Naturschützer rufen „Jahr der Fledermaus“ in Tschechien aus

Der tschechische Verband der Naturschützer (Český svaz ochranců přírody) hat zum dritten Mal in Folge ein Themenjahr ausgerufen. 2022 stehen die Fledermäuse im Mittelpunkt.

Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Der Große Abendsegler ist eine der häufigsten Fledermaus-Arten in Europa und damit auch in Tschechien. Seine Ultraschall-Ortung klingt wie ein besonders langsames Modem. Eigentlich können wir Menschen diese Laute nicht hören, denn sie werden in einem Bereich von 20 bis 140 Kilohertz erzeugt. Und die menschliche Wahrnehmung endet bei 18 Kilohertz. Doch sogenannte Bat-Detektoren, recht einfache Geräte, knacken mittlerweile auch diese Echolot-Rufe.

Fledermäuse haben für viele Menschen bis heute etwas Geheimnisvolles oder sogar Unheimliches an sich. Das ist auch einer der beiden Gründe, warum der tschechische Verband der Naturschützer 2022 zum Fledermaus-Jahr ausgerufen hat. Kateřina Burešová koordiniert die entsprechende Aufklärungskampagne:

Kleines Mausohr | Foto: Amirekul,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Wir haben die Gruppe der Fledermäuse deswegen ausgewählt, weil wir denken, dass sie meist nicht beachtet wird. Dabei sind diese Tiere bedroht, leben aber häufig in unserer Nähe und haben sich an den menschlichen Siedlungsbereich angepasst. Sie sind synanthrop, wie der wissenschaftliche Ausdruck dafür heißt. Obwohl wir den Fledermäusen also eigentlich begegnen, werden sie negativ angesehen. Und mit unserem Themenjahr wollen wir das Bild dieser Tiere verändern.“

Foto: Vladimír Lemberk,  Tschechischer Rundfunk

Überträger von Krankheiten?

Eine dieser falschen Ängste ist auch durch die Corona-Pandemie verstärkt worden. So könnte SARS-CoV-2 nach einer Theorie ursprünglich von Fledermäusen stammen. Viele Menschen halten diese fliegenden und flatternden Säugetiere jedenfalls für gefährliche Krankheitsüberträger. Daniel Horáček ist beim Naturschutzverband der Fachmann für Fledermäuse und räumt dieses Irrbild aus:

Illustrationsfoto: Syaibatul Hamdi,  Pixabay,  Pixabay License

„Fledermäuse haben allgemein ein etwas anderes System, um Viren zu bekämpfen als wir Menschen. Sie haben in der Regel mehr Viren. Aber es gibt fast keine Nachweise, dass sie diese direkt auf den Menschen übertragen können. Meist geschieht die Übertragung über einen Zwischenwirt oder dadurch, dass jemand ihr rohes Fleisch konsumiert. Es muss erst einmal zu einer sehr starken Mutation des jeweiligen Virus kommen, bevor dieses auf den Menschen übergreifen kann.“

Wie erwähnt, haben sich die Fledermäuse an den menschlichen Siedlungsbereich angepasst. So leben sie unter anderem in Dachstühlen, in den Ritzen alter Gemäuer oder in Schächten. Dennoch sind sie bedroht.

Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

„Wir wollen uns eben gerade deswegen auf die Fledermäuse konzentrieren, weil ihre natürliche Nahrung weniger wird und dies ihren Erhalt bedroht. Stichwort Insektensterben“, so Kateřina Burešová.

Im intakten Ökosystem mit genügend Insekten kommt den Fledermäusen eine Rolle zu, von der auch wir Menschen profitieren. Denn ihr Speiseplan verhindert zum Beispiel, dass sich Schädlinge oder krankheitsübertragende Mücken stark ausbreiten. Die Flugkünstler mit den spitzen Zähnen sind also eigentlich wichtig für uns. Gerade aber die christliche Kultur hat die Fledermäuse zu Unrecht in Verruf gebracht. Fachmann Horáček:

Illustrationsfoto: Placidplace,  Pixabay,  Pixabay License

„Christliche Maler und weitere Künstler haben das Aussehen der Fledermaus als Abbild des Teufels gewählt. Das hat den Tieren einen Bärendienst erwiesen. Leider hat sich diese Vorstellung selbst bei jenen Menschen gehalten, die nicht gläubig sind. Auch darin besteht das Problem“,

In Tschechien konnten bisher insgesamt 28 Fledermausarten nachgewiesen werden.

Foto: Andrea Seidelová,  Tschechischer Rundfunk

„Einige Arten sind stark an das Zusammenleben mit den Menschen gebunden, andere Arten an weitere Lebensräume wie etwa Buchenwälder oder Höhlen. Die Unterschiede sind da groß, nicht nur bei der Art des Verstecks, sondern auch der Nahrung. Einige mögen vor allem Mücken, andere wiederum Motten. Und das Große Mausohr frisst zum Beispiel Käfer. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel haben sich hierzulande mittlerweile Arten verbreitet, die zuvor eigentlich eher im Mittelmeerraum gelebt haben. Ein Beispiel ist die Alpenfledermaus, die es vor zehn Jahren in Tschechien noch nicht gab, aber mittlerweile an mehreren Dutzend Stellen gefunden wurde“, sagt der Biologe.

Alle Fledermausarten in Tschechien gelten mindestens als stark bedroht, drei von ihnen sogar als kritisch bedroht. Das sind die Teichfledermaus sowie die Kleine und die Große Hufeisennase.

Foto: Ivana Sedláčková,  Tschechischer Rundfunk

Internationale Fledermausnacht

Im „Jahr der Fledermaus“ soll vor allem die tschechische Öffentlichkeit über diese Tiere aufgeklärt werden. Unter anderem wurde eine eigene Website (www.roknetopyru.cz) geschaffen. Auf dieser sind alle Veranstaltungen aufgelistet wie zum Beispiel Ausflüge auf den Spuren der Fledermäuse oder Vorträge. Und weiter Daniel Horáček:

Daniel Horáček | Foto: ČT24

„Die beste Möglichkeit einer Begegnung mit den Tieren bietet die Internationale Fledermausnacht am letzten Augustwochenende. Sie wird in Tschechien an mehreren Orten begangen. Dabei kann man sowohl verletzte Fledermäuse in den Aufzuchtstationen besuchen, als auch sehen, wie genesene wieder frei gelassen werden.“

Des Weiteren zeigen Biologen und Naturschützer, wie die Tiere gefangen werden, um sie zu untersuchen. Wer Glück hat, darf auch einmal vorsichtig mit dem Finger über den pelzigen Leib der Fledermäuse streicheln.

Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Daniel Horáček hat im Übrigen auch zwei Arten, die ihm ganz besonders gefallen:

„Die eine ist die Mopsfledermaus – und zwar weil sie nur sehr selten war in jener Gegend, in der ich mit meinen Forschungen begonnen habe. Und dann noch die Zweifarbfledermaus. Da ist der Grund, dass es die schönste und am interessantesten gefärbte Art hierzulande ist. Der Pelz ist grau mit silbernen bis goldenen Haarspitzen, und hinter den Ohren haben sie einen gelben Halbmond. Ein wirklich schönes Tier.“

Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk
Autoren: Till Janzer , Olga Vasinkevich
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