Nelahozeves - Dvoráks Geburtshaus unter einem Renaissanceschloss

Festival 'Dvoráks musikalisches Nelahozeves'

Der Anfang des Monats gehört in unserer Sendereihe "Reiseland Tschechien" der Musik. Wir besuchen diesmal den Geburtsort des Komponisten Antonín Dvorák. Wir berühren das Schicksal seines Geburtshauses, besichtigen aber auch das Schloss, das auf einem Felsen darüber thront. Bei der Reise nach Nelahozeves begleiten Sie Markéta Maurová und Lothar Martin.

Auf den ersten Blick beeindruckt vor allem das Renaissance-Schloss den Besucher von Nelahozeves. Ein weiß-graues Gebäude des ehemaligen Gasthauses darunter - das ist das Geburtshaus des Komponisten Antonín Dvorák. Ganz in der Nähe befinden sich auch weitere Objekte, die für Dvorák, der in Nelahozeves seine frühen Kindheitsjahre verlebte, von Bedeutung waren: die Kirche, in der er die ersten Töne hörte und spielte, aber auch die Eisenbahn, auf der Dvorák die ersten Züge sah, die er sein ganzes Leben lang bewunderte.

In Dvoráks Geburtsdorf wird seit elf Jahren ein Festival namens "Dvoráks musikalisches Nelahozeves" veranstaltet. Es hat sich von einem Umfang von vier bis zu den heutigen zwanzig Konzerten entwickelt, die von März bis Oktober gespielt werden. Über die Dramaturgie habe ich mit dem Festivaldirektor, Milan Svoboda, gesprochen:

Renaissanceschloss Nelahozeves
"Vor allem ist es ein Festival, das für alles offen steht, denn das Publikum richtet sich nicht auf eine konkrete Zeitspanne oder eine dramaturgische Richtung aus. Ich glaube, dass auch Dvorák damit einverstanden wäre, dass wir nicht nur seine Werke spielen. Wir spielen von der romantischen Musik bis zum Jazz, alte, barocke, aber auch moderne Musik, Musik des 20. Jahrhunderts und Musik zeitgenössischer Komponisten."

Und wie sieht es in einem kleinen Dorf wie Nelahozeves mit dem Publikum aus? Kann ein solches Festival genug Gäste anlocken?

"Es kommen auch Prager, aber selten, weil es in Prag ein riesiges Angebot an Konzerten gibt. Das Publikum besteht vor allem aus Einheimischen, aus der Region Melnik-Kralupy-Kladno. Dieses Publikum ist aber breit gefächert, und wir sind fast immer ausverkauft. Das Festival hat also einen ausgeprägt regionalen Charakter."

Milan Svoboda beklagte sich während unseres Gespräches über den Zustand des Museums in Dvoráks Geburtshaus. Die Fassade ist zwar frisch angestrichen, drinnen findet man jedoch eine ziemlich alte Ausstellung, die die Besucher, die aus der ganzen Welt kommen, kaum ansprechen könne. Svobodas Bemühung, dies zu ändern, ging jedoch in Leere. Auf meine Frage warum, antwortete er, da müsste man den Besitzer und den Verwalter des Hauses, d.h. Martin Lobkowicz und das Museum für tschechische Musik, fragen:

Dvoráks Geburtshaus in Nelahozeves | Foto: CzechTourism
"Wir haben im Jahre 1999 einen internationalen Architektenwettbewerb ausgeschrieben, aus dem ein Sieger hervorgegangen ist. Heute steht eine Studie des Hauses zur Verfügung, wie es in seiner neuen Gestalt aussehen sollte, diese Idee konnte jedoch aus vielen Gründen leider nicht realisiert werden. Die Idee ist allerdings toll. Dvoráks Vater war ein Gastwirt und betrieb ein Gasthaus. In diesem Gasthaus hörte Dvorák zum ersten Mal Lieder und fand als Kind die erste musikalische Inspiration. Die Idee ist daher, eine Kulisse des Gasthauses von der Mitte des 19. Jahrhunderts zu schaffen, damit sich die Besucher eine Vorstellung machen können, aus welchen Bedingungen Dvorák hervorgegangen ist und bis wohin er in seinem Leben gekommen ist. Aus einem böhmischen Gasthaus hinweg über die Grenzen aller Staaten."

