Nato-Außenminister beim Treffen in Prag eher uneinig über weitere Ukraine-Hilfe
Am Freitag beraten sich die Nato-Außenminister in Prag. Im Mittelpunkt steht dabei die Finanzierung der Ukraine-Hilfe. Das informelle Treffen in der tschechischen Hauptstadt wurde aber bereits am Donnerstag eröffnet, mit einigen repräsentativen Auftritten – und einer Ordensverleihung.
Tschechien sei ein zuverlässiger und geschätzter Partner in der Nato. Dieses Lob bekam das gastgebende Land am Donnerstag gleich zweimal öffentlich ausgesprochen, und das von höchster Ebene. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich auf diese Weise bei seinem Besuch bei Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten). Und ganz ähnliche Worte fand auch US-Außenminister Antony Blinken.
Er war am Donnerstag der erste Gast auf der Prager Burg, besprach sich dort mit Staatspräsident Petr Pavel und mit seinem tschechischen Amtskollegen Jan Lipavský (Piraten). Danach begleitete ihn Verteidigungsministerin Jana Černochová (Bürgerdemokraten) auf den Militärflugplatz Kbely und zeigte dem Gast die Kampfmaschinen, die Tschechien an die Ukraine liefert. Blinken kommentierte:
„Es ist eine außergewöhnliche Arbeit, die Tschechien bei der Unterstützung der Ukraine in dieser Notsituation leistet. Dazu gehört etwa die Ausbildung von bis zu 9000 ukrainischen Soldaten bis zum Ende des Jahres.“
Und auch die Munitionsinitiative sei für die Ukraine essenziell wichtig, ergänzte der US-Diplomatiechef.
Mit dieser Initiative organisiert Tschechien den weltweiten Einkauf von mindestens 800.000 Stück Artilleriemunition sowie deren Finanzierung durch die westlichen Staaten. Premier Fiala konnte Jens Stoltenberg am Donnerstag mitteilen, dass die Lieferungen in Zehntausendermengen ab Juni monatlich stattfinden würden. Die Reaktion des Nato-Generalsekretärs:
„Dies ist von großer Wichtigkeit und macht wirklich einen Unterschied. Dass es schon bald die erste Munitionslieferung geben wird, ist eine sehr gute Nachricht.“
Eine wichtige Angelegenheit für die Ukraine ist inzwischen auch die Zustimmung der verbündeten Staaten zur Nutzung jener Waffen, die der Westen liefert, für Angriffe auf das Gebiet Russlands. Bisher gilt die Bedingung, dass das gespendete Material nur zur Selbstverteidigung im eigenen Lad eingesetzt werden darf. Bei der öffentlichen Debatte im tschechischen Senat, mit der am Donnerstag auch die 25-jährige Nato-Mitgliedschaft Tschechiens gefeiert wurde, sagte Stoltenberg dazu:
„Ich glaube, die Zeit ist gekommen, einige der Einschränkungen zu überdenken und es den Ukrainern zu ermöglichen, sich selbst zu verteidigen.“
Einige Nato-Mitglieder, wie Italien, Deutschland oder die USA, befürchten allerdings, dass dies zu einer Eskalation des Konfliktes führen könnte. Tschechien hingegen gehöre zu jenen Ländern, die die Ukraine nicht mehr einschränken wollten, betonte Außenminister Lipavský und verwies auf das Selbstverteidigungsrecht, festgehalten in der UN-Charta:
„Die Ukraine muss in der Lage sein, gegen die barbarische Invasion Russlands zu kämpfen. Und das auch auf russischem Territorium.“
Für Freitag, wenn alle Nato-Außenminister dazu tagen, wird noch keine finale Entscheidung in dieser Frage erwartet. Vielmehr dient das Treffen zur Vorbereitung des Nato-Gipfels im Juli, der im Übrigen das 75-jährige Gründungsjubiläum der Allianz markiert. Geleitet wird er ein letztes Mal von Jens Stoltenberg, der im September nach zehn Jahren aus dem Amt ausscheidet. Für seine Verdienste zur Stärkung der Demokratie bekam er am Donnerstag von Präsident Pavel den Tomáš-Garrigue-Masaryk-Staatsorden dritter Klasse überreicht. Das Staatsoberhaupt bezog sich in seiner Rede noch einmal auf das Nato-Jubiläum Tschechiens:
„Das vergangene Vierteljahrhundert war für die Tschechische Republik zweifellos eine Zeit der Sicherheit, Prosperität und Freiheit. Unsere Nato-Mitgliedschaft hat daran einen grundlegenden Anteil. Und aus eigener Erfahrung kann ich hinzufügen, dass an diesem Erfolg auch Sie, Herr Stoltenberg, einen persönlichen Anteil tragen.“
So aufgelockert die Atmosphäre bei den verschiedenen Treffen am Donnerstag war, dürfte es am Freitag nicht mehr zugehen.
Zu den wichtigsten Themen der Hauptberatungen der Nato-Außenminister gehört nämlich auch die weitere Finanzierung der Ukraine-Hilfe. Stoltenberg schlägt dafür die Einrichtung eines Hilfsfonds vor, aus dem der Ukraine jährlich 40 Milliarden Euro zukommen sollen. Ausgesprochen dagegen ist etwa Ungarn, und auch aus Frankreich war im Vorfeld zu hören, dass eher eine Finanzierung auf EU-Ebene gewünscht sei. Und Deutschland etwa setzt bisher vor allem auf eigene Initiativen. Jan Lipavský allerdings sprach sich für Tschechien schon für einen Nato-Fonds aus.
Verbunden
-
Tschechien und der Krieg in der Ukraine
Radio Prague International berichtet über den Krieg in der Ukraine