur verbal! Nachdem nämlich die fünf genannten Staaten den Budgetvorschlag zunächst abgelehnt hatten, haben wir uns bereit erklärt, einen bestimmten Teil des Geldes sozusagen auf dem Altar der Europäischen Union zu opfern - wenn jene Länder das wollen, weil sie das Problem in ihren eigenen hohen Ausgaben sehen."

Auch dieser Vorschlag wurde jedoch nicht akzeptiert. Stellvertretend für die Reaktion vieler Politiker sei hier Martin Schulz zitiert, der deutsche Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament:

Der tschechische Regierungschef Jirí Paroubek  (Foto: CTK)
"Die ärmeren mittel- und osteuropäischen Staaten haben noch in letzter Minute versucht, den Gipfel zu retten und auf Gelder zu verzichten. Die Reichen wie Großbritannien und die Niederlande wollten hingegen nicht zahlen. Wer das erlebt hat, kann sich nur schämen."

Das Auftreten Deutschlands auf dem Brüsseler Gipfel wurde vom tschechischen Regierungschef Jirí Paroubek besonders positiv hervorgehoben:

Der deutsche Kanzler Gerhard Schröder  (Foto: CTK)
"Ich glaube, das Verhalten einiger Staaten wurde vom deutschen Kanzler Gerhard Schröder sehr gut charakterisiert. Schröder sprach von nationalem Egoismus einiger Länder. Und gerade er hat meiner Meinung nach ein großes moralisches Recht zu solchen Aussagen, denn Deutschland ist der größte Nettozahler und finanziert schon seit langem 20 bis 25 Prozent des Haushalts", so der Sozialdemokrat Paroubek.

Tschechien hofft nun auf weitere Verhandlungen, die doch noch rechtzeitig den Weg zu einem EU-Haushalt für die Jahre 2007 bis 2013 ebnen können. Und Hoffnung ist auch im Zusammenhang mit der europäischen Verfassung angesagt: Gerade sucht die Regierung wieder einmal das Gespräch mit der Opposition, um für die weitere Ratifizierung - sei es durch ein Referendum oder im Parlament - die nötige Dreifünftelmehrheit der Gesetzgeber zu gewinnen. Auch das ein Unterfangen, das nach dem gescheiterten Gipfel nicht gerade leichter wurde.