Das Festival "Dvoráks musikalisches Nelahozeves" erlebte Ende der 90er Jahre seinen Höhepunkt, als dort die weltberühmte Sopranistin Renee Fleming sang:

"Sie hat zweimal auf dem Festival gesungen. Im Jahre 1996 trat sie ohne Honorar-Anspruch auf Einladung von William Lobkowicz auf, der das Schloss in Nelahozeves verwaltet. Ihr Recital im Schlosshof ist damals nass geworden. Sie nahm dennoch unsere Einladung wieder an, und zwar im Jahr 1999, als sie im Prager Rudolfinum sang."

Wo werden die Festivalkonzerte eigentlich veranstaltet?

"Es gab bereits einige Konzerte im Geburtshaus, dort steht jedoch kein Konzertsaal zur Verfügung. In dem Saal, in dem es ein Klavier gibt, steht nämlich eine Säule in der Mitte, was für Konzerte sehr ungünstig ist. Sonst finden die Konzerte im Rittersaal bzw. im großen Kellersaal des Schlosses statt, große vokale Werke werden in der Kirche Mariä Himmelfahrt im nahen Zlonice gespielt. Und einige Konzerte werden auch im Prager Konzerthaus Rudolfinum abgehalten."

Wenn Besucher nach Nelahozeves kommen, werden sie sich sicher auch in das prächtige Schloss dort locken lassen. Es wurde im 16. Jahrhundert errichtet, und seine Renaissance-Fassade mit Sgraffito-Ausschmückung ist fast unverändert bis heute erhalten geblieben. Dasselbe gilt auch für einige Innenräume, von denen der bereits erwähnte Rittersaal am schönsten ist. Seit dem Jahr 1623 befindet sich das Schloss im Besitz der Familie Lobkowicz, aus der auch der jetzige Besitzer stammt. Die Besucher können im Schloss prächtige Möbel, mittelalterliche Reliquiare und Kirchengegenstände, Kunststücke aus Silber, aber auch alte Musikinstrumente sowie Autographen von Beethoven und Mozart besichtigen. Die Touristenführerin im Schloss, Mirka Buresova:

Mirka Buresova
"Wir haben z.B. die 4. und 5. Symphonie von Beethoven oder seine Symphonie 'Eroica', zum Teil eine Druckausgabe, zum Teil eine Kopie mit Noten und Korrekturen, die Beethoven am Rande der Seiten eigenhändig geschrieben hat. Beethovens Werke befinden sich hier dank der Tatsache, dass die Familie Lobkowicz, vor allem der 7. Fürst Lobkowicz, ein großer Patron Beethovens war. Der Komponist hatte einen Teil seines Werkes der Familie Lobkowicz gewidmet."

Das Wertvollste, was man im Schloss findet, ist eine umfangreiche Gemäldesammlung:

"Zur Sammlung gehören Werke von sehr berühmten Meistern. Wir haben hier zum Beispiel 'Die Göttin Hygieia' von Peter Paul Rubens, 'Die Heuernte' von Peter Brueghel dem Älteren, des Weiteren zwei schöne Blicke auf London von Antonio Canaletto und auch eines der Bilder der kleinen Infantinnen, die Diego Velazquez zugeschrieben werden. In die Sammlung gehören auch die sog. spanischen Porträts vom Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts. Es ist eine Porträtsammlung einiger Adelsfamilien bzw. des königlichen Hauses der Habsburger, meistens von holländischen und deutschen Malern. Sie haben jedoch in Spanien studiert, und deswegen werden sie als spanische Schule bezeichnet. Eine andere umfangreiche Sammlung dieser Art gibt es nur noch im Museum Prado in Spanien oder im Kunsthistorischen Museum in Wien."

Juni-Quizfrage:

Antonín Dvorák war mit einem deutschen Komponisten besonders befreundet, der ihm auch zum internationalen Durchbruch verholfen hat. Wer war dieser deutsche Tonmeister?

Unsere Postanschrift: Radio Prag, Vinohradska 12, 120 99, Prag 2, und unsere E-Mail-Adresse: [email protected].

Vor einem Monat haben wir gefragt, wann die Oper Rusalka ihre Uraufführung erlebte. Das richtige Jahr ist 1901, was uns u. a. Ulrich Wicke geschrieben hat. Er bekommt eine CD mit den Slawischen Tänzen Antonín Dvoráks von uns. Herzlichen Glückwunsch!

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