Neue Corona-Vorschriften treffen Schulen, Bars und Clubs
Masken in Klassenzimmern und eingeschränkte Öffnungszeiten von Bars – neue Maßnahmen zum Schutz gegen eine Corona-Infektion schränken das Leben in Tschechien erneut ein. Seit Freitag gelten im ganzen Land strengere Vorschriften. Nicht jedem erschließt sich ihre Logik.
Kurz vor dem Wochenende sorgen die neuen Hygienevorschriften von Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) vor allem in den Schulen für Aufregung. Seit Freitag gilt, dass mit Ausnahme der Erstklässler alle Schüler und Lehrer ihre Maske auch während des Unterrichts tragen müssen. Dabei ist nicht allen Verantwortlichen klar, wie das umzusetzen ist. Michal Černý ist Vorsitzender des Verbandes der Grundschuldirektoren:
„Wir erwarten, dass noch nähere Anweisungen herausgegeben werden. Zum Beispiel für den Fall, dass Kinder und auch ihre Eltern das Tragen der Maske verweigern. Das ist eigentlich nur aus gesundheitlichen Gründen möglich, wenn ein ärztliches Attest vorgelegt wird.“
Nach neuesten Angaben des Epidemiologen Roman Chlíbek, Mitglied des Corona-Expertenteams der tschechischen Regierung, treten aktuell 20 Prozent der Neuinfektionen in Schulen auf. Darum setzt Adam Vojtěch gerade hier einen Schwerpunkt für strengere Hygieneregeln:
„Wir wollen verhindern, dass Schulen paralysiert werden. Wenn die Schüler und Direktoren die Maskenpflicht in allen Räumlichkeiten der Schule einhalten, und das inklusive des Unterrichts, können wir der Quarantäne ganzer Klassen vorbeugen.“
Das sieht Renata Schejbalová allerdings anders. Die Vorsitzende des Verbandes der Gymnasialdirektoren erläuterte dazu am Freitagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Mich überrascht, wie wenig logisch, ja absurd die Vorgabe ist. Die Masken sollen in den Klassenräumen getragen werden, also im Unterricht zum Beispiel für Tschechisch, Englisch oder Mathematik. Dagegen müssen sie in Musik, also beim Gesang, oder beim Sport nicht getragen werden. Das sind aber die risikoreichsten Aktivitäten. Das passt nicht zusammen. Wenn infizierte Schüler beim Sport oder beim Singen zusammentreffen, muss doch wieder die ganze Klasse in Quarantäne.“
Ab Freitag dürfen auch Veranstaltungen in Innenräumen ohne Bestuhlung nur noch von maximal zehn Menschen besucht werden. Unter freiem Himmel gilt bei mehr als 100 Besuchern wieder die Maskenpflicht. Ladislav Dušek leitet das Institut für Informationen und Statistik im Gesundheitswesen:
„Wenn wir nur ein wenig die Kontakte und großen Veranstaltungen einschränken, dann haben wir eine Chance, die Welle breiter zu verteilen. Wenn wir die Belastung rechtzeitig flach halten, bewahren wir das Gesundheitssystem vor Überlastung und beugen empfindlichen wirtschaftlichen Restriktionen vor.“
Von solchen Restriktionen ist zumindest das Gastronomiegewerbe aber schon jetzt wieder betroffen. Für Restaurants, Clubs und Bars gilt landesweit ab Freitag eine Sperrstunde zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh. Innenminister und Vizepremier Jan Hamáček (Sozialdemokraten) begründet diesen Schritt damit, dass es ihre Besucher sind, unter denen es derzeit am häufigsten zu Neuinfektionen kommt:
„Das sind die Leute, die in Bars gehen und aus einem Eimer trinken. Sie haben natürlich eine bessere Immunität. Sollte sich die Krankheit von da aus erneut massiv an Orten ausbreiten, an denen sich vermehrt Senioren aufhalten, würde alles wieder sehr kompliziert werden.“
Das soll erschrecken, ist aber wenig konkret. Entsprechend zeigen sich Oppositionspolitiker unzufrieden mit der Informationsweitergabe. Die Vorsitzende der Partei Top 09, Markéta Pekarová Adamová, etwa fühlt sich nicht ausreichend über die tatsächliche Lage und das Ausmaß der zweiten Corona-Welle informiert und wendet sich an die Regierung:
„Wir rufen zur Veröffentlichung aller Daten auf. Ich glaube, dass Sie diese haben. Es ist wichtig, dass Sie die Daten nicht nur für die eigenen Reihen gebrauchen, sondern allgemein zur Verfügung stellen.“
Zumindest die Zahlen, die allgemein bekannt sind, wachsen rasant an und erreichen ungekannte Werte. In der vergangenen Woche überschritten die täglichen Corona-Neuinfektionen erstmals die 1000-Marke, an diesem Freitag wurden schon 3130 neue Fälle vermeldet. Die Tendenz bleibt steigend. Pessimistische Schätzungen sprechen von bis zu 70.000 Neu-Infizierten im gesamten September. Ladislav Dušek kündigt entsprechend die Anpassung der vierfarbigen Corona-Karte für die Republik an:
„Denn die Pandemie schreitet in der Tschechischen Republik immer schneller fort. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden am Wochenende die meisten Regionen des Landes gelb eingefärbt.